Der Abschied des "Polizeiruf"-Trios aus Halle ist bereits beschlossene Sache, in den kommenden Wochen wird ihr letzter Fall gedreht. Als im letzten Herbst "Bullenklatschen" produziert worden ist, war davon allerdings noch keine Rede. Es wäre also Unfug zu vermuten, man hätte sich noch mal richtig ins Zeug gelegt. Aber genauso wirkt dieser Film: Als wollten alle Beteiligten beweisen, dass die beiden Herberts und ihre junge Kollegin noch lange nicht reif für den Ruhestand sind.
Rache, Randale und Eifersucht
Das liegt zunächst mal am Drehbuch: Matthias Herbert erzählt eine Geschichte, die Motive wie Rache, Randale und Eifersucht kunterbunt durcheinanderwirbelt. Während man in anderen Krimis meist recht früh durchschaut, welche Verdächtigen wirklich was zu verbergen haben und wer bloß als Ablenkungsmanöver dient, ist es hier genau andersrum: Je mehr Indizien und somit auch Antworten die Kommissare finden, desto undurchsichtiger wird die Geschichte. Dass ihre Ermittlungen in die eigenen Reihen führen, macht die Sache naturgemäß noch reizvoller.
Die Umsetzung des bemerkenswert komplexen Drehbuchs besorgte Thorsten Schmidt, dessen Arbeit aus gleich mehreren Gründen zu loben ist: weil es ihm gelingt, die Spannung durchgehend auf hohem Niveau zu halten; weil er auch die wenig bekannten Nebendarsteller zu respektablen Leistungen geführt hat; und weil ihm gemeinsam mit Kameramann Ralph Netzer eine Bildgestaltung gelingt, die neben einer angemessen Dynamik immer wieder auch mit großartig fotografierten Einstellungen beeindruckt.
Den Bildern ist nicht zu trauen
Letztlich aber ist es vor allem die Handlung, die fesselt. Der Film beginnt mit einem Einsatz, der sich als Überraschungsfeier entpuppt; ein erster Hinweis darauf, dass man den Bildern und erst recht den Aussagen nicht trauen sollte. Als sich kurz drauf ein Anrufer über eine Ruhestörung in der Nachbarschaft beschwert, sieht sich die angerückte Polizeistreife plötzlich mit einer feindseligen Gruppe Jugendlicher konfrontiert. Es kommt zu Handgreiflichkeiten, Verstärkung rückt an, Schüsse fallen, und als sich die Gemüter beruhigt haben, ist die Polizistin Ilka Grein (Theresa Scholze) niedergeschlagen und ein Kollege erschossen worden.
Nach furiosem Auftakt verlagern Buch und Regie die Spannung nun auf eine zweite Ebene, als die Kriminaltechnik ins Spiel kommt: Der Polizist ist offenbar mit einer Dienstpistole getötet worden. Die tödliche Kugel stammt allerdings aus keiner Waffe der beteiligten Beamten. Natürlich fällt der Verdacht als erstes auf die jugendlichen Randalierer, zumal einer von ihnen (Sergej Moya) schon mal Ärger mit der Polizei hatte. Aber dann gerät ein Mann (Gerdy Zint) ins Visier des ermittelnden Trios (Jaecki Schwarz, Wolfgang Winkler, Isabell Gerschke), der ein viel handfesteres Motiv hätte: Der ermordete Polizist hat ihn vor Jahren bei einer Verkehrskontrolle lebensgefährlich verletzt und die Tat anschließend als Notwehr dargestellt. Die Kollegin, die ihn damals gedeckt hat, war Ilka Grein.
Als sie sich in Widersprüche verwickelt, werden Schmücke, Schneider und Nora Lindner hellhörig; erst recht, als sich rausstellt, dass die Frau ein Verhältnis mit dem Ermordeten hatte. Aber der war verheiratet; mit einer Polizistin (Stephanie Stumph). Kein Wunder, dass es nur Verlierer gibt, als das Trio den Fall endlich löst. Der überraschende Schluss ist ein letzter Beleg für die Qualität von Buch und Regie.