Heiligabend ist vorbei und somit die etwas kargere Mahlzeit. In Deutschland kamen in vielen Familien die Bockwurst und der Kartoffelsalat auf den frühen Abendtisch an Heiligabend. Ziel ist es, dass man nicht mit vollem Bauch beim Gottesdienst in der Kirche sitzt und sich anschließend auf die Geschenke konzentrieren kann.
In Italien wird das Adjektiv "karg" auf eine ganz südländische Art interpretiert, denn ein Menu muss auf jeden Fall sein. Allerdings kommt an Heiligabend nur Fisch auf den Tisch – von den Antipasti über den "primo piatto" bis hin zum Hauptgang – auch frittiertes Gemüse darf nicht fehlen. Wohlig gesättigt geht es auch hier danach in die Christmette. Sobald man wieder zu Hause ist, werden die Geschenke ausgepackt. Danach lässt man bei Nüssen und Panettone gemeinsam den wichtigen Abend Revue passieren und stellt sich psychisch wie physisch auf den ersten Weihnachtsfeiertag ein.
Nach ihrem Volontariat in der Pressestelle der Aktion Mensch arbeitete Alexandra Barone als freie Redakteurin für Radio- und Print-Medien und als Kreativautorin für die Unternehmensberatung Deloitte. Aus Rom berichtete sie als Auslandskorrespondentin für Associated Press und für verschiedene deutsche Radiosender. Seit Januar 2024 ist sie als Redakteurin vom Dienst für evangelisch.de tätig.
Bereits in den frühen Morgenstunden des 25. Dezembers wird sowohl in Deutschland als auch in Italien das Festtagsessen vorbereitet. Die Weihnachtsgans wurde bereits Wochen vorher beim Metzger, nun geht’s an die korrekte Zubereitung im Ofen – bereits im November hat der Norddeutsche Rundfunk der Zubereitung ein fast 45-minütiges Video gewidmet. In Italien haben die Vorbereitungen auch Wochen vorher bereits begonnen, denn hier gilt: Weihnachten ohne Pasta ist wie Winter ohne Schnee, Erdbeerkuchen ohne Schlagsahne, Weihnachtsmarkt ohne Glühwein - es ist ok, aber irgendwie fehlt etwas.
Zum perfekten Menu gehört in Italien nun mal die Pasta, selbstgemachte Pasta versteht sich. Das können Lasagne sein, aber auch Cappelletti. Die Beantwortung der Frage, wer diese Teigware erfunden hat, ist natürlich schwierig. Die erste schriftliche Erwähnung aus dem Jahre 1811 belegt, dass das Rezept aus der Provinz Reggio Emilia stammt. Danach verbreitete sich die Tradition über die Marken über Umbrien in den Rest Italiens. Laura hat das Rezept von ihrer Schwiegermutter Wanda erlernt, die aus den Marken kam. "Die richtige Zubereitung der Füllung und des Pastateigs ist sehr wichtig, alles muss exakt in der richtigen Reihenfolge zubereitet werden", verrät die 80-Jährige, die aus der Region Abruzzen kommt.
Cappelletti gehören zum Weihnachtsessen
Früher war es gang und gäbe, dass die Frauen an den Abenden vor Weihnachten sich zusammensetzen und beim Austausch von Tratsch und Neuigkeiten die Cappelletti herstellen. Dabei ist es gar nicht so einfach, die Teigtaschen korrekt zu formen. "In die kleinen Quadrate des Pastateigs kommt die Fleischfüllung, danach werden die Cappelletti geformt", erklärt Laura. Der Name Cappelletti ist angeblich auf das emilianisch-italienische Wort "caplet" zurückzuführen, was so viel wie "Hut" bedeutet. Wie kleine "Hütchen" sehen die kleinen gefüllten Nudeln, die meist deutlich kleiner sind als Tortellini, auch aus.
Jede Familie in den Marken hat ihre eigene Version des Rezepts, die von Generation zu Generation weitergegeben wird, oft mit kleinen Geheimnissen, die eifersüchtig gehütet werden. "Die Zubereitung der Pasta und der Füllung teilen wir Großeltern mit unseren Enkeln, wodurch eine unauflösliche Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart entsteht", erklärt Laura, die ihr Wissen an ihre Enkelin Valeria weitergibt. "Schon als kleines Mädchen hat mich das fasziniert und ich wollte alles über Cappelletti erfahren", erklärt die 28-Jährige, die in Sachen Geschwindigkeit mittlerweile mit ihrer Oma mithalten kann.
Serviert werden die leckeren Nudeln in einer Hühnerbrühe - alles selbstgemacht natürlich. Der zweite Gang besteht auch aus Fleisch, das kann ein Rinder- oder Kalbsschmorbraten sein, "Pollo alla cacciatora", Lamm oder aber auch Gans und Kapaun – der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Auch bei der Nachspeise können sich die Köchinnen und Köche austoben: Vom Tiramisu über Panna Cotta bis hin zum Torrone ist alles erlaubt. Nach dem opulenten Mittagessen bietet sich ein kleiner Spaziergang an, entweder in die Natur, zum Petersdom oder aber auch durch die weihnachtlichen Straßen der Innenstadt, die traditionell bis zum Epiphaniefest am 6. Januar erleuchtet bleiben. Jetzt bleibt nur noch zu sagen: Frohe Weihnachten und einen guten Appetit allerseits!