Berlin, Düsseldorf (epd). Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat am Wochenende vier Punkte genannt, mit denen über die Zukunft von geflüchteten Syrerinnen und Syrern in Deutschland entschieden werden soll. In bestimmten Fällen könnte der Schutzstatus aufgehoben werden, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag Online, Montag Print). Gut integrierte und arbeitende Personen sollen in Deutschland bleiben dürfen, freiwillige Rückkehrer unterstützt und Straftäter abgeschoben werden. Der CDU gehen die Pläne nicht weit genug, die SPD-Bundestagsfraktion stellt sich hinter ihre Ministerin.
Faeser sagte den Funke-Zeitungen mit Blick auf den Sturz des Assad-Regimes vor einem Monat, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge werde „Schutzgewährungen überprüfen und aufheben, wenn Menschen diesen Schutz in Deutschland nicht mehr brauchen, weil sich die Lage in Syrien stabilisiert hat“. Das werde für diejenigen gelten, „die kein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen wie Arbeit oder Ausbildung haben und nicht freiwillig nach Syrien zurückkehren.“
„Wer gut integriert ist, arbeitet, Deutsch gelernt hat und hier eine neue Heimat gefunden hat, der soll in Deutschland bleiben dürfen“, betonte die Innenministerin. Als dritte Gruppe nannte Faeser Menschen, die nach Syrien zurückkehren wollen. Für diese wolle sie das Programm des Bundes zur freiwilligen Rückkehr erweitern. Zudem sprach sie sich dafür aus, Straftäter und Islamisten schnellstmöglich abzuschieben. Die rechtlichen Möglichkeiten dafür würden genutzt, „sobald die Lage in Syrien dies zulässt“. Auswärtiges Amt und Bundesinnenministerium arbeiteten gemeinsam daran, ein klareres Lagebild von Syrien zu gewinnen. Dabei stünden vor allem die Sicherheitsfragen im Fokus.
Nach über 50 Jahren autoritärer Regierung durch die Assad-Familie hat mit der Machtübernahme durch die HTS-Miliz vor einem Monat eine neue Ära in Syrien begonnen. Doch viele Fragen zur politischen Zukunft und der Ausrichtung der neuen Machthaber sind noch ungeklärt.
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Alexander Throm, kritisierte Faesers Pläne als unzureichend. „Bei den meisten syrischen Flüchtlingen ist der ursprüngliche Fluchtgrund des schrecklichen Assad-Regimes jetzt weggefallen“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Montag). Alle Syrer, die in Deutschland „nicht ausreichend arbeiten“, sollten in das Land zurückkehren. Er forderte zudem, den Familiennachzug aus Syrien sofort auszusetzen und Straftäter abzuschieben.
Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, begrüßte die Pläne seiner Ministerin. „Wenn sich die Lage in Syrien stabilisiert, dann werden auch Menschen wieder zurückgehen. Für verurteilte Straftäter muss dies dann sowieso gelten“, sagte er der gleichen Zeitung. Viele Syrer würden aber auch bleiben, weil sie hier Arbeit gefunden, sich ein neues Leben aufgebaut hätten und sich klar zu Demokratie und Rechtsstaat bekennen würden. „Auf sie können wir nicht verzichten“, betonte Wiese.
Die Migrationsexpertin der Grünen-Bundestagsfraktion, Filiz Polat, betonte, die Situation in Syrien sei immer noch unklar. „Einen Anlass für Widerrufsprüfungen für syrische Schutzberechtigte gibt es im Hinblick auf die aktuelle Lageeinschätzung derzeit nicht“, sagte sie ebenfalls der „Rheinischen Post“. Mit der Prüfung der Fluchtgründe im Einzelfall gebe Faeser lediglich die Rechtslage wieder.
Der Sonderkoordinator für Syrien im Auswärtigen Amt, Tobias Lindner (Grüne), hatte sich zuvor unter bestimmten Bedingungen für eine Unterstützung der neuen Machthaber ausgesprochen. In den Prozess hin zu Wahlen und einer neuen Verfassung müssten alle Syrerinnen und Syrer unabhängig von ihrer Religion einbezogen werden, sagte er am Samstag im Deutschlandfunk. Menschenrechte müssten geachtet und Kriegsverbrechen verfolgt werden.
Rebellengruppen unter Führung der islamistischen Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatten Anfang Dezember das Regime von Machthaber Baschar al-Assad gestürzt und der Bevölkerung einen Neuanfang versprochen. Ob die Ankündigungen mit den Taten übereinstimmten, sei unter anderem am Lehrplan zu erkennen, beispielsweise, ob die Evolutionstheorie darin enthalten bleibe, sagte Lindner. Auch die Frage, welche Rolle Frauen sowie den verschiedenen Ethnien und Religionen wie Kurden, Drusen, Aleviten und Christen im Übergangsprozess zukomme, sei ein guter Messgrad.