"Geschlechtertypisches Verhalten ist nicht mehr nötig"

Pfarrehemänner David Hartman James (mit Hut) und Albrecht Bühler
privat
Albrecht Bühler und David Hartman James (mit Hut)sind beide Ehepartner eines Pfarrers/Pfarrerin.
Pfarrmänner im Gespräch
"Geschlechtertypisches Verhalten ist nicht mehr nötig"
Noch bis in die 80er-Jahre hinein hatten Ehefrauen von Pfarrern auch in der evangelischen Kirche mit hohen Erwartungshaltungen zu kämpfen. Für Männer lief es dagegen schon immer leichter. Doch wie lebt es sich eigentlich heute als Mann einer Pfarrerin oder eines Pfarrers? Evangelisch.de hat mit zwei eher "außergewöhnlichen" Pfarrmännern gesprochen.

Albrecht Bühler aus Nürtingen ist hauptberuflich als Geschäftsführer einer GmbH tätig. Er ist schon sehr lange mit seiner Frau, die als Pfarrerin arbeitet, verheiratet und hat sich stets mit seiner besonderen Rolle auseinandergesetzt. So zählt er zu den Gründern des seit 33 Jahren bestehenden und damals deutschlandweit ersten Arbeitskreises für Pfarrmänner in Württemberg.

In den letzten Jahren hat sich die Initiative nicht nur den Pfarrfrauen angeschlossen, sondern verstärkt den Fokus auf Familien gerichtet. "Am Anfang hatten wir noch ganz viele Fragen in Bezug auf unsere Rolle als Pfarrmann, heute ist es ein Austausch für Familien. Für eine bestimmte Generation war es sehr wichtig, jetzt ist das Interesse eher rückläufig, weil diese Lebensstellung eben nicht mehr außergewöhnlich ist."

David James kam als amerikanischer Soldat nach Deutschland, verliebte sich nach wenigen Treffen in einen Vikar, heiratete und blieb. Er ist heute im IT-Bereich beschäftigt und sieht sich in seiner Rolle als "Pfarrmann" auch als Vertreter einer Generation, für die geschlechterstereotype Verhaltensweisen keine Bedeutung mehr haben. Geschäftlicher Erfolg, Beffchen bügeln oder Kuchenbacken - für ihn hat das nichts mehr mit Mann-sein oder Frau-sein zu tun.

"Die Erwartungshaltung gegenüber einem Mann war und ist noch nie so hoch gewesen wie bei Frauen, das heißt Männer konnten sich eher wie ein normales Gemeindemitglied mit einbringen", sagt Albrecht Bühler auf die Frage, wie es für ihn eigentlich war, die damals überwiegend noch weiblich geprägte Rolle des Pfarrpartners zu übernehmen. Früher, berichtet er, wurde der Pfarrer schon mal bei der Einstellung gefragt, was macht denn ihre Frau in der Gemeinde? Als Mann sei das nie vorgekommen. "Wenn wir was gemacht haben oder heute noch machen, dass sagen die anderen: Guck mal, der engagiert sich und man freut sich." 

Vorbild Pfarrfrau

Auch David James hat keinen Druck als Ehemann eines Pfarrers gespürt: "Mein Partner hat nie Erwartungen an mich gestellt in Bezug auf das, was das Gemeindeleben angeht, noch auf seinen Job." Er selbst sei es gewesen, der den Wunsch verspürt habe, von Beginn an alles richtig zu machen. Dafür habe er sich sogar das Buch "Die Deutsche Pfarrfrau" von Hermann Josephson und Bertha Josephson-Mercator durchgelesen, um ein besonders würdiger Pfarrmann zu werden. Für ihn habe es kein klassisches Vorbild gegeben. "Ich musste mir neue Wege bahnen, meinen eigenen Schwerpunkt setzen."

Seelsorge-Gespräche, technische Unterstützung bei der Arbeit seines Mannes, kochen (als ausgebildeter Chefkoch naheliegend) oder die Mithilfe bei verschiedenen Veranstaltungen sind seine Aufgaben geworden. David James ist von Beginn an ein fester Teil der Gemeinschaft: "Ich finde, wir bekommen sehr viel von der Gemeinde, viel Liebe und Respekt. Das will ich zurückgeben."

Pfarrer-Ehen kennen kein klassisches Wochenende

Für ihn war es ein mutiger Schritt als Mann eines Pfarrers, schon Ende der Neunzigerjahre so eindeutig in Erscheinung zu treten. Den damals noch heimlich erhaltenen Segen Gottes vorausgesetzt. Aber auch in dieser Zeit konnte sich David James auf die Gemeinde seines Mannes verlassen, die selbst Menschen mit hochgezogenen Augenbrauen mit einem Lächeln entgegentrat.

Doch ganz gleich ob Frau oder Mann, darin sind sich beide "Pfarrmänner" einig, etwas Besonderes ist es auch heute noch, mit einem Menschen im Pfarramt verheiratet zu sein: "Es ist schon ein Unterschied, ob die Frau Pfarrerin ist oder nicht. Es ist ja oft ein ausufernder Beruf, mit einer Sieben-Tage-Woche, das muss man mittragen, aber das gilt natürlich auch für Frauen als Partner", sagt Albrecht Bühler. So beginne das gemeinsame Wochenende meist erst am Sonntagnachmittag. 

Mittwochs hätte sein Mann frei, er aber nur samstags und sonntags, sagt auch David James. "Natürlich gibt es Zeiten, wo ich hier abends allein sitze, weil er im Gespräch ist oder auf einem Termin." 

Beide Partner lesen schon einmal einen Predigttext gegen, Albrecht Bühler kocht öfters sonntags und zog, als die Kinder noch klein waren, viel mit ihnen am Wochenende los. David James schneidet Videos für den digitalen Auftritt der Gemeinde und hilft auch sonst, wo er kann. Beide bieten zu jeder Zeit emotionalen Halt, wenn ihren Partner:innen etwas beruflich unter die Haut gegangen ist.

Glaube ist die Basis

Beruf und Privatleben trennen ist für Pfarrerspaare nicht immer leicht: "Man sollte die Balance finden zwischen Beruf und Privat und eine Antwort auf die Frage: Wie will ich mich als Ehemann einbringen und wie viel werde ich sichtbar. Das muss man individuell entscheiden", erklärt Albrecht Bühler. Seine Aufgabe in der Kirche habe er mit dem Arbeitskreis der Pfarrmänner gefunden. Eigentlich, ergänzt er, sei etwas anderes noch wichtiger: Wenn man mit einer Pfarrerin verheiratet ist, dann ist das in der Regel so, dass man auch selber einen Bezug zum Glauben oder der Kirche hat. "Die Basis muss stimmen."

Das sieht auch David James so. "Wenn sich jemand in einen Pfarrer oder eine Pfarrerin verliebt, sollte es ein gemeinsames Fundament geben, das auf Glauben, Kirche oder Spiritualität beruht." Und es sollte geklärt sein, was einem selbst wichtig im Leben ist. Er habe vom ersten Treffen an gewusst, dass sein Mann ein gläubiger Mensch wie er selbst sei. "Das hat mich sehr beruhigt. Ich trage einen sehr starken Glauben in mir. Ich sage, ich glaube nicht an Gott. Ich weiß, Gott existiert. Und wer als Mensch so denkt wie ich, der muss gutherzig sein, ein Mann, der liebevoll mit anderen Menschen umgeht, vorurteilsfrei. Ein Pfarrer ist also für mich der ideale Partner."

Auch Albrecht Bühler hadert nicht mit seinem Leben als Pfarrmann und schätzt die besonderen Qualitäten seiner Frau: "Meine Frau ist Seelsorgerin und überall, wo wir waren, hat sie Menschen verbunden und wurde deshalb sehr geachtet."
Während sich bei Albrecht Bühler die Wertschätzung seiner Rolle in seiner Arbeit in der Initiative für Pfarrmänner spiegelt, bringt es David James so auf den Punkt: "Ich bin in erster Linie der Mann des Pfarrers und das Schönste daran ist, für die Leute da zu sein und ein Teil der Gemeinde zu sein."