TV-Tipp: "Ramstein – Das durchstoßene Herz"

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Freitag, 23. August, 3sat, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Ramstein – Das durchstoßene Herz"
Die Verfilmung authentischer Unglücke ist stets ein heiklkes Unterfangen. Im Fall der Flugtag-Katastrophe vom Ramstein gelingt Karsten Schmidt (Buch) und Kai Wessel (Regie) nach mehr als 30 Jahren eine Arbeit mit Fingerspitzengefühl.

Es liegt in der Natur des Unglücks, dass es sich meist aus heiterem Himmel ereignet. In diesem Fall stimmt das sogar buchstäblich: An einem schönen Sommertag im August 1988 wandelte sich eine Flugschau auf der pfälzischen Ramstein Air Base zu einer der größten Tragödien, die sich seit dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland ereignet haben.

Höhepunkt einer Vorführung der italienischen Kunstflugstaffel sollte ein mit Rauchstreifen an den Himmel gemaltes Herz sein, das von einem Kampfflugzeug durchstoßen wird. Dabei kollidierten drei Maschinen miteinander. Binnen Sekunden entwickelte sich ein flammendes Inferno. Es grenzt an ein Wunder, dass nicht noch viel mehr der schätzungsweise 300.000 Menschen betroffen waren. Nach offiziellen Angaben gab es siebzig Tote und über tausend Verletzte.

Das filmische Potenzial war stets offenkundig, aber die Umsetzung wäre eine Gratwanderung, zumindest dann, wenn nicht auf spektakuläre Bilder verzichtet werden soll: Wie lässt sich von dem Unglück erzählen, ohne die Inszenierung spekulativ wirken zu lassen? Holger Karsten Schmidt (Buch) und Kai Wessel (Regie) haben einen Weg gefunden, der geradezu vorbildlich ist, selbst wenn "Ramstein – Das durchstoßene Herz" (TV-Premiere war 2022) durchaus Szenen zu bieten hat, die auch aus einem Katastrophenfilm stammen könnten.

Für die Faktenvermittlung sorgt ein Mitarbeiter des Luftfahrtbundesamts (Trystan Pütter), der gemeinsam mit einer Kollegin (Elisa Schlott) die Begleitumstände und Hintergründe der Katastrophe untersucht. Zu ihren Befragten gehört auch der Notfallmediziner Kruse (Jan Krauter). Seinen Schilderungen verdankt der Film einige seine bewegendsten Momente, weil der Arzt angesichts der unüberschaubaren Anzahl an Schwerverletzten binnen Sekunden entscheiden musste, bei wem sich eine medizinische Versorgung nicht mehr lohnt. Eine weitere Ebene zeigt das Treffen einer Selbsthilfegruppe, die sich aus Überlebenden und anderen Betroffenen zusammensetzt, darunter auch Angehörige und Pflegekräfte.

Wie bei fast allen Verhängnissen dieser Art entpuppte sich der vermeintliche Schicksalsschlag als Ergebnis menschlichen Versagens, das anschließend vertuscht werden sollte. Der Sicherheitsabstand des Publikums zu den Darbietungen in der Luft war nur halb so groß wie vorgeschrieben. Außerdem habe es kein Rettungskonzept gegeben, kritisiert Kruse, sodass das Chaos in die Kliniken verlagert wurde – die Katastrophe in der Katastrophe.

Der dreifache Grimme-Preisträger Schmidt hat bereits 1988 ein erstes Drehbuch geschrieben, aber eine Anstalt nach der anderen hat damals abgewunken, auch der gewissermaßen zuständige SWR, schließlich liegt Ramstein im Sendegebiet; dabei hat der Sender mit "Flug in die Nacht – Das Unglück von Überlingen" (2009) schon einmal gezeigt, wie sich eine derartige Tragödie mit der nötigen Zurückhaltung erzählen lässt.

Umso respektabler, dass der SWR das Projekt nun doch finanziert hat, obwohl die Kosten schon allein wegen der aufwändigen Computerbilder vermutlich weit überm Durchschnitt gelegen haben dürften. Neben dem Budget wird auch die Furcht vor dem optischen Grauen die Skrupel der Sender genährt haben. Natürlich sind die Bilder in der Tat grausig, aber die Kamera (Holly Fink) weidet sich nie am Unglück der Menschen.

Das war allen Beteiligten ohnehin ein besonderes Anliegen: Die Sichtweise der Opfer steht im Zentrum der verschiedenen geschickt miteinander verwobenen Handlungsstränge. Erfunden ist nur das Ermittlerduo, alle anderen sind authentischen Vorbildern nachempfunden, keins der Schicksale ist ohne Einwilligung erzählt worden; der echte Notarzt war sogar als Berater beteiligt.

Das Treffen einer Selbsthilfegruppe Jahre später dokumentiert, wie tief die seelischen Wunden sind, die im Unterschied zu den körperlichen Verletzungen nie heilen werden. Die Schilderungen eines Krankenpflegers offenbaren, dass ein Posttraumatisches Belastungssyndrom (PTBS) auch Menschen treffen kann, die gar nicht am Unglücksort waren, und es tritt ähnlich wie das Ereignis selbst ohne Vorwarnung auf.

PTBS ist lange Zeit in erster Linie mit Kriegserlebnissen assoziiert worden. Die Bilder von der Absturzstelle könnten in der Tat auch aus einem Kriegsfilm stammen, aber für Empathie sorgen vor allem Einstellungen wie jene eines Vaters, der auf dem leeren Parkplatz vergeblich auf seinen Sohn wartet. Eine Rahmenhandlung, deren Hintergrund lange offen bleibt, hätte für ein halbwegs versöhnliches Ende sorgen können, aber das wäre nicht angemessen gewesen, also setzt Schmidt noch eine bittere Schlusspointe.