Baku (epd). Nach zähen und teils chaotischen Verhandlungen haben sich die Staaten beim Weltklimagipfel in Baku auf eine Aufstockung der Klimahilfen geeinigt. Bei einigen Entwicklungsländern sorgte der in der Nacht auf Sonntag zum Abschluss des Gipfels gefällte Beschluss für scharfe Kritik. Auch Hilfsorganisationen zogen eine ernüchternde Bilanz. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kritisierte, dass bei den nächsten Schritten zur Minderung von Kohlendioxid nicht viel erreicht worden sei.
Im Kern sieht der bis zuletzt heftig umstrittene Kompromiss zur Finanzierung vor, die für arme Länder vorgesehene Summe für Klimaschutz und Anpassung von derzeit 100 Milliarden US-Dollar bis 2035 auf jährlich mindestens 300 Milliarden Dollar anzuheben. Maßgeblich dafür verantwortlich sollen die Industrieländer sein.
Bereits kurz nachdem der aserbaidschanische Konferenzpräsident Mukhtar Babayev den Beschluss mit dem Hammer besiegelt hatte, äußerten Vertreter von Entwicklungs- und Schwellenländern scharfe Kritik. Das Ziel sei zu klein und der für die Erreichung vorgesehene Zeitrahmen zu groß, sagte eine Vertreterin der indischen Delegation im Abschlussplenum - und es berücksichtige nicht die Bedürfnisse und Prioritäten von Entwicklungsländern.
Eine nigerianische Delegierte sprach von einer „Beleidigung“ und einem „Witz“. Vertreter aus Kuba und Bolivien stellten den Beschluss ebenfalls in Frage.
Viele Entwicklungsländer hatten im Verlauf der zweiwöchigen Verhandlungen deutlich mehr Geld gefordert. Tatsächlich sind die 300 Milliarden Dollar an Klimahilfen nun in ein umfassenderes Finanzziel eingebettet: Ebenfalls bis 2035 sollen die Finanzflüsse für Klimavorhaben in Entwicklungsländern insgesamt auf jährlich mindestens 1,3 Billionen Dollar steigen. Darunter fallen jedoch alle getätigten Investitionen. Die Industrieländer werden nicht gesondert in die Pflicht genommen.
Bis der Beschluss mit dem Hammerschlag kurz nach 2.30 Uhr besiegelt wurde, stand auch ein Scheitern des Gipfels im Raum. Vor allem der Endspurt der um mehr als 30 Stunden verlängerten Konferenz war von chaotischen Verhandlungen geprägt. Mehrere Länder, darunter die besonders vom Klimawandel gefährdeten kleinen Inselstaaten, verließen aus Unzufriedenheit vorübergehend die Gespräche.
Bundesaußenministerin Baerbock lobte nach Abschluss der Konferenz zwar, dass bei der Frage der Klimagerechtigkeit „ein neues Kapitel“ aufgeschlagen worden sei. Jedoch sei man bei der Minderung von CO2 nicht wirklich vorangekommen, kritisierte die Grünen-Politikerin. „Diese nicht einfache Klimakonferenz endet mit einem lachenden und mit einem weinenden Auge.“
Schon vor der Konferenz war absehbar, dass es in Baku beim Klimaschutz keine großen Durchbrüche geben wird, weil sich viel ums Geld drehen wird. Am Ende konnten sich die Staaten auf keine weiteren konkreten Schritte zur Senkung der klimaschädlichen Treibhausgase einigen. Hinter den Kulissen hatte Beobachtern zufolge vor allem Saudi-Arabien versucht, die bereits bestehende Einigung auf eine Abkehr von fossilen Brennstoffen zu verwässern. Dies gelang allerdings auch nicht. Für die EU war ein solcher Rückfall eine rote Linie.
Umwelt- und Hilfsorganisationen äußerten sich ernüchtert über Ergebnis der Konferenz. Gerade die ärmsten und verletzlichsten Staaten hätten alle ihre Forderungen fallen lassen, „nur um ein Scheitern der Konferenz zu verhindern“, sagte Sabine Minninger, Klimaexpertin beim kirchlichen Hilfswerk „Brot für die Welt“.
Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland, erklärte: „Zwischen der zugesagten Unterstützung für die verletzlichsten Länder und deren dringenden Bedarfen klafft nach Baku eine beschämend weite Lücke.“
Scharfe Kritik kam auch vom Umweltverband WWF. Die in Aussicht gestellten Gelder seien „nicht mehr als ein Schluck Wasser vorm Verdursten“, sagte Viviane Raddatz, Klimachefin bei WWF Deutschland. Jetzt die angesichts der Klimakrise nötigen Mittel nicht in die Hand zu nehmen, werde auch die Wirtschaftsleistung der reichen Nationen maßgeblich einschränken.