Schauspielerin Hannelore Hoger ist tot

Hannelore Hoger
epd-bild / Andreas Schoelzel
Die Schauspielerin Hannelore Hoger wurde 2002 mit dem evangelischen Robert-Geisendörfer-Preis ausgezeichnet.
Adieu Kommissarin Bella Block
Schauspielerin Hannelore Hoger ist tot
Rauchen, trinken, fluchen: Als Kommissarin Bella Block hat Hannelore Hoger Fernsehgeschichte geschrieben. Sie selbst stapelte lieber tief. 2002 wurde sie für ihre Leistung "als große Menschendarstellerin" mit dem evangelischen Robert-Geisendörfer-Medienpreis ausgezeichnet.

Als Arte im Dezember 1993 einen Kriminalfilm mit einer neuartigen Polizistinnenfigur sendet, geht der Kulturkanal von einem einzigen Stück aus. Die Rolle ist für Hannelore Hoger geschrieben, auch wenn die Vorlage von einer Romanschriftstellerin stammt. "Bella Block - Die Kommissarin" ist eigensinnig bis exzentrisch, sarkastisch, auch ein wenig eitel, mit einem ganz undamenhaften Faible fürs Rauchen, Trinken und Fluchen. Mit unbestechlicher Urteilskraft und aufrechter Haltung zeigt die Einzelgängerin Block aber auch ein Gespür für Verbrechensopfer, das Fernsehzuschauer bis dahin nicht kannten.

Bereits im ersten Bella-Block-Film, der zu ihrem 25. Dienstjubiläum spielt, erschießt sie einen Menschen in Notwehr. Zerbricht nicht, macht weiter. 37 Folgen im ZDF und mehr als 25 Jahre später wird sie in der letzten Folge "Bella Block - Am Abgrund" wieder zur Waffe greifen. Dieses Mal zwangseingewiesen in die Psychiatrie, sind die Koordinaten ihres moralischen Kompasses trotzdem unverrückbar. Es kommt nicht nur zur Entlarvung der Täter, sondern zum Showdown der Werte, auf deren Basis unsere Gesellschaft als Gemeinschaft existieren kann.

Hannelore Hoger, die am 21. Dezember im Alter von 84 Jahren gestorben ist, hat mit Bella Block Fernsehgeschichte geschrieben. Sie selbst stapelte lieber tief. "Kein bisschen weise" sei die Kommissarin, was ihr die Figur sympathisch mache, sagte sie einmal. "Die hatte Möglichkeiten und war ein lebendiger Mensch, im Leben, die hatte eine Meinung und einen Beruf, der ihr gefiel."
Hoger wurde 1940 in Hamburg ins Theatermilieu hinein geboren. Ihr Vater war Schauspieler und Inspizient am Ohnsorg Theater. Schon das Mädchen Hannelore schnupperte Bühnenluft, absolvierte dann eine Schauspielausbildung und spielte zunächst am Theater, auch an großen Häusern. Ab den 60er Jahren sah man sie im Fernsehen, dann auch im Kino.

Von Peter Zadek bis Alexander Kluge - der für eine Weile auch ihr Lebensgefährte war -, von Volker Schlöndorff bis Rainer Kaufmann reicht die Liste großer Theater- und Filmleute, die ihre Arbeit beeinflussten. "Die Patriotin" (Kluge) und "Die Zweite Heimat" (Edgar Reitz), "Die Katze" mit Götz George oder "Rossini" von Helmut Dietl sind nur einige der Werke, die ihr erst bedeutende Preise und zuletzt auch viele Auszeichnungen für ihr Lebenswerk einbrachten, darunter die "Besondere Ehrung" des Grimme-Preises.

Mit evangelischem Medienpreis ausgezeichnet

Hoger inszenierte auch selbst am Theater, etwa in Bochum oder Darmstadt. Dem breiten Publikum bekannt geworden ist sie aber durchs Fernsehen - und durch ihre Hörspielinterpretationen. Ihre unverwechselbare Stimme prägte auch Kindermärchen, die in ihrer Einlesung eine besonders nachhallende Note haben. Die Schauspielerin Hannelore Hoger wurde 2002 mit dem Robert Geisendörfer Preis ausgezeichnet. Wie der Kasseler Altbischof Christian Zippert als Jury-Vorsitzender des evangelischen Medienpreises damals betonte, erhielt Hoger ("Bella Block") den Sonderpreis "als große Menschendarstellerin", die durch ihre intellektuelle Gestaltungskraft fessele. 

Dass auch ihr soziales Engagement außergewöhnlich war, ist weniger bekannt. Zu ihren herausragenden, nachhaltig wirkenden Fernsehfilmen zählen "Nichts für Feiglinge" aus dem Jahr 2014, in dem sie mit großer Würde und Sinn für das Absonderliche eine an Demenz erkrankte alte Frau spielt, oder "Frau Roggenschaubs Reise" (2015), in dem sie einmal mehr mit Zähigkeit ihr Gewissen entdeckt, ihren Horizont erweitert und verteidigt. 

Kaum eine Schauspielerin verstand es wie Hannelore Hoger, unter der spröden, grauen Schale der Erscheinung Mitmenschlichkeit leuchten zu lassen. Dass und wie eine Frau auch älter höchst attraktiv sein kann, ohne sich allzu geschmeidig machen zu müssen, zeigte Hoger immer wieder. Neugierig sein, mit frischem Blick schauen, durchlässig für neue Erfahrungen bleiben und Standpunkte der Humanität verteidigen, dafür stand Hannelore Hoger auch nach ihrem 80. Geburtstag. In neuen Fernsehproduktionen konnte das Publikum sie in den vergangenen Jahren aber leider nicht mehr oft bewundern.