Kirchliche Hochschule auf Messers Schneide

Selbstgebasteltes Pappkeuz auf Büchern
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Es stehen vier Vorschläge zur Weiterführung der Kirchlichen Hochschule Wuppertal bei der digitalen Sondersynode zur Auswahl.
Wie geht es weiter?
Kirchliche Hochschule auf Messers Schneide
Die Zukunft der Kirchlichen Hochschule Wuppertal (KiHo) ist weiterhin ungewiss. Auf der digitalen Sondersynode vom 4. bis 11. Juni soll sich nun entscheiden, ob die beliebte Hochschule in veränderter Form weiter betrieben wird oder im schlimmsten Fall geschlossen wird. Die Professor:innen und Studierenden wollen dies nicht einfach hinnehmen und hoffen für ihre Hochschule.

Drei Szenarien wurden in den vergangenen Monaten für die Fortführung der KiHo entwickelt (evangelisch.de berichtete). Die Weiterführung wie bisher, die Schließung oder die Schließung mit gleichzeitiger Stiftung von bis zu vier Professuren an der Bergischen Universität Wuppertal, die evangelisch-interdisziplinär arbeiten sollen.

Innerhalb von nur vier Wochen wurde von der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) unter Beteiligung von Professor:innen der KiHo eine neue vierte Option entwickelt, die nun auch der Synode vorliegt und als präferierte Lösung gehandelt wird: der Theologische Bildungscampus. Wie der aussieht, erklärt Thorsten Latzel, Präses der Landeskirche evangelisch.de: "Leitend bei diesem Modell ist die stärkere Verschränkung von kirchlicher Praxis und theologischer Forschung und Lehre – ein Markenzeichen der Kirchlichen Hochschule."

Dass Professor:innen in der Gemeinde tätig sind, sei ein Ansatz, den es so bereits früher an der Kirchlichen Hochschule gegeben habe, so Latzel. Zugleich sollen umgekehrt wissenschaftlich qualifizierte Personen aus der Praxis in die Lehre stärker einbezogen werden und das Angebot auf weitere Gruppen wie Prädikant:innen und andere diakonisch-kirchliche Berufe ausgeweitet werden. "Dies zielt auf eine Stärkung der Sprachfähigkeit christlichen Glaubens insgesamt", so der Präses. Die nähere Ausgestaltung des Modells sei dabei noch in Klärung. Auf der Synodentagung gehe es zunächst um eine grundsätzliche Richtungsentscheidung.

Die Unruhe unter den Studierenden ist nach wie vor groß. Lukas Jaedicke, Konventspräsident der Kirchlichen Hochschule Wuppertal: "Ich ganz persönlich glaube, dass die Landeskirche dieses Konzept mit den Professor:innen erarbeitet hat, weil sie auf der Synode etwas anbieten wollen. Sie wollen guten Willen zeigen. Nach dem Motto: Wir haben doch alles gegeben. Wenn es nicht klappt – an uns liegt es nicht." Tatsächlich sind alle vier Optionen bisher finanziell und konzeptionell noch nicht zu Ende gedacht.

Dass die KiHo nicht so weiter laufen kann wie bisher, weil das Geld dazu fehlt, ist mittlerweile allen klar. Die erste Option scheidet also aus. Dass die Hochschule geschlossen werden soll, das will niemand, ausschließen kann es zum jetzigen Zeitpunkt aber keiner. Die Optionen drei, anstelle der KiHo Stiftungsprofessuren einzurichten, würde die Streichung aller Stellen der Mitarbeitenden bedeuten – für das Professorium und die Studierenden ebenfalls eine schlechte Wahl. Es konzentriert sich folglich voraussichtlich auf die Option eines Bildungscampus. Dieses Modell wurde in nur zwei Monaten entworfen. Es sieht vor, 20 Prozent einzusparen. Aber trägt es auch inhaltlich? 

"Wir wissen, dass wir sparen müssen"

Michaela Geiger, Professorin für Altes Testament an der Hochschule, sagt: "Die Idee eines Bildungscampus ist ein gutes und zukunftsweisendes Konzept." Es sieht die Vernetzung des Pfarramtsstudiums an der KiHo mit Ausbildungsangeboten für Prädikant:innen, Diakon:innen, Religionslehrer:innen und Ehrenamtlichen vor, auch durch digitale Formate, die der ganzen Landeskirche zugute kommen sollen. "Diese Berufsgruppen arbeiten später in der Kirche zusammen. Darum ist es sinnvoll, dass sie sich schon in der Ausbildung begegnen und ihre gegenseitigen Kompetenzen schätzen lernen. In den letzten Jahren hat es sich bewährt, dass wir Studierende im traditionellen Pfarramtsstudium zusammen mit den Masterstudierenden unterrichten, die berufsbegleitend studieren." Darum soll das grundständige Studium erhalten bleiben, solange es geht. Als Teil eines Bildungscampus kann die KiHo auf zukünftige kirchliche Entwicklungen reagieren und konstruktiv daran mitwirken. "Wir wissen, dass wir sparen müssen", sagt Geiger. "Aber wie beim Bildungscampus die Ressourcen – Geld, Lehrangebote und Arbeitskraft – zu den Aufgaben passen, das muss noch weiter ausgearbeitet werden."

Der Studierende Lukas Jaedicke beschreibt die Sache aus Sicht der Student:innen mit klaren Worten. "Es ist nach wie vor alles offen." Mit dem neuen Entwurf ist er nicht glücklich. "Herausgekommen ist ein Misch Masch-Packet. Die Kirche stellt es nun so dar, dass mit der ausgearbeiteten Option alles möglich sei." Daran glaubt Jaedicke nicht. So sollen die Sprachlehrgänge im Grundstudium gestrichen werden. "Dann gäbe es aber keine Möglichkeit mehr für Studienanfänger:innen und ein großer Vorteil der KiHo wäre weg." Das hätte auch zur Folge, dass der Masterstudiengang nicht mehr funktioniere, weil der Grundstudiengang fehlte. "Das System würde auf Dauer zusammenbrechen."

Einig sind sich alle Beteiligten bei einem Punkt

Dass das Nutzen personeller Synergien ein sinnvoller Sparplan ist, auch daran glaubt Jaedicke nicht. "Hört sich super an. Aber wenn wir einen Professor nehmen, der zu hundert Prozent lehrt, dann hat der keine Zeit zum Praxisdienst. Jeder weiß, wie viel Pfarrer:innen zu tun haben. Das funktioniert also auch anders herum nicht. Dass wir damit sparen können, ist ein Denkfehler. Das funktioniert nur mit mehr Personal." Die Studierenden suchen die Öffentlichkeit und appellieren in einem Offenen Brief an die Synodalen. "Unser Ziel ist es, ihnen klarzumachen, dass die neue Option Bildungscampus nicht die ist, die im Sinne der Studierenden ist. Denn so kann es nicht funktionieren. Es ist ein Tanz auf Messers Schneide." Sollte sich die Synode für die vierte Option entscheiden, dann sieht es Jaedicke pragmatisch: "Die KiHo würde erst einmal nicht schließen müssen, das wäre das einzig Gute." Außerdem gelte: Wenn sie runtergefahren werde, könne sie auch wieder hochgefahren werden. Und das Promotions- und Habilitationsrecht blieben erhalten.

Einig sind sich alle Beteiligten bei einem Punkt: Die Hochschule ist wertvoll in der deutschen Bildungslandschaft. "Die Kirchliche Hochschule in Wuppertal hat eine große, bedeutende Tradition und es braucht eine Klärung im Blick auf ihre Perspektiven" sagt Latzel. Die wird es nun auf der Sondersynode geben. Seitens des Kollegiums wünscht man den Synodalen verhalten optimistisch: "Für den Beratungs- und Entscheidungsprozess über die Zukunft der Kirchlichen Hochschule wünschen wir Ihnen Gottes Segen."