Die Handlung beginnt am 22. Dezember, doch die Vorzeichen für die Festtage der Erfurter Familie Rigi sind alles andere als besinnlich oder gar frohgemut: Die beiden Kinder wissen, dass Vater Kian (Reza Brojerdi) nach Weihnachten ausziehen wird. Mutter Leonie (Anna Unterberger) hat bereits einen neuen Freund.
Jesper (Joshua Hupfauer) ist jedoch nicht der Grund für die unausweichliche Scheidung, das Paar hat sich auch nicht schleichend auseinander gelebt. Es hat vielmehr einen konkreten Vorfall gegeben, den die Autorin jedoch erst später nachreicht, als Kian und Leonie wider Erwarten Zeit finden, endlich miteinander zu reden, ohne dass ihr Gespräch gleich wieder in einen Streit ausartet.
Für heitere Elemente könnte ein Überraschungsbesuch sorgen, doch selbst diese Ebene ist nicht lustig: Plötzlich stehen unangekündigt Kians Eltern vor der Tür. Der kleine Sohn hat sie angerufen und von Problemen berichtet; nun wollen sie retten, was offenkundig längst nicht mehr zu retten ist. Opa Navid (Ramin Yazdani) ist ein freundlicher älterer Herr, der sich in erster Linie ums leibliche Wohl der Familie kümmert, aber Oma Britta (Jutta Speidel) gehört zu jenen Menschen, die anderen ungefragt ihre Ratschläge aufdrängen. Angesichts ihrer Übergriffigkeit ("Ich will mich ja nicht einmischen, aber…") muss sich Leonie schwer zusammenreißen, um nicht dauernd aus der Haut zu fahren.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Eine weitere Handlungswendung ist ebenfalls nicht lustig, aber immerhin kann Krapoth, die unter anderem die Vorlagen für die 2017 gestartete dreiteilige MDR/ORF-Reihe "… mit Hindernissen" geschrieben hat, nun zeigen, dass das Ex-Paar als Team immer noch gut funktioniert: Als die beiden nach einer unfreiwillig auswärts verbrachten Nacht heimkommen, finden sie ein Baby vor der Wohnungstür. Prompt kriegt Kian ein schlechtes Gewissen und beichtet einen Seitensprung an seinem Geburtstag, als die Ehe schon am Ende war; das Kind kann jedoch rein rechnerisch gar nicht von ihm sein. Er betreut als Sozialarbeiter eine Wohngemeinschaft mit Teenagern aus schwierigen Verhältnissen und hat auch schon eine Ahnung, wer die Mutter sein könnte, aber die ignoriert seine Anrufe; und nun kommt Leonies Verhandlungsgeschick ins Spiel.
Regisseurin Karin Heberlein hat zuletzt den Freitagsfilm "Einfach Nina" (2023) gedreht. Darin sorgt ein Achtjähriger für allerlei Wirbel, als er verkündet, dass er eigentlich ein Mädchen sei. Das Familiendrama war zwar sehr wirklichkeitsnah umgesetzt, hatte aber immerhin seine komischen Momente und war zudem ausgezeichnet gespielt. Das gilt für "Die schönste Bescherung" nur mit Abstrichen, nicht alle jungen Mitwirkenden sind rundum überzeugend. Lustig ist die Geschichte ohnehin nicht; vor allem die Auseinandersetzungen zwischen Kian und Leonie sowie mit der Schwiegermutter sind unangenehm realistisch.
Mitglieder des Freitagsfilmpublikums, die der Meinung ist, das Leben sei schon hart genug, wie es einst in der Werbung für die Zigarettenmarke "Milde Sorte" hieß, seien daher gewarnt, zumal Heberleins Inszenierung schlicht nicht fesselnd genug ist. Und selbst wenn der Film keine Komödie ist: Ein bisschen mehr Tempo hätte nicht geschadet. Die Musik wiederum ist stellenweise entschieden zu fröhlich.
Die erwachsenen Mitglieder des Ensembles sind allerdings ausnahmslos sehenswert. Gerade Jutta Speidel verkörpert ihre Rolle sehr glaubwürdig. Angenehm authentisch wirken zudem die innigen Szenen der Großeltern mit ihren Enkelkindern. Für Vorfreude aufs Fest sorgen die Aufnahmen vom Erfurter Weihnachtsmarkt, zumal sie während des laufenden Betriebs entstanden sind. Interessant ist auch, was Leonie und Jesper an ihrem gemeinsamen Stand verkaufen: Sie kreiert Kunstwerke und Gebrauchsgegenstände aus Papier, er aus Beton.