Nach den Angriffen auf mehrere Dörfer in Nigeria über die Weihnachtstage ist die Zahl der Toten auf 195 gestiegen. Das berichtete die nigerianische Zeitung "Vanguard" am Donnerstag unter Berufung auf lokale Behörden. Mehr als 10.000 Menschen wurden demnach durch die Überfälle auf die Gemeinden im Bundesstaat Plateau in Zentralnigeria vertrieben.
Lokalen Medien zufolge begannen die Angriffe am 23. Dezember und dauerten bis zum Morgen des ersten Weihnachtstages an. Zunächst gab es unterschiedliche Angaben zur Zahl der Toten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International ging davon aus, dass mindestens 140 Menschen getötet wurden.
Zu den anscheinend koordinierten Angriffen hat sich bisher keine Gruppe bekannt. Nigerianische Kirchenvertreter sprachen laut "Vanguard" von Angriffen auf mehrheitlich christliche Gemeinden. In dem Bundesstaat kommt es immer wieder zu gewaltsamen Konflikten zwischen christlichen Bauern und überwiegend muslimischen Viehhirten. Dabei geht es auch um den Zugang zu Wasser und Land. Nigerias Präsident Bola Tinubu hatte die Angriffe scharf verurteilt. In einer im Internetdienst X, ehemals Twitter, verbreiteten Erklärung kündigte er Hilfe für die Überlebenden an. Amnesty forderte eine unabhängige Untersuchung.
Die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bosse-Huber, äußerte sich bestürzt. "Das seit Jahren fortgesetzte Blutvergießen und das Leid der Menschen in Nigeria ist entsetzlich", erklärte Bosse-Huber und kritisierte die geringe Aufmerksamkeit für die Gewalt: "Nur manchmal schaffen es solche Nachrichten in unsere Aufmerksamkeit, aber noch viel öfter schaut in Deutschland oder Europa niemand hin."
Die größte Volkswirtschaft Afrikas hat mit bewaffneten Gangs und Terrorgruppen zu kämpfen. Viele der 200 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner leben in Armut. Im Norden Nigerias sind islamistische Gruppen aktiv. Präsident Tinubu hatte bei seiner Amtseinführung im Mai versprochen, das Thema Sicherheit anzugehen.