TV-Tipp: "Überväter"

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19. September, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Überväter"
Das Autorenduo Florian Vey und Dominik Moser hat die Geschichte klassisch in drei Akte gegliedert. Die Fahrt ins einstige Elternhaus im Vorort gehört noch zur Einführung, dann beginnt erst Kapitel eins, "Der Grillabend".

Einen Film in der Großstadt als Beziehungskomödie beginnen und dann höchst dramatisch mit Wildschweinstampede, Wolfsattacke und Waldbrand enden zu lassen: Das muss man erst mal glaubwürdig hinbekommen. Abgesehen vom Prolog, auf den eine lange Rückblende folgt, deutet zunächst nichts darauf hin, dass sich "Überväter" in diese Richtung entwickeln wird: Luca und Steffi (Anselm Bresgott, Cynthia Micas) sind ein glückliches junges Paar, das sein erstes Kind erwartet und deshalb eine größere Wohnung braucht. Er in der Ausbildung zum Physiotherapeuten, sie in Elternzeit: Da hätte die Hausverwaltung gern eine Mietbürgschaft. 

Unglücklicherweise kommt dafür nur Lucas Erzeuger in frage. Vater und Sohn haben allerdings kaum noch Kontakt; Mathi (Fritz Karl) weiß gar nicht, dass er Opa wird. Aber auch auf Luca wartet eine Überraschung: Mathis junge Lebensgefährtin Jule (Christina do Rego) ist ebenfalls hochschwanger. Das Autorenduo Florian Vey und Dominik Moser hat die Geschichte klassisch in drei Akte gegliedert. Die Fahrt ins einstige Elternhaus im Vorort gehört noch zur Einführung, erst jetzt beginnt Kapitel eins, "Der Grillabend"; der Besuch endet damit, dass Luca in Flammen steht. Nun ist auch klar, dass aus der Bürgschaft wohl nichts wird, denn Vater und Sohn sind wie Feuer und Wasser: Mathi ist ein klassischer Cis-Typ, der Luca auf die Härten des Lebens vorbereiten wollte.

Der Sohn ist in seinen Augen jedoch ein Versager geworden, dem er rein gar nichts zutraut ("Feuer machen ist was für Männer"). Die Bezeichnung "antiquiert" als Etikett für seine Erziehungs- und Geschäftsmethoden wäre viel zu harmlos: Er hat den Jungen einst ins Wasser geworfen, damit er schwimmen lernt, und als er 16 wurde, hat er ihn mit ins Bordell genommen. Dort pflegt sich der Unternehmer offenbar bis heute mit seinen Kunden zu treffen. Die nächste Generation tickt jedoch anders, weshalb ein lukrativer Deal zu platzen droht, als zum verabredeten Termin nicht der langjährige Geschäftspartner, sondern dessen Sohn Jochen (Moritz Vierboom) auftaucht.

Der Mann ist Patient von Luca und hatte ihn auf ein Seminar für Männer hingewiesen, die befürchten, den Erwartungen an ihre zukünftige Vaterrolle nicht gerecht zu werden. Mathi hält das für "esoterischen Quatsch", sieht aber in dem mehrtägigen Trip in den Wald die einzige Möglichkeit, Jochen doch noch als Kunden zu gewinnen. Mit Teil zwei ("Das Seminar") geht die Geschichte eigentlich erst richtig los, denn zum wachsenden Leidwesen des alsbald überforderten Leiters (Denis Moschitto) prägt der Konflikt zwischen Vater und Sohn umgehend die gesamte Veranstaltung. Die weiteren Teilnehmer fallen parodistisch klischeehaft aus, aber die Gruppendynamik entwickelt sich schlüssig.

Bei ihrer satirischen Zuspitzung brauchten Vey und Moser hingegen nichts überzeichnen; Aktionen wie die Neugeburt durch eine mannsgroße Vulva sprechen für sich. Der Humor wird nun allerdings nicht nur deftig, sondern auch heftig; der Hinweis am Ende des Abspanns, es seien keine Tiere zu Schaden gekommen, ist absolut angebracht. Dank der Umsetzung durch Regisseur Janosch Chávez-Kreft, der fürs ZDF bereits maßgeblich an der heiteren Neo-Serie "Vierwändeplus" (2022) beteiligt war, sind aber selbst die krachledernen Scherze sehr witzig.

Im letzten Kapitel ("Die Wildnis"), als sich Mathi und Luca nach dem Rauswurf aus dem Camp allein zurück in die Zivilisation durchschlagen müssen, wandelt sich "Überväter" zur "physical comedy". Die entsprechenden Slapstickszenen dürften Fritz Karl extrem gefordert haben, denn was Mathi beim Kampf mit den Naturgewalten alles einstecken muss, ist wirklich massiv. Luca wiederum beweist zwar, dass er sehr wohl Feuer machen kann, aber die Folgen sind fatal. 

Damit "Überväter" trotz des zahlenmäßigen maskulinen Überangebots keine reine Männergeschichte wird, schaut der Film zwischendurch immer wieder mal bei den beiden Müttern vorbei: Steffi und Jule gönnen sich ein bisschen Wellness und melden ihre Partner schließlich als vermisst, was Annette Frier eine Gastrolle als gelangweilte Polizistin beschert. Ein darstellerisches Gefälle gibt es zwar nicht, weil Cynthia Micas und Christina do Rego genauso viel Spaß machen wie Karl und Anselm Bresgott, aber die Handlungsdynamik ist eindeutig auf Seiten der zukünftigen Väter. Eher unnötig sind auch die vielen "Split Screen"-Szenen: Der zuweilen gar mehrfach geteilte Bildschirm vermittelt keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn und wirkt wie ein Versuch, die Optik aufzumotzen. Die Mischung aus Gags mit Ansage und Überraschungen funktioniert hingegen ausgezeichnet.