Seenotrettungs-Prozess: Freispruch für Italiens Vize-Premier Salvini

Seenotrettungs-Prozess: Freispruch für Italiens Vize-Premier Salvini
Im Sommer 2019 gab Italiens Innenminister den Hardliner: 19 Tage mussten die rund 150 Migranten auf dem Schiff "Open Arms" ausharren. Salvini wurde wegen Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch angeklagt - und nun von den Vorwürfen freigesprochen.

Rom, Palermo (epd). Nach drei Jahren ist der Prozess um die Festsetzung des NGO-Schiffes „Open Arms“ zu Ende gegangen. Italiens Vize-Premier Matteo Salvini wurde am Freitagabend von den Richtern eines Gerichts in Palermo von dem Vorwurf der Freiheitsberaubung und des Amtsmissbrauchs freigesprochen. Der Vorsitzende der rechtspopulistischen Lega hatte im August 2019 als Innenminister dem NGO-Schiff mit rund 150 Migranten an Bord die Einfahrt in den Hafen von Lampedusa untersagt. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre Haft gefordert.

19 Tage vergingen damals zwischen den Rettungsaktionen und der Anlandung der „Open Arms“ in Lampedusa. Die Crew des NGO-Schiffes berichtete in dieser Zeit über die sozialen Netzwerke von unhaltbaren Zuständen an Bord des komplett überfüllten Schiffes. Manche der Migranten sprangen verzweifelt ins Wasser und versuchten nach Lampedusa zu schwimmen. Immer wieder wurden einzelne medizinische Notfälle und Minderjährige an Land gebracht.

Letztendlich hob die Staatsanwaltschaft von Agrigent das strikte Anlegeverbot Salvinis aus humanitären Gründen auf und ordnete an, alle Migranten von der „Open Arms“ an Land zu bringen.

Salvini hatte sich seit Wochen in den sozialen Netzwerken als Opfer einer angeblich politisierten Justiz dargestellt. In den Tagen vor dem Urteil zählte er einen Countdown runter, der mit Kurzvideos gespickt war. „Ich bin absolut stolz auf das, was ich getan habe, ich habe meine Versprechen gehalten, ich habe die Massenmigration bekämpft“, wiederholte Salvini seine Slogans auch bei seiner Ankunft vor Gericht am Freitagmorgen. „Ich werde alles, was ich getan habe, immer wieder tun. Ich werde auf keinen Fall aufgeben.“

Nach der Urteilsverkündung gab sich Salvini kämpferisch. „Nach drei Jahren hat die Lega gewonnen, Italien hat gewonnen, die Verteidigung des Vaterlandes ist kein Verbrechen, sondern ein Recht. Ich werde noch entschlossener vorgehen als zuvor“, sagte er. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni schrieb auf dem Kurznachrichtendienst „X“, man werde weiter zusammen daran arbeiten, „entschlossen und zielstrebig die illegale Einwanderung und den Menschenhandel zu bekämpfen.“

Enttäuschung herrschte dagegen auf Seiten der Seenotretter. Oscar Camps, der Direktor der spanischen NGO „Open Arms“, sagte, er hoffe, dass die Staatsanwaltschaft Berufung gegen den Freispruch einlegen werde. Man warte noch auf die Urteilserläuterung der Richter. „Die Trauer gilt vor allem den Menschen, die - wie wir von Anfang an gesagt haben - ihrer Freiheit beraubt wurden“, sagte Camps. Mit diesem in der italienischen Geschichte einmaligen Prozess hätten die Aktivisten den Migranten von damals ihre Würde zurückgeben wollen.

Seit zwei Jahren regieren in Italien die Parteien Fratelli d’Italia von Meloni, die Lega von Salvini und die Forza Italia in einer rechten Dreier-Koalition. Salvini ist darin Verkehrsminister und Vize-Premier. 2019 war die Lega zusammen mit der Fünf-Sterne-Bewegung an der Regierung. In der Zeit der Festsetzung der „Open Arms“ brach die Koalition aber auseinander - Salvini und der damalige Ministerpräsident Giuseppe Conte hatten sich überworfen.

Glückwünsche für den Freispruch erreichten Salvini auch aus dem Ausland. „Gerechtigkeit hat gesiegt“, schrieb Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban auf X. Mit dessen Partei sitzt die Lega im Europaparlament zusammen in der Fraktion der „Patrioten“. X-Eigentümer Elon Musk schrieb auf seinem Dienst: „Bravo“.