Die Church of England kommt nicht zur Ruhe

Justin Welby
Andrew Milligan/PA Wire/dpa
Justin Welby, Erzbischof von Canterbury.
Sexueller Missbrauch
Die Church of England kommt nicht zur Ruhe
Erst am 12. November dieses Jahres gab Justin Welby seinen Rücktritt vom Amt des Erzbischofs von Canterbury bekannt. Grund dafür waren Vorwürfe, er habe Missbrauchsfälle nicht entschieden genug verfolgt. Nun wirft man seinem Stellvertreter und aussichtsreichen Kandidaten auf seine Nachfolge ähnliches vor.

Eigentlich sollte Stephen Cottrell, Erzbischof von York und Primas von England, am 6. Januar 2025 übergangsweise die Amtsgeschäfte von Justin Welby übernehmen, wenn dessen Rücktritt wirksam wird. Außerdem gilt Cottrell als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge des Erzbischofs von Canterbury.

Nach Recherchen der BBC zu seinem Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs sieht er sich nun allerdings selbst mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. Konkret wirft man ihm vor, er habe in seiner Zeit als Bischof von Chelmsford einen Priester, der mittlerweile zugegeben hat, dass er zwei Mädchen sexuell missbraucht hat, im Amt belassen zu haben. 

Insbesondere die Bischöfin von Newcastle, Helen-Ann Hartley, die bereits Wortführerin bei den Rücktrittsforderungen gegenüber Justin Welby war, forderte Stephen Cottrell auf, von seinem Amt zurückzutreten. Gegenüber der BBC sagte sie: "Wie kann man die moralische und ethische Autorität haben, mit so etwas (im Hintergrund, Anm. d. Red.) eine Institution zu leiten?" Ähnliche Forderungen kamen von einem der Opfer: "Ich fühle mich, als hätte er (Stephen Cottrell, Anm. d. Red.) mir ins Gesicht gespuckt."

Am gestrigen Dienstagabend (17. Dezember) gab nun auch der ehemalige Erzbischof von Canterbury George Carey, der 2002 schon wegen der Vertuschung von Fällen sexuellen Missbrauchs zurückgetreten ist, bekannt, dass er sich nach den Recherchen der BBC aus dem priesterlichen Dienst zurückzieht.

Wer auch immer die Nachfolge von Justin Welby antreten wird, wird es schwer haben, das Vertrauen der Gläubigen und der Gesellschaft zurückzugewinnen. Als besonders aussichtsreiche Kandidaten gelten Guli Francis-Dehqani, Bischöfin von Chelmsford, die sich insbesondere für den Dienst am Nächsten und für die Inklusion sexueller Minderheiten einsetzt und Martyn Snow, der Bischof von Leicester. Snow legt insbesondere Wert auf Gleichberechtigung der verschiedenen ethnischen Gruppen. Der gleichgeschlechtlichen Ehe steht er kritisch gegenüber.

Auch Rachel Treweek, Bischöfin von Gloucester, könnte gute Chancen als Nachfolgerin Welbys sein. Sie ist die erste Diözesanbischöfin der Church of England und die erste Bischöfin mit einem Sitz im House of Lords. Sie setzt sich insbesondere für die Gleichberechtigung von Frauen ein. Paul Williams, Bischof von Southwell und Nottingham, gilt als Hoffnungsträger des konservativen Flügels innerhalb der Church of England.

Im nächsten Jahr wird das "Crown Nomination Committee" einen Vorschlag erarbeiten, der dann König Charles III. vorlegt wird, der schließlich den neuen Erzbischof von Canterbury ernennt.

Dieser Text wurde am 18. Dezember noch einmal aktualisiert.