Berlin (epd). Eine Gruppe von Abgeordneten hat am Donnerstag in Berlin einen Antrag auf die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs im Bundestag eingereicht. Danach sollen Abtreibungen bis zur zwölften Woche nach der Empfängnis nicht mehr strafbar sein. Dem Gesetzentwurf zufolge sollen Abtreibungen nicht mehr im Strafrechtsparagrafen 218, sondern im Schwangerschaftskonfliktgesetz geregelt werden.
Anders als die Gruppe zunächst geplant hatte, soll die Beratungspflicht für Frauen beibehalten werden. Es entfällt aber die Wartezeit von drei Tagen zwischen Beratung und Abbruch. Die Kosten sollen von den Krankenkassen übernommen werden. In Deutschland werden Abtreibungen in den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft nicht bestraft, wenn das vorgeschriebene Verfahren mit einer Beratung eingehalten wird. Sie sind aber rechtswidrig und werden daher auch von den Krankenkassen nicht erstattet.
Den Antrag von Frauen aus SPD, von den Grünen und der Gruppe Die Linke haben nach Angaben der SPD-Rechtspolitikerin Carmen Wegge 236 Abgeordnete unterschrieben. Wegge sprach von einem guten Tag für das Selbstbestimmungsrecht von Frauen. In dem Gesetzentwurf heißt es, das geltende Recht greife in verschiedene Grundrechte der Frauen ein. Diese Grundrechte setzten dem Staat Grenzen, der zum Schutz ungeborenen Lebens verpflichtet ist.
Vor dem Bruch der Ampel-Koalition hatten auch FDP-Parlamentarierinnen und Parlamentarier die fraktionsübergreifende Initiative unterstützt. Der Gesetzentwurf soll nach dem Willen der Initiatorinnen in drei Wochen erstmals im Bundestag beraten werden. Ob dies gelingt, ist offen.
Zusätzlich legten die Abgeordneten einen Antrag vor, die Versorgung zu verbessern. Danach haben fast 60 Prozent der ungewollt schwangeren Frauen Probleme, eine Abtreibung zu organisieren, in 85 von 400 Landkreisen gibt es nicht genug Praxen und Kliniken, die Abbrüche vornehmen. Die grüne Frauen-Politikerin Ulle Schauws sagte, innerhalb der vergangenen 20 Jahre habe sich die Zahl der Ärztinnen und Ärzte, die bereit seien, Abtreibungen vorzunehmen, fast halbiert. Mit Blick auf das Scheitern der Ampel-Koalition sagte Schauws, es wäre gut gewesen, „wenn wir mehr Zeit gehabt hätten“. Man werde aber weiter auch bei der FDP und Union um Unterstützung für die Neuregelung von Abtreibungen werben.
Im April dieses Jahres hatte eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission die Entkriminalisierung von Abtreibungen im frühen Stadium der Schwangerschaft empfohlen. Die Initiatorinnen des Bundestags-Antrags berufen sich auf die Empfehlungen der Kommission. Die Ampel-Regierung selbst hatte keinen Anlauf für eine Reform unternommen. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) ist für eine Legalisierung von Abtreibungen, Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und der frühere Justizminister Marco Buschmann (FDP) fürchteten eine Polarisierung der Debatte.