Neue Dauerausstellung im ehemaligen Jugendwerkhof Torgau

Neue Dauerausstellung im ehemaligen Jugendwerkhof Torgau
Tausende junge Menschen sind in der DDR in Jugendwerkhöfen festgehalten worden. Eine neue Dauerausstellung in Torgau erzählt von Repression und sexualisierter Gewalt gegen Minderjährige. Das SED-Regime wollte Persönlichkeiten bewusst brechen.

Torgau (epd). Die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof im sächsischen Torgau hat eine neue Dauerausstellung. Sie erinnert am authentischen Ort an die repressiven Machtstrukturen innerhalb des DDR-Erziehungssystems sowie an die jugendlichen Opfer der sozialistischen Umerziehungspraxis, wie die Gedenkstätte am Freitag in Torgau mitteilte. Die Ausstellung steht unter dem Titel „Ich bin als Mensch geboren und will als Mensch hier raus“. Sie wurde am Freitag im Torgauer Rathaus mit einem Festakt eröffnet. Rund 200 Menschen nahmen daran teil.

Anlass war die letzte Entlassung eines Jugendlichen aus dem Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau vor 35 Jahren. Zwischen 1949 und 1989 sollten dort Kinder und Jugendliche unter haftähnlichen Bedingungen zu „sozialistischen Persönlichkeiten“ umerzogen werden. Torgau war offiziell die einzige geschlossene Heimeinrichtung der DDR. Ein Aufenthalt dauerte bis zu sechs Monate, manche Betroffene waren mehrfach dort. Es gab auch Arrest- und Dunkelzellen.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) sagte beim Festakt, an das Leid dieser jungen Menschen zu erinnern, sei eine dauerhafte Aufgabe. „Gerade in einer Zeit, in der die DDR zunehmend verharmlost und verklärt wird, in der Populisten Zulauf finden und die Demokratie infrage stellen, sollten wir nicht nachlassen in unserem Bemühen um Aufarbeitung und politische Bildung“, betonte Roth.

Die neu inszenierte Ausstellung widmet sich anhand von Zeitzeugenberichten, Briefen und Aktenvermerken dem Alltag und der Lebenswirklichkeit der Betroffenen. Sie informiert auch über sexualisierte Gewalt in den Heimen der DDR-Jugendhilfe. Die Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau ist die einzige ihrer Art bundesweit.

Für den Ost-Beauftragten der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), ist die Torgauer Gedenkstätte ein gutes Beispiel dafür, „Geschichte von etwas Abstraktem zu etwas Fühlbarem zu machen“. Viele Opfer würden nun sichtbar. Die SED-Opferbeauftragte Evelyn Zupke kritisierte, die Gesellschaft habe „viel zu lange gebraucht, um das Unrecht, was den Heimkindern widerfahren ist, auch klar als Unrecht zu benennen“. Die Vorstandsvorsitzende des Trägervereins, Gabriele Beyler, sprach von einem „langen Weg“, den vor allem die Betroffenen „geebnet haben und mit uns gegangen sind“.

Von 1949 bis 1989 durchliefen laut Gedenkstätte etwa 135.000 Kinder und Jugendliche das System der DDR-Spezialheime. In der gesamten DDR existierten 32 Jugendwerkhöfe und 38 Spezialkinderheime. Mehr als 4.000 Einweisungen sind allein für den Jugendwerkhof Torgau dokumentiert. Die Betroffenen waren damals im Alter zwischen 14 und 18 Jahren.

Am Samstag findet in Torgau das 20. Treffen ehemaliger DDR-Heimkinder statt. Erwartet werden rund 120 Teilnehmende. Erstmals präsentiert wird eine Wanderausstellung der Torgauer Gedenkstätte zu den Geschlossenen Venerologischen Stationen der DDR. Die Schau dokumentiert die staatliche Disziplinierung von Mädchen und Frauen, die nicht den sozialistischen Normen entsprachen und die auf den Stationen systematischer sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren.