TV-Tipp: "Tatort: Cash"

Fernseher vor gelbem Grund
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18. Februar, ARD, 20.15 Uhr:
TV-Tipp: "Tatort: Cash"
Kein anderer "Tatort" hat die persönlichen Schicksale der Team-Mitglieder von Anfang an so eng mit den Ermittlungen verknüpft wie die 2012 gestarteten Krimis aus Dortmund. Ein eindrucksvoll vielschichtiger und von Regisseur Sebastian Ko dicht umgesetzter Krimi. Handlungsauslöser ist der Mord an einem jungen Mitarbeiter des Wettlokal.

Das hatte auch mit der regen Fluktuation zu tun: "Cash" ist der 25. Film mit Jörg Hartmann als Hauptkommissar Peter Faber, aber er ist als einziger von der ursprünglichen Besetzung übrig geblieben. Mit Rick Okon, seit 2018 dabei, verlässt bereits der erste Nachfolger der Anfangsgeneration das Ensemble. Immerhin sind die Mitwirkenden nie sang- und klanglos ausgeschieden, die Abschiede haben immer die jeweiligen Geschichten geprägt, allen voran der tragische Tod von Martina Bönisch (Anna Schudt). 

Die wichtigsten Episoden hat stets Jürgen Werner geschrieben. Der Schöpfer des Teams hat sich auch für Jan Pawlak einen starken Abgang ausgedacht; "Cash" ist sein vierzehntes Drehbuch für den "Tatort" aus Dortmund. Für den jungen Kommissar war die Sorge um seine Familie oft wichtiger als die Ermittlungen. Als seine drogensüchtige Frau ins Gefängnis kam, hat er das Sorgerecht für die kleine Tochter an die Schwiegermutter verloren, die seither nichts unversucht lässt, um den Polizisten von ihrer Enkelin fernzuhalten; Treffen finden nur noch unter Aufsicht statt. Entsprechend kaputt wirkt der offenbar spielsüchtige Pawlak zu Beginn des Films.

Zu allem Überfluss hat er erhebliche Schulden bei einem Gangster, der die Wege der Mordkommission seit Jahren immer wieder mal kreuzt, weil er in Verbrechen aller Art verwickelt ist: Tarim Abakay (Adrian Can) betreibt unter anderem Wettbüros, die mutmaßlich der Geldwäsche dienen. Pawlaks Absturz kommt der in ihrem Ehrgeiz bestürzend skrupellosen Kollegin Ira Klasni? (Alessija Lause) gerade recht. Die beiden kennen sich von früher, als er noch als verdeckter Ermittler fürs LKA arbeitete. Die Kommissarin verspricht ihm, Staatsanwalt Matuschek (Moritz Führmann) werde dafür sorgen, dass er das alleinige Sorgerecht für seine Tochter bekommt. 

Das ist jedoch nur eine Ebene der eindrucksvoll vielschichtigen und von Regisseur Sebastian Ko entsprechend dicht umgesetzten Geschichte. Handlungsauslöser ist der Mord an einem jungen Mitarbeiter des Wettlokals, in dem auch Pawlak regelmäßig sein Geld verspielt. Geschickt integriert Werner die Ergebnisse der vor zehn Jahren aufgelösten "Soko Flankengott" (hier "Soko Strafraum"), die den Betrug durch Sportwetten recherchierte und im Detail belegen konnte, wie eine internationale Wettmafia agierte. Wie Werner diese Ebene mit Pawlaks Problemen kombiniert, ohne sich in Details zu verzetteln, und darüber hinaus noch der erschossenen Kollegin gedenken lässt, ist beeindruckend. Faber übernimmt derweil mit seiner unverwechselbaren Art die Befragungen des scheinbar unantastbaren Abakay; auch darstellerisch ein reizvolles Duell. In dieser Hinsicht ist "Cash" ohnehin sehenswert; gerade Sahin Eryilmaz ist als Geschäftsführer des Wettbüros, der mit Pawlak Freundschaft schließt, wie in allen seinen Rollen sehr präsent. 

Zwischendurch wird jedoch Rosa Herzog (Stephanie Reinsperger) zur Hauptfigur: Die designierte neue Leiterin der Mordkommission ist enttäuscht, dass sich Pawlak ihr nicht anvertraut, kommt mit dem eigenwilligen Faber, bis zu seiner Auszeit nach Bönischs Tod ihr Chef, jedoch erstaunlich gut klar. Es wird ohnehin einige Male recht emotional, und das nicht nur, weil Faber mit Haller (Tilman Strauß) einen neuen Erzfeind hat, schließlich macht er den Leiter der Kriminaltechnik für den Tod von Bönisch verantwortlich; angesichts der Provokationen des Kollegen kann er sich nur mit Mühe beherrschen. Immerhin hat er einen Weg gefunden, seine Aggressionen abzubauen. Als er der prompt begeisterten Rosa diese Methode empfiehlt, bei der ein Baseballschläger zum Einsatz kommt, nimmt der Film vorübergehend eine unerwartete Leichtigkeit an. Ihr gutes Verhältnis werden sie sich hoffentlich bewahren, denn es wird keinen Nachfolger für den jungen Kollegen geben; allerdings erleben die beiden im lakonisch-grimmigen Epilog eine böse Überraschung. 

Ganz vorzüglich ist auch die Bildgestaltung (Andreas Köhler). Besonders effektvoll sind drei Einstellungen, die das Ermittlungstrio jeweils als stilles Zentrum einer Zeitrafferumgebung zeigen. Sebastian Ko hat zuletzt unter anderem fürs ZDF einen ähnlich dicht erzählten "Ostfrieslandkrimi" ("Ostfriesensühne", 2022) und zuvor mit "Atemlos" (2020) einen herausragenden Thriller für die ZDF-Reihe "Helen Dorn" gedreht. Seine ersten und gleich bemerkenswerten Fernseharbeiten sind ebenfalls für den "Tatort" entstanden, allerdings mit dem Duo aus Köln.