TV-Tipp: "Inga Lindström: Rosenblüten im Sand"

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9. JUNI, ZDF, 20.15 UHR
TV-Tipp: "Inga Lindström: Rosenblüten im Sand"
Regie führte Marco Serafini, dessen Filmtitel größtenteils mit den Namen echter oder fiktiver Autorinnen beginnen: Inga Lindström, Rosamunde Pilcher, Barbara Wood, Lilly Schönauer. Der Mann weiß, was Frauen wollen; jedenfalls sonntags im "Zweiten".

Manchmal genügt ein unbedachter Moment, um ein ganzes Leben zu ändern: einmal kurz nicht aufgepasst, und es liegt für immer ein Schatten über dem Dasein. Das kann Catrine allerdings nicht ahnen, als sie sich bei einem Ausflug ans Meer in den Trompeter Pelle verliebt: Die beiden jungen Leute verbindet ein traumatisches Kindheitserlebnis. Dass ein offenkundig füreinander geschaffenes Paar erst eine große Herausforderung bestehen muss, gehört zum Baukasten jeder Romanze. In Komödien sind dies gern soziale oder kulturelle Unterschiede, in Dramen ist es eine Lüge oder ein düsterer Vorfall in der Vergangenheit. Aus der Frage, welcher Graben Catrine und Pelle trennt, bezieht "Rosenblüten im Sand" seine Spannung: Was hat sich vor zwanzig Jahren ereignet? 

Zunächst folgt die "Inga Lindström"-Episode, die zur Abwechslung mal wieder von Reihenschöpferin Christiane Sadlo stammt, jedoch einem anderen "Herzkino"-Schema. Die Heldinnen der Reihe stehen oft vor wichtigen Lebensentscheidungen, aber meist kommt dann alles ganz anders: Catrine (Nadine Menz), Krankenschwester aus Stockholm, wird demnächst nach Katmandu aufbrechen, um dort in einer Partnerklinik zu arbeiten. Vorher reist sie mit ihrer Mutter Ella (Susu Padotzke), Besitzerin einer Trompetenmanufaktur, für ein paar Tage ans Meer, weil sie vom Urlaubsort Hillasund geträumt hat.

Am Strand trifft sie einen schmucken jungen Mann, der sie sehr direkt und ziemlich unwiderstehlich anflirtet. Als sie entdeckt, dass es sich bei Pelle (Stefan Gorski) um einen begnadeten YouTube-Trompeter handelt, ist es endgültig um sie geschehen, zumal sein Instrument aus der Werkstatt ihres Urgroßvaters stammt; bis Pelle rausfindet, wer die junge Frau, die sich heute Catrine nennt, wirklich ist. 

Gerade die "Herzkino"-Dramen zeichnen sich meist durch ihre emotionale Komplexität aus. Auch Sadlo lässt ihre Figuren ein Wechselbad der Gefühle erleben: Die überbehütende Ella hat schon seit längerem eine Beziehung, die sie vor ihrer Tochter geheim hält; zu allem Überfluss wird sie mit Mitte vierzig noch mal schwanger. Pelles verwitweter Vater Tomas (Guido Broscheit) ist sichtbar unglücklich, weil er zum Kummer von Hotelbesitzerin Irene (Jo Kern) ein falsches Leben führt, ebenso wie sein Sohn, der als Geologe im elterlichen Unternehmen arbeitet und die Musik nur als Hobby betrachtet. Catrine wiederum lebt mit dem Arzt Henrik (Jeroen Engelsman) zusammen, dessen Heiratsantrag sie zu Beginn allerdings eher verblüfft als erfreut zur Kenntnis nimmt.

Regie führte Marco Serafini, dessen Filmtitel größtenteils mit den Namen echter oder fiktiver Autorinnen beginnen: Inga Lindström, Rosamunde Pilcher, Barbara Wood, Lilly Schönauer. Der Mann weiß, was Frauen wollen; jedenfalls sonntags im "Zweiten". Auch "Rosenblüten im Sand" bietet die üblichen "Lindström"-Ingredienzien Sommer, Sonne, Meer. Die Bilder sorgen bei den Außenaufnahmen für eine mediterrane Atmosphäre und innen für viel Behaglichkeit (Kamera: Sebastian Wiegärtner); außerdem gibt es jede Menge Romantik und diesmal sogar ein kleines bisschen Erotik. Die Zielgruppe wird sich zudem über Stefan Gorskis trainierten Oberkörper freuen.

Die "Herzkino"-Redaktion hat eine Vielzahl von Nachwuchsschauspielerinnen gefördert, und in der Tat macht auch Nadine Menz ihre Sache sehr gut, aber den nachhaltigeren Eindruck hinterlässt Gorski; dank seiner kraftvollen Stimme auch akustisch. Der Österreicher ist zwar keine Entdeckung im eigentlichen Sinn, zumal er beispielsweise bereits als männliches Pendant zur Titelfigur in dem ARD-Märchenfilm "Helene, die wahre Braut" (2020) sehr positiv aufgefallen ist, spielte hier (Erstausstrahlung war 2021) aber seine erste Fernsehfilmhauptrolle. 

Der Rest des Ensembles ist ähnlich gut besetzt. Jeroen Engelsman hat schon in dem ebenfalls von Serafini inszenierten sympathischen Pilcher-Film "Meine Cousine, die Liebe und ich" (2019) die dritte Hauptrolle gespielt und auch damals den Kürzeren gezogen, aber das Rennen war im Gegensatz zu vielen anderen "Eine Frau zwischen zwei Männern"-Romanzen lange Zeit offen.

Als ähnlich gute Wahl erweist sich Guido Broscheit, der Pelles Vater mit viel Melancholie versieht; der ZDF-"Soko"-Darsteller hat in den "Julia Durant"-Krimis von Sat.1 gezeigt, dass er viel mehr drauf hat, als ihm dort die Rolle als Ermittlerkollege der Titelheldin zu bieten hatte. Und so gibt es unterm Strich bloß zwei Einwände: Die Musik (Alessandro Molinari) trägt einige Male viel zu dick auf, und am Schluss geht dem Film die Zeit aus, weshalb das Happy End etwas holterdiepolter kommt.