In ihren Weihnachtsbotschaften erinnern die Leitenden Geistlichen der evangelischen Kirchen an die Friedensbotschaft, die mit der Geburt Jesu unter widrigen Umständen verbunden sei. Die Freundlichkeit und Liebe Gottes gelte allen Menschen, und sie gebe Hoffnung.
Der württembergische evangelische Bischof Ernst-Wilhelm Gohl betont zum in seiner Weihnachtsbotschaft die Macht der Worte. Sie hätten eine "ungeheure Macht". Gewalt beginne fast immer mit Worten, wenn sie an niedrige Instinkte appellierten oder Neid oder Angst verbreiten würden. "Aber Gottes Wort schürt keinen Neid und macht keine Angst", sagte Gohl, "es verändert alles zum Guten, es schafft Leben, es heilt und schenkt Gemeinschaft." Es halte an einem "letzten Sinn des Lebens in dieser Welt fest".
Die Weihnachtsgeschichte sei eine Geschichte darüber, wie Menschen Umstände ihrer Zeit seien und auch davon, "wie Gott mit ihnen Geschichte schreibt". Mit den Augen könne man das eigentliche Weihnachtswunder nicht sehen, sagte Gohl weiter, aber mit dem Kind in der Krippe sei das göttliche Wort zur Welt gekommen. Der Evangelischen Landeskirche in Württemberg gehören rund 1,8 Millionen evangelische Christinnen und Christen an.
"Gott nimmt Raum und schafft Platz für das Leben."
"Der Weg in diese Weihnachtstage ist alles andere als unbeschwert", erklärt Bischof Bischof Christian Stäblein von der Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz in seiner Weihnachtsbotschaft. "Wir spüren noch einmal mehr nach dem entsetzlichen Anschlag in Magdeburg, wie sehr wir einen Ort, einen Moment des Friedens in dieser Welt ersehnen. Die Geburt des Kindes im Stall lässt uns innehalten. Gott kommt im Schwächsten, im Verletzlichsten zur Welt.
Und das dort, wo eigentlich kein Ort ist, kein Raum, wie es die Weihnachtsgeschichte erzählt, da nimmt Gott in dieser Welt Raum und schafft Platz für das Leben. So liegen uns die Menschen in diesen Tagen besonders am Herzen, die ohne Ort sind. Menschen ohne Obdach. Menschen auf der Flucht. Menschen ortlos und verloren in Angst und Verletzung. Im Kind in der Krippe verheißt uns Gott, dass wir in seiner Liebe Raum für unsere Lebendigkeit haben. Und diese weitergeben können."
"Jesus ist da, er sieht dich. Du bist nicht allein."
Die Kraft der Worte hat an Weihnachten eine besondere Bedeutung für den bayerischen evangelischen Landesbischof Christian Kopp. Worte "können verletzen oder heilen. Sie können Mut machen oder runterziehen", sagte er an Heiligabend in seiner Predigt beim Weihnachtsgottesdienst für rund 30 Strafgefangene in der Justizvollzugsanstalt Neuburg-Herrenwörth in Neuburg an der Donau.
Weihnachten sei das Fest der Worte und das Fest des Lichts. "In der Dunkelheit sagt Jesus: 'Ich bin das Licht der Welt.' Das heißt: Ich bin da. Ich sehe dich. Du bist nicht allein." Auch am Anfang der Bibel stehe das Wort, mit dem Gott alles erschaffe. Kopp ermutigte die Menschen, sich gegenseitig Worte zuzusprechen, die Mut machen. "Worte können uns helfen, einen neuen Anfang zu machen." In schwierigen Momenten helfe es manchmal, an bestimmte Sätze zu denken, wie: "Gott ist bei mir. Es kann neu werden. Ich bin nicht allein." Zur Erinnerung an diese Worte schenkte der Landesbischof den Strafgefangenen Kreuze aus Holz.
"Das Finstere hat keinen Bestand."
Weihnachten ist für Präses Dr. Thorsten Latzel angesichts der düsteren Nachrichten aus aller Welt Ausdruck der Hoffnung auf Licht. "Das Finstere, Dunkle wird nicht bleiben. So bedrückend, undurchdringbar es auch erscheinen mag: Es hat keinen Bestand", sagte der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland in seiner Heiligabendpredigt.
"Gott lässt uns nicht mit uns selbst allein. Gott kommt in unsere Nacht und macht sie hell." Gewalttaten wie der schreckliche Anschlag von Magdeburg ließen einen fassungslos zurück. Umso wichtiger sei es, Terror und Gewalt nicht siegen zu lassen. Damit verbunden sei auch die zweite Hoffnung: "Gott macht der Gewalt ein Ende."
"Die Geburt Christi verändert alles."
In den Augen des göttlichen Kindes in der Krippe spiegle sich die ganze Hoffnung der Welt, schreibt Heike Springhart, Bischöfin der Evangelischen Landeskirche in Baden, in ihrer diesjährigen Weihnachtsbotschaft. Die Geburt Christi verändere alles, sagt sie laut Mitteilung der Landeskirche. Jesus Christus, der Heiland der Welt, setzte allen menschlichen Heilsversprechen eine Grenze. "Dass Gott Mensch geworden ist, bedeutet für uns vor allem, dass wir endliche Menschen sein können und dass endlich Menschlichkeit möglich wird."
Auch in diesem Jahr werde Weihnachten an vielen Orten im Unfrieden gefeiert, so Springhart. "Die Welt ächzt und sehnt sich nach Frieden. Die Kinder in Bethlehem und Jerusalem, in Beirut und im Gaza-Streifen, in Syrien, in der Ukraine und im Sudan sind die Leidtragenden in den gewalttätigen Auseinandersetzungen. Und manche Kinder in den Wohnungen in unserem Land, wo sie hinter verschlossenen Türen Gewalt erleben anstatt Geborgenheit, Verzweiflung anstatt Zuversicht." Die Menschlichkeit habe, so Springhart, dort eine Chance, wo die Grenzen der menschlichen Möglichkeiten ernst genommen würden. "Wir sind nicht Gott, und das ist gut so."
"Gott kommt in die Sorgen, Ängste und Konflikte unserer Welt"
In ihrer Weihnachtsbotschaft lenkt die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Beate Hofmann, den Blick auf den Schmerz jener, die nahestehende Menschen vermissen. Ihre Gedanken seien in diesen Tagen besonders bei den Familien der Geiseln in Israel, die verzweifelt seit über einem Jahr auf die Rückkehr ihrer Angehörigen warteten und auch bei denen, "denen der Krieg Menschen genommen hat: im Nahen Osten, in der Ukraine", so die Bischöfin. Zugleich freue sie sich mit den Menschen in Syrien, die nach dem Sturz des Assad-Regimes eingesperrte Verwandte wiedersehen oder Besuch von geflüchteten Familienmitgliedern bekommen können.
Bischöfin Hofmann erinnert an die widrigen Umstände, unter denen Jesus geboren wurde. So komme er auch zu uns: "hinein in die Sorgen und Ängste, in die Unsicherheiten und Konflikte unserer Welt". Sie ergänzt: "Gott ist mitten unter uns, das ist die umstürzende Botschaft von Weihnachten." Die Zusage, dass Frieden werde, bräuchten wir dringend, "alle Jahre wieder, zuhause wie in der Welt".
"Bei konträren Ansichten Meinung anderer respektieren."
Die evangelische Regionalbischöfin Petra Bahr aus Hannover hat an Weihnachten die Menschen dazu aufgerufen, trotz konträrer Ansichten die Meinung des jeweils anderen zu respektieren. Die Bereitschaft zu erwägen, dass auch andere recht haben könnten, gehe zurück. Das könne an vielen Orten den familiären Frieden in Streit kippen lassen - gerade am heimischen Weihnachtstisch.
"Alle tun gut daran, sich zurückzunehmen, sich nicht nur als Teil einer bestimmten Gruppe zu sehen, die ihre Anliegen verteidigt, sondern Gemeinsamkeiten zu suchen", mahnte die Theologin. So könne etwa eine Teenagerin an Weihnachten ein veganes Essen für die ganze Familie kochen: "Es muss nicht immer das geben, was es immer schon gegeben hat - und gemeinsames Gemüseschnippeln verbindet ungemein." Es sei falsch, jene nur als Störenfriede zu sehen, die Veränderungen wollten. Das sei auch eine Pointe der christlichen Weihnachtsgeschichte.
"Friedensstifter, die uns in beängstigenden Zeiten Grund zur Hoffnung geben"
Seine Weihnachtsbotschaft sendet der Leitende Bischof der Vereinigte Evangelische Lutherische Kirche Deutschlands, Ralf Meister, dieses Jahr aus der Region des Originalschauplatzes, dem Westjordanland. Dort besuchte er mit Vertretern der "Rabbis for Human Rights" (RHR) und ihrer Partnerorganisationen im Westjordanland die Gegenden, in denen die Gewalt radikaler jüdisch-orthodoxer Siedler gegen palästinensische Hirten und Farmer besonders häufig ausbricht.
Die israelischen Aktivistengruppen versuchen, die vielerorts seit Jahren hier lebenden Familien, ihre Herden und Pflanzen sowie die Wasserversorgung vor Übergriffen zu schützen. Sie reparieren Schäden, informieren und sensibilisieren die Bevölkerung. "Seit zwei Jahren", so Rabbi Anton Goodman von RHR, "ist die Gewalt der Siedler dramatisch eskaliert". Fast jeden Tag komme es zu Drohungen, Beschädigungen und Übergriffen. Nur ein Prozent der Vorfälle werde verfolgt; oft stelle die Polizei nicht einmal eine arabisch verstehende Ansprechperson zur Verfügung.
"Gott geht mit den Menschen durch finstere Täler."
Die Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche der Pfalz, Dorothee Wüst, erklärt laut Presseerklärung, dass Kriege in der Welt sowie schlechte wirtschaftliche Aussichten, soziale Kälte und schwindendes Vertrauen in die Demokratie bedrückend seien. An Weihnachten allerdings werde Gott "einer von uns".
Er gehe mit den Menschen durch "finstere Täler" und habe Hoffnung, Mut und Kraft im Gepäck. Mit der Geburt Jesu als verletzlichem und gefährdetem Kind obdachloser Eltern am Rand der Gesellschaft zeige Gott, dass seine Kraft gerade in den Schwachen mächtig sei. Mit dieser Kraft interessierten sich die Glaubenden für andere, suchten den Frieden, wehrten der Einsamkeit und bauten an einer Gemeinschaft der Verschiedenen.
"Gott wird Mensch, Gott ist menschenfreundlich. Alle Menschen sollen gut leben können."
Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, zeigt sich angesichts des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg erschüttert und fassungslos und spiegelt dies in seiner neu aufgesetzen Weihnachtsbotschaft. "Warum können Menschen so grausam sein?" Weiter heißt es: " Es gibt so viel Unmenschlichkeit. Hass, Gewalt und Ungerechtigkeit zerstören Leben."
Gerade in dieser Zeit sei es wichtig, sich an der Botschaft von Weihnachten zu orientieren und Zeichen der Mitmenschlichkeit und des Friedens zu setzen, so Jung: "Gott wird Mensch, Gott ist menschenfreundlich. Alle Menschen sollen gut leben können – in Gerechtigkeit, in Frieden und in Freiheit. Die Welt braucht menschliche Menschen, damit Gottes Frieden Raum gewinnt in dieser Welt."
"Fürchtet euch nicht – das ist für mich in diesem Jahr der wichtigste Satz der Weihnachtsbotschaft."
Kirchenpräsidentin Susanne bei der Wieden, leitende Theologin der Evangelisch-reformierten Kirche und zugleich Leiterin des Landeskirchenamtes, schreibt nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt von Magdeburg: "Fürchtet euch nicht – das ist für mich in diesem Jahr der wichtigste Satz der Weihnachtsbotschaft. In diesen Tagen, in denen mich die Furcht überkommen will, ebenso, wie viele andere Menschen auch. Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten und der Regierungswechsel in den USA treiben mich um, und nun, ganz nah bei uns, die furchtbare Amokfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt.
Tote und viele Verletzte, zerstörtes Leben mitten in der vorweihnachtlichen Freude und einmal mehr die Erkenntnis, wie gefährdet, wie zerbrechlich unser alltägliches Leben ist. Durch Menschen, die Böses ersinnen – und auch durch die Stimmungen, die daraus erwachsen." Sie sei in ihren Gedanken und Gebeten bei all den Menschen, die trauern, heißt es weiter. "Solche Taten sind irgendwie ja auch Angriffe auf unser aller Leben hier. Dieses Wissen ruft uns aber auch zur Verantwortung: Dass wir alles dafür tun, die Spaltungen in unserer Gesellschaft nicht weiter zu vertiefen. In unserem Denken, in unserem Reden und Handeln."
"Gott ermutigt uns an diesem Weihnachtsfest, selbst als Mensch zum Vorschein zu kommen."
In ihrer Weihnachtsbotschaft verweist Nora Steen, Bischöfin im Sprengel Schleswig und Holstein der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), darauf, dass Gott auch heute in unser Leben kommt. Er zeige uns damit, dass wir alle geliebte Gotteskinder sind, unabhängig von Leistung oder Taten. "Gott ermutigt uns an diesem Weihnachtsfest, selbst als Mensch zum Vorschein zu kommen." Für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft sei es gerade jetzt wichtig, einander nicht allein zu lassen.
Auch die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, sagt, dass sie die Sehnsucht nach den tröstlichen Worten der Weihnachtsbotschaft teile: "inmitten einer Welt, in der vieles sorgen und ängstigen kann. In dieser Welt setzt Gott an Weihnachten seine einzigartige, tief gründende Trostbotschaft. Denn in alle Finsternis banger Herzen und aufgewühlter Gedanken hinein scheint hell das tröstliche Licht des Lebens. Es scheint auf dem Antlitz des neugeborenen Christuskindes, es scheint aus der Krippe in unsere Welt, flackernd vielleicht und klein, aber es scheint. Es scheint beharrlich in unsere Welt, in unsere von Hass und Gewalt und Tod so gezeichnete Welt".
"Es ist gut und wichtig, dass wir die Möglichkeiten zum Tun des Guten und damit zur Hoffnung nicht vergessen".
Gerade in diesen Tagen stehe unmittelbar und schmerzhaft vor Augen, dass es in dieser Welt vieles gibt, das schwer und belastend ist. "Aber", so Kühnbaum-Schmidt, "das ist nicht die ganze Wirklichkeit. Ja, Menschen können einander das Leben zur Hölle machen, und viel zu oft sehen wir ohnmächtig und hilflos auf das, was geschieht. Und dennoch: Wir alle, jede und jeder von uns tragen viele Möglichkeiten in uns. Und es ist gut und wichtig, dass wir die Möglichkeiten zum Tun des Guten und damit zur Hoffnung nicht vergessen". Die Landesbischöfin lädt dazu ein, sich vom Licht der Weihnacht berühren zu lassen und dann mitzuwirken, die Welt durch Liebe, Barmherzigkeit und Frieden heller zu machen.
Anlässlich des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg äußert sich auch Bischof Thomas Adomeit, Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg: "Weihnachten ist ein Fest des Trotzes. Inmitten von Sorgen und Ängsten leuchtet es als Zeichen der Hoffnung und Freude. Es verweigert sich den Dunkelheiten in der Welt. Dies gilt auch angesichts so entsetzlicher Gewalttaten wie der des Anschlags auf die Menschen, die sich auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg auf das bevorstehende Fest einstimmen wollen." Für ihn sei Weihnachten das Fest der brennenden Kerzen, Tannenduft, der den Raum erfüllt, und die Töne der Lieder von Frieden und Zuversicht, darum halte er weiter an der Hoffnung fest.
"Die dunklen Zeiten werden erhellt durch das Licht von Weihnachten."
Landesbischof Dr. Christoph Meyns hat die weltverändernde Kraft von Weihnachten unterstrichen. In seiner Predigt am Heiligen Abend im Braunschweiger Dom sagte er, die dunklen Zeiten würden erhellt durch das Licht von Weihnachten. Betroffen äußerte er sich zum Anschlag von Magdeburg: "Fassungslos und ohnmächtig stehen wir vor einer Tat, die unschuldige Menschen verletzt und in den Tod gerissen hat." Der Anschlag gehe auch den Menschen im Braunschweiger Land besonders nahe, weil Personen von hier direkt an Leib und Leben betroffen seien.
Mitten in die Geschichte der Menschen ist der Gottessohn Jesus Christus hineingeboren, daran hat an Heiligabend die evangelische Nürnberger Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern erinnert. Im Gottesdienst auf der Freiung der Nürnberger Burg sagte die Theologin, das Neugeborene habe damals nicht darauf gewartet bis alles gut geworden wäre. "Jesus wird mitten hinein in die Realität unserer Welt geboren. Und das ist kein göttlicher Planungsfehler, sondern Programm". Jesus wolle "am eigenen Leib erfahren, was es heißt, ein Mensch zu sein unter Menschen.
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx ruft dazu auf, Dinge nicht einfach hinzunehmen, wie sie sind, sondern an Veränderung, Verbesserung und Zukunft zu glauben. In seiner Weihnachtspredigt am Heiligabend im Liebfrauendom in München sagt er laut Manuskript, es gelte, Möglichkeiten zu erkunden, angesichts des Krieges den Frieden zu suchen und mitten von Gewalt den Weg der Gewaltlosigkeit zu erkennen. Die Menschen sollten im "Dickicht von Hass und Polarisierung" die Augen aufmachen und Brücken der Versöhnung bauen, heißt es in einer Mitteilung des Erzbistums.