"Kein Ei gleicht dem anderen"

Textildesignerin Orike Muth in ihrer Werkstatt
epd-bild/Jens Schulze
Zu Ostern gestaltet Textildesignerin Orike Muth bunte Deko-Eier in ihrer Werkstatt.
Textildesignerin in Aktion
"Kein Ei gleicht dem anderen"
Sie liebt das kreative Chaos und die Vielfalt ihrer Kunstwerke. Zu Ostern gestaltet die Textildesignerin Orike Muth bunte Deko-Eier in ihrer Werkstatt in Hannover. Vielfach druckt sie die Motive dafür selbst auf Japanpapier.

Orike Muth klebt hauchdünnes Japanpapier mit Kleister auf ein Ei. Der Tisch, an dem sie steht, ist voll mit bunten Bergen an Japan-, Geschenk- und Origamipapier, Luftschlangen und allerlei Utensilien wie Stanzen, Scheren und Kleber. Muth gestaltet eines von vielen bunten Ostereiern. Jedes sieht anders aus: "Kein Ei gleicht dem anderen", sagt sie lachend.

In der Hinterhofwerkstatt in Hannover-Linden bedrucken die studierte Textildesignerin und ihre Schwester Regine Dekorationsartikel mit Liebe zum Detail: Geschirrhandtücher und Topflappen aus alten Stoffen, hölzerne Tabletts, die mit bunt bedruckter ehemaliger Bundeswehrbettwäsche überzogen und dann lackiert worden sind. "Ich liebe Muster, Farben und Stoffe", erzählt die Frau mit den roten Haaren und der mintgrünen Brille.

Beim Kleben fällt ihr ein geweißtes Plastik-Ei aus der Hand. "Wunderbar, es geht nicht kaputt." Dies sei auch der Grund gewesen, keine echten, ausgepusteten Eier zu nehmen. Auf die Idee, Osterartikel zu gestalten, ist sie vor 20 Jahren nach der Geburt ihres Sohnes gekommen, wie sie erzählt. "Wenn du Kinder hast, fängst du an, das Osterfest wieder zu feiern und zu schmücken." Ein weiterer Anreiz sei die große Menge an Papierresten gewesen, die sich im Laufe der Jahre in der Werkstatt angesammelt haben.

Sammlerinnen warten schon auf die Kunstwerke

Anfangs sei sie dafür von Designkolleginnen belächelt worden. "Als ausgebildeter Designer soll man Großes erschaffen. Und sich mit kleinen Ostereiern zu beschäftigen, fanden manche banal." Doch die Kund:innen schätzten die Eier, erzählt Muth. Einige Sammlerinnen warteten schon auf die diesjährigen kleinen Kunstwerke.

Österliche Motive auf Japanpapier zieren die individuellen Eierkunstwerke.

Mit einer Schere schneidet die Künstlerin Motive aus dem Papier aus, zwischendurch nutzt sie die Stanze. "Ich liebe es zu kombinieren, weil ich mich nicht festlegen kann", sagt sie, während sie einen rosa Hasen neben eine grüne Blume klebt. Das leichte Chaos auf dem Arbeitstisch inspiriere sie. Denn sie arbeite intuitiv. "Wenn ich richtig im Flow bin, brauche ich gar nicht gezielt zu suchen." Bei Schwester Regine sei das anders. Die gelernte Bauzeichnerin legt sich die ausgeschnittenen Motive zurecht. "Meine Schwester räumt gerne auf und arbeitet lieber gezielt", erläutert Orike Muth.

Bedeutung christlicher Feiertage.

Überall in der Werkstatt gibt es etwas zu entdecken: Die fertigen Kunstwerke, die Näh-Ecke, die bunten Farbtöpfe und den sechseinhalb Meter langen Siebdrucktisch. Hier bedruckt Muth auch das weiße Japanpapier. Sie zieht den Schaber mit der blauen Farbe über das Sieb und bringt neue, eigene Motive auf das Papier: Osterlamm, Hase, Vogel, Maiglöckchen. Der mit Stoff überzogene Tisch ist übersät mit bunten Farben und Mustern und für die Designerin ein "Storyboard". "Dass der Tisch immer weiter zuwächst mit Farben und Zufälligkeiten, ist für mich eine Inspirationsquelle."

 

Die Freude an Textilien sei ihr in die Wiege gelegt worden. "Meine Mutter hat erzählt, dass ich immer von Kindergeburtstagen nach Hause gekommen bin und von den tollen Tischdecken erzählt habe." Was sie studieren wollte, wusste sie nach der Schule erst nicht, erzählt sie. Textildesign als Fach habe sie nicht gekannt, sondern nur Mode und Kunst. "Ich stand an einer Ampel und eine andere Frau hatte eine Mappe in der Hand, dann habe ich sie gefragt: Wofür bewirbst du dich?" Die Antwort sei Textildesign gewesen und da habe auch sie gewusst: "Das ist es!" Das Studium der Sozialwissenschaften brach sie ab.

Die fertig beklebten Eier hängen mittlerweile zum Trocknen an der Heizung oder der Wäscheleine. Zum Schluss werden sie mit zwei Lacken versiegelt. Regine Muth befestigt mit einer Heißklebepistole Bänder an den Eiern. "Und dann kommt noch das Blümchen dran", sagt sie. "Ja, dann kommt es in die Veredelung", stimmt Orike zu. "Wir dürfen das machen, was wir schön finden und das finden dann andere Menschen schön. Das ist schon ein großes Glück."

Mehr zum Thema: Kirche und Handwerk