Zwölf persönliche Gründe, in der Kirche zu sein

Anker, Kreuz und Herz aus Eisen an einem Tor
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Glauben
Zwölf persönliche Gründe, in der Kirche zu sein
"Wir wollen unsere Mitglieder mit guten Argumenten ausrüsten", sagen Menschen im evangelischen Kirchenbezirk Überlingen-Stockach. Sie haben zwölf Gründe formuliert, warum es sich lohnt, in der Kirche zu sein.

Früher war es selbstverständlich, in der Kirche zu sein. Menschen wurden nicht nach ihren Gründen gefragt, warum sie Mitglied einer evangelischen Landeskirche sind. Das ist heute anders, hat die evangelische Pfarrerin Regine Klusmann beobachtet. Als Dekanin des Kirchenbezirks Überlingen-Stockach (Bodenseekreis) stellt sie immer wieder fest, dass bei vielen Christ:innen Sprachlosigkeit herrscht, wenn sie vorwurfsvoll angegangen werden.

Ihnen fehlten Antworten auf Fragen wie diese: Warum sie noch immer Teil einer Gemeinde sind, warum sie gerne den Gottesdienst besuchen und deshalb auch widerspruchslos ihre Kirchensteuer bezahlen. Dieser Wehrlosigkeit will der Kirchenbezirk mit zwölf guten Gründen für einen Verbleib in der Kirche abhelfen. 

Ich bin in der Kirche, ...

1. ...weil Gott mein Hoffnungsanker ist. Ich hoffe auf Gott, der mit dieser Welt noch nicht fertig ist. Mit dieser Hoffnung lasse ich mich nicht von Angst lähmen. Gott verspricht Liebe, Frieden, Gerechtigkeit und ewiges Leben für uns alle.

2. ...weil ich hier ablegen kann. In den Wogen des Alltags kann ich mein Lebensboot ruhig schaukeln lassen. ich komme zur Ruhe, kann Gottes Gegenwart spüren und mit Gott reden.

3. ...weil ich hier festmachen kann. An wichtigen Stationen in meinem Leben, bei der Taufe, Konfirmation oder Heirat bekomme ich Gottes Segen zugesprochen. Die Sonn- und Feiertage geben mir Rhythmus und Tiefe: Weihnachten, Oster, Erntedank.

4. ... weil ich hier Koordinaten für mein Leben finde. Was Jesus gelebt und gesagt hat, bringt mich auf den Kurs von Friedfertigkeit, Mut zur Wahrheit, Liebe, Bewahrung der Schöpfung und Ehrfurcht vor dem Leben.

5. ...weil ich kommen kann, wie ich bin. Ich werde nicht be- oder verurteilt. ich bin angenommen als wertvoller Mensch mit meinen Gaben, Eigenheiten, Stärken und Schwächen.

6. ...weil niemand allein gelassen wird. In der Kirche setze ich mich mit anderen für die Schwachen und Benachteiligten ein - in meiner Nachbarschaft und der ganzen Welt.

7. ...weil ich hier einen Hafen habe. Gemeinschaft und Zuhause kann ich in der Kirchengemeinschaft finden. Menschen jeden Alters sind zusammen, sehen und hören einander, feiern und reden über Gott und die Welt.

8. ...weil Vergebung mein Rettungsring ist. Jesus zeigt, dass ich zu meinen Fehlern und Zweifeln stehen kann und anderen vergeben kann. Die Feier des Abendmahls und die Beichte befreien mich. Ich kann immer wieder neu anfangen.

9. ... weil ich hier eintauchen kann. In alter und neuer Musik, Gesang und in der Kunst kann ich mich tragen lassen. Da ist ein Schatz des Glaubens und der Hoffnung vieler Generationen geborgen.

10. ...weil ich Rückenwind bekomme. Gottes Liebe umgibt mich, trägt mich und erfüllt mich. In der Kirche wird mir das zugesprochen. Daraus wird Kraft, Mut und Hoffnung für meinen Alltag und für mein Leben. 

11. ...weil ich einen Kompass brauche. In evangelischen Kitas, im Reli-Unterricht, in Erwachsenen-Bildung, in Kreisen und in Predigten lerne ich die Bibel kritisch zu lesen und kann sie als Quelle des Glaubens entdecken.

12. ...weil ich in Stürmen des Lebens einen Halt finde. Wenn ich nicht mehr weiter weiß, haben Seelsorger:innen Zeit für mich. Was ich dort erzähle, bleibt dort. In der Trauer oder beim Verlust eines liebten Menschen sind andere für mich da.

Die Zahl Zwölf sei nicht zufällig gewählt, erläutert Dekanin Klusmann. Sie lehnt sich an die Zahl der Apostel oder der zwölf Stämme Israels in der Bibel an. An diesen wenigen Sätzen, die auch in Form eines Flyers verfügbar sind, arbeiteten mehrere Kirchengemeinden mit. Die Dekanin hat den rund einjährigen Prozess begleitet und moderiert. Ihr persönlich wichtigster Punkt ist übrigens der letzte: "Ich bin in der Kirche, weil ich in Stürmen des Lebens einen Halt finde."

Pfarrer Michael Schauber aus Owingen (Kreis Konstanz) war ebenfalls am Prozess beteiligt, und er hat ihn als gute und bereichernde Erfahrung erlebt. "Es ist keine Kampfschrift gegen Menschen, die sich bewusst und aus persönlichen Gründen von der Kirche abwenden", betont er. Die Verwendung des ein oder anderen nautischen Sprachbilds in den zwölf Leitsätzen zeige auch die Nähe zum Bodensee, so Schauber. Der Text, sagt er, "spiegelt Erfahrungen wider, die man auf dem Bodensee machen kann, zum Beispiel die stürmische See". Da sei es gut, wieder den sicheren Boden zu erreichen und festzumachen.