Gottes Gegenwart in Gemälden

"Wanderer über dem Nebenmeer" von Caspar David Friedrich
Caspar David Friedrich /cc / Wikimedia Commons
Der frühere württembergische evangelische Pfarrer David Jaffin interpretiert Caspar David Friedrich als einen der "zentralen christlichen Maler der neuen Zeit".
Bildband über Caspar David Friedrich
Gottes Gegenwart in Gemälden
Zum 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich veröffentlicht David Jaffin meditative Gedanken zu dessen Bildern. Jaffin ist konvertierter Jude und pensionierter Pfarrer. Er hält Friedrich für einen "zentralen christlichen Maler der neuen Zeit".

Caspar David Friedrichs berühmtestes Gemälde ist in der Motivwahl vielleicht sein ungewöhnlichstes: "Der Wanderer über dem Nebelmeer" zeigt einen großen Mann auf einem Felsen, der auf eine nebelbedeckte Gebirgslandschaft blickt. Ungewöhnlich deshalb, weil Friedrich in den meisten seiner Bilder den Menschen sehr klein erscheinen lässt. Darauf weist der frühere württembergische evangelische Pfarrer David Jaffin in seinem Bildband "Die geheimnisvolle Gegenwart Gottes" hin.

Jaffin hat das genaue Hinsehen schon im Studium gelernt. Als Sohn jüdischer Eltern 1937 geboren, widmete er sich zunächst der Kunstgeschichte, Psychologie und Geschichtswissenschaft. 1971 konvertierte er zum christlichen Glauben. Dann studierte er in Deutschland evangelische Theologie und arbeitete in verschiedenen württembergischen Gemeinden, bevor er im Ruhestand nach Bayern zog.

Der Bildband ist eine Neuauflage von Jaffins Werks aus dem Jahr 1990, das nun zum 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich (1774-1840) erscheint. Jaffin interpretiert ihn als einen der "zentralen christlichen Maler der neuen Zeit", in dessen Bilder Kreuze und Kirchen eine zentrale Rolle spielten. Des Künstlers Blick gehe fast immer "durch das Abgebildete auf das Jenseits".

In kurzen Meditationen taucht der theologische Betrachter in die biblische Gedankenwelt des Malers ein. So zeigt die "Landschaft mit Eichen und Jäger" zwei gegensätzliche Bäume - der eine mit abgestorbener Krone, der andere mit Blättern an der Spitze, aber einem in der unteren Hälfte kahlen Stamm. Jaffin erinnert dieser Gegensatz an die zwei Männer, die neben Jesus Christus gekreuzigt wurden. Nur einer von beiden bekehrt sich in seiner Todesstunde und treibt bildlich gesprochen Blätter nach oben.

Insgesamt 20 Bilder werden in diesem Band meditativ interpretiert. Kurze Texte, teilweise mit eingestreuten Bibelzitaten und Gebetsworten, legen die Spur zu einer Interpretation der Gemälde im Rahmen der christlichen Botschaft. Bilder von romantischer Schönheit wie "Mann und Frau, den Mond betrachtend", aber auch von verstörender Düsternis wie "Die Abtei im Eichwald" zeigen die Vielfalt des Schaffens von Caspar David Friedrich.

Auch in dem ungewöhnlich großen "Wanderer über dem Nebelmeer" fallen Jaffin interessante Details auf: Der große Mann geht an einem Stock, und er kann weder im Nebel unter sich noch im Himmel über sich viel erkennen. In seiner Meditation schreibt der Theologe der Szene "Nachdenklichkeit und Bescheidenheit" zu.

David Jaffin: Die geheimnisvolle Gegenwart Gottes. Mit Gemälden von Caspar David Friedrich. 48 Seiten, 20 Euro. Edition Wortschatz (Luhe-Wildenau) 2024.