Alber habe damit das sichtbare Symbol der Trennung der Gesellschaft in Geweihte und Nichtgeweihte überwunden. Bis dahin durften nur Kleriker aus dem Abendmahlskelch trinken. Doch Alber bot Brot und Wein für alle an, und er feierte die Messe auf Deutsch statt Latein. "Es war viel Glaubensmut nötig, so gefährlich nah an der Ketzerei zu agieren", sagte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl aus Anlass des Jubiläums. "Mit einem Mal war die volle Teilhabe für alle zugänglich." Das wirke bis heute fort. "Bei der Feier des Abendmahls erleben wir, dass die Unterschiede, die wir Menschen sonst machen, in Christus aufgehoben sind."
Zur Feier am 14. August 1524 hatten sich Menschen bis aus Esslingen und Herrenberg auf den Weg in die Freie Reichsstadt Reutlingen gemacht, die Marienkirche erwies sich als zu klein. Manche kamen wohl aus Sensationslust: Wird Alber es tatsächlich wagen, sich gegen Brauch und Recht der Kirche zu stellen und das Abendmahl so zu feiern wie die Ketzer in Böhmen und die geächteten Wittenberger?
Alber entstammt einer bedeutenden Reutlinger Handwerkerfamilie. 1521 kehrte er mit einem Studienabschluss in Theologie nach Reutlingen zurück, um die neu geschaffene Ratsprädikatur anzutreten. Seine reformatorischen Predigten wurden von der Bürgerschaft und von Kollegen in der Stadt mit wachsender Zustimmung gehört. 1549 berief Herzog Ulrich den Prädikanten an die Stuttgarter Stiftskirche. In seinen letzten Lebensjahren wirkte Alber als Abt der evangelischen Klosterschule Blaubeuren.
Ein halbes Jahr nach der skandalösen Feier musste sich Alber vor dem Reichsregiment in Esslingen verantworten. Dort wurde er unter anderem zu seiner Abendmahlspraxis befragt. Die insgesamt 52 Fragen stellte der kaiserliche Anwalt Kaspar Mart. Er forderte, ein förmliches Gerichtsverfahren im Sinne des Wormser Edikts zu eröffnen. Alber berief sich auf die Autorität Jesu Christi und der Bibel. Wider Erwarten ließ das Reichsregiment den Prädikanten ziehen.
Dieser arbeitete weiter an einer neuen Gottesdienstordnung. 1526 sandte er sie zur Begutachtung nach Wittenberg. Luther gab seine Zustimmung. Nur die Länge der Lesungen kritisierte Luther: Er fürchte, damit werde die Gemeinde überfordert.