Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will Opfern strafbarer Missbrauchshandlungen mindestens 15.000 Euro zahlen. Bei der Synodentagung der EKD in Würzburg präsentierte das Beteiligungsforum, in dem Betroffene und kirchliche Beauftragte maßgeblich Beschlüsse und Verfahren zum Umgang mit Missbrauchsfällen in der evangelischen Kirche vorbereiten, ein Modell für die sogenannten Anerkennungsleistungen. Es werde ein "Kombimodell" aus einer individuellen und einer pauschalen Leistung geben, sagte Betroffenen-Sprecher Detlev Zander am Montag.
Als pauschale Leistung sollen als "Grundsockelbetrag" im Falle strafbarer Taten 15.000 Euro gezahlt werden. Für Betroffene sei diese Summe die "absolute Untergrenze", sagte Zander. Er bezeichnete den Betrag als "hart errungenen Kompromiss". Er betonte, die zusätzliche individuelle Leistung werde "einen ganz entscheidenden Beitrag" dazu leisten, "dass Betroffene nicht als pauschal abzugeltender Fall gesehen werden". Anhaltspunkte für diese Zahlungen bildeten Entscheidungen deutscher Zivilgerichte. Eine Obergrenze für diese Zahlungen soll es nicht geben.
Das Modell wird nicht von der Synode beschlossen, sondern muss grünes Licht aus den 20 Landeskirchen und 17 diakonischen Landesverbänden bekommen. Zander machte deutlich, dass die bisherigen Verhandlungen zwischen Betroffenen und Verantwortlichen schwierig gewesen seien. Als zu "progressiv" und zu "teuer" hätten einige auf kirchlicher Seite das vorgeschlagene Verfahren empfunden. Im Frühjahr soll das Modell endgültig beschlossen werden.
Aktuell läuft dazu noch ein Stellungnahmeverfahren in Diakonie und Landeskirchen.
Die Sprecherin der kirchlichen Beauftragten im Beteiligungsforum, Dorothee Wüst, geht aber davon aus, dass dabei keine grundsätzlichen Änderungen mehr vorgenommen werden. "In den Grundzügen wird das kommen", sagte sie. Die pfälzische Kirchenpräsidentin hob hervor, dass es auch darum gehe, die bislang unterschiedlich praktizierten Anerkennungsverfahren zu vereinheitlichen. Oberstes Ziel sei gewesen, zu einheitlichen Verfahren und Standards zu kommen, sagte sie.
Recht auf Aufarbeitung im Kirchenrecht verankern
Beschließen will die Synode bei ihrer Tagung in Würzburg andere Maßnahmen, die Konsequenzen aus der im Januar vorgestellten Studie über das Ausmaß von Missbrauch in der evangelischen Kirche und der Diakonie ziehen sollen. Dazu gehört, ein Recht auf Aufarbeitung für Betroffene sexualisierter Gewalt kirchenrechtlich zu verankern, wie aus einem am Montag präsentierten Maßnahmenplan hervorgeht. Außerdem soll eine zentrale Ombudsstelle geschaffen werden, die Betroffene bei Konflikten mit kirchlichen und diakonischen Stellen unterstützt.
Der Maßnahmenplan umfasst insgesamt zwölf Punkte und soll bis 2030 umgesetzt werden. Konkret beraten wird bei der Synode bereits eine Änderung des kirchlichen Disziplinarrechts, um die Rechte von Opfern zu stärken. Über die Beschlussvorlagen wird am Mittwoch abgestimmt.
Vor dem Tagungsort in Würzburg demonstrierten seit dem Montagmorgen rund ein Dutzend Betroffene sexualisierter Gewalt, denen die Maßnahmen der evangelischen Kirche nicht weit genug gehen. Sie verfolgten am Nachmittag auch die Debatte der Synode auf der Besuchertribüne. Zu ihren Forderungen gehört unter anderem ein unabhängiges Monitoring der geplanten Maßnahmen.