Kaum wird der Blickwinkel um eine Nuance verschoben, erhält man eine ganz andere Perspektive: Hauptfigur dieses "Wilsberg"-Krimis ist ausnahmsweise nicht der zerknautschte Privatdetektiv, sondern Freundfeindin Anna, die Kommissarin Sonntag. Die fühlt sich an ihrem Arbeitsplatz als Mobbing-Opfer, weil man ihr eine forsche junge Kollegin vor die Nase gesetzt hat. Die Vermutung erhält Verstärkung, als Anna ausdrücklich untersagt wird, im Todesfall einer Streifenpolizistin zu ermitteln. Die Frau arbeitete allein unter Männern. Angeblich hat sie auf nächtlicher Landstraße eine Kurve verfehlt.
Anna ahnt: Da ist was faul, zumal die Tote bei ihrer letzten Autofahrt mit wichtigen Informationen auf dem Weg zu ihr war, doch Annas Chef will die Polizei aus den Schlagzeilen raushalten. Selbst Wilsberg vermutet, sie projiziere ihre eigenen Erfahrungen auf die tote Beamtin, lässt sich aber trotzdem einspannen. Prompt stellt sich raus: Der Unfall war keiner, und im Revier kursierten heimlich aufgenommene Nacktfotos der Toten. Anna triumphiert, nicht ahnend, dass die Kollegen noch viel mehr Dreck am Stecken haben.
Kollegin Carola Sonntag
"Interne Affären" ist ein hübsch doppeldeutiger Titel für diesen Münster-Krimi, der es ohnehin in sich hat. Das liegt sicher nicht allein daran, dass für Buch (Ulli Stephan) und Regie (Catharina Deus) zwei Frauen verantwortlich waren, aber einen gewissen Akzent werden die Damen schon zu verantworten haben. Als ungemein belebend erweist sich beispielsweise der Einfall, der diesmal sehr verletzlichen Anna (Rita Russek) eine Kollegin an die Seite zu stellen.
Statt des üblichen Overbeck, für Wilsberg (Leonard Lansink) ohnehin ein rotes Tuch, agiert nun die ungleich ehrgeizigere Carola Sonntag, die den Krimi ungemein belebt; und das nicht allein, weil Wilsberg jetzt was zum Flirten hat. Äußerst schade, dass Katharina Wackernagel bloß ein Gastspiel gibt. Das gilt auch für Comedian Michael Kessler, der Carola Sonntag in einer Minirolle als Streifenpolizist ein Knöllchen verpasst.
Mindestens so gut wie die packende Umsetzung ist das komplexe Drehbuch, denn was vordergründig wie Mobbing wirkt, entpuppt sich erst als unglückliche Liebesgeschichte und dann als Fall für die Drogenfahndung. Etwas zu kurz kommt diesmal allein Wilsbergs Kumpel Ekki Talkötter (Oliver Korittke), der dafür nach allzu ausgiebigem Konsum von Haschplätzchen die schönste Szene des Films hat.