Missbrauch: Betroffene fordern Entschädigungsfonds

Missbrauch: Betroffene fordern Entschädigungsfonds

Berlin (epd). Die Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“ hat an die Abgeordneten des Bundestags appelliert, sich für eine angemessene Entschädigung von Opfern sexualisierter Gewalt durch katholische Kleriker einzusetzen. Die Initiative fordert die Politiker auf, sich bei den Entschädigungszahlungen für eine Verhandlungslösung zwischen Kirche und Betroffenen einzusetzen, wie aus einem Brief an die Bundestagsabgeordneten aus dem Dezember hervorgeht, der am Donnerstag öffentlich wurde. Der RBB hatte zuerst darüber berichtet.

Zudem fordern die Betroffenen eine gesetzliche Regelung für die Aussetzung der Verjährungsfrist in zivilrechtlichen Verfahren um Schmerzengelder in Missbrauchsfällen. Die Bistümer handhaben den Umgang mit der Verjährungsfrist in Fällen, in denen Missbrauchsbetroffene Schmerzensgeld vor Gericht erstreiten wollen, unterschiedlich. Das Erzbistum Köln verzichtete beispielsweise in der Vergangenheit darauf, sich auf die Verjährung zu berufen. Das Landgericht Köln sprach einem Betroffenen in der Folge ein Schmerzensgeld in Höhe von 300.000 Euro zu, das das Bistum zahlen musste.

Der „Eckige Tisch“ kritisiert das bislang geltende System für Anerkennungsleistungen für Opfer sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche und fordert stattdessen einen Entschädigungsfonds und eine Verhandlungslösung, bei der direkt mit Betroffenen verhandelt wird. Bislang entscheidet die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen über die Höhe der freiwilligen Zahlungen - je nach Fall und orientiert an den staatlichen Schmerzensgeldtabellen. Viele Betroffene empfinden das System als intransparent, die katholische Deutsche Bischofskonferenz hält jedoch daran fest.

Vor 15 Jahren hatte der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche in Deutschland seinen Anfang genommen: Am 19. Januar 2010 machte der damalige Direktor des Berliner Canisius-Kollegs, Pater Klaus Mertes, einen Brief öffentlich, in dem er ehemalige Schüler seiner Schule und mögliche Betroffene sexualisierter Gewalt aufforderte, sich zu melden. Zuvor hatten drei ehemalige Schüler des Kollegs ihn über Missbrauch in den 70er und 80er Jahren in der Schule informiert.

Seither ist die Kirche mit den Folgen des Missbrauchs und des damit einhergehenden Vertrauensverlusts konfrontiert. Eine übergreifende Studie kam 2018 zu dem Schluss, dass mindestens 3.677 Kinder und Jugendliche Opfer waren.