Staaten einigen sich auf Abkehr von fossiler Energie

Demonstrantin zeigt ein Schild mit der Aufschrift "end fossil fuels" (Ende der fossilen Brennstoffe) auf dem UN-Klimagipfel COP28
© Joshua A. Bickel/AP/dpa
Eine Demonstrantin in Dubai forderte mit einem Aufkleber das Ende der fossilen Brennstoffe auf dem UN-Klimagipfel COP28. Vereinbart wurde eine Abkehr von Gas, Kohle und Öl
Klimagipfel
Staaten einigen sich auf Abkehr von fossiler Energie
Der Klimagipfel in Dubai endet, wie er begonnen hat: mit einem Durchbruch. 24 Stunden nach dem offiziellen Ende einigen sich die Staaten auf die Abkehr von Öl, Gas und Kohle - ein Ausstieg wird aber nicht erwähnt. Dafür gibt es Kritik von Umweltschutzorganisationen.

Auf der UN-Klimakonferenz (COP28) in Dubai hat sich die Weltgemeinschaft auf eine Abkehr von Öl, Gas und Kohle geeinigt. In dem am Mittwochvormittag (Ortszeit) verabschiedeten Beschluss werden die Staaten zu einem Übergang weg von fossilen Brennstoffen in Energiesystemen aufgerufen. Ein Ausstieg ("phase out") wird aber nicht explizit erwähnt.

Im Plenarsaal Al Hairat begrüßten die Verhandlungsführer aus fast 200 Staaten den Beschluss mit Applaus. Konferenzpräsident Sultan al-Dschaber sprach von einer "historischen Errungenschaft". Zum ersten Mal gebe es in einer COP-Entscheidung Aussagen zu fossilen Brennstoffen.

In dem Beschluss wird der Übergang weg von fossilen Brennstoffen als eine von mehreren Maßnahmen genannt, um die Treibhausgasemissionen zu senken. Die Staaten sollen sich unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Umstände und Ansätze an den Schritten beteiligen. Die Formulierung bezieht sich auf fossile Brennstoffe in den "Energiesystemen" - dies könnte etwa den Transportsektor ausklammern.

Der Staaten werden auch dazu aufgerufen, die Kapazitäten erneuerbarer Energien bis 2030 zu verdreifachen. Die Energieeffizienz soll im gleichen Zeitraum verdoppelt werden. Gesondert genannt wird in dem Papier Kohle. Ihr Herunterfahren solle beschleunigt werden.

Option Atomenergie

Oxfam-Klimareferent Jan Kowalzig sagte, das Ergebnis der Konferenz sei "durchaus ein deutliches Signal der Weltgemeinschaft, mit dem die schrittweise Abkehr von den fossilen Energien eingeläutet wird". Zugleich sprach er von "ärgerlichen Abstrichen", etwa dass die Rolle von Erdgas als Übergangslösung betont werde. In der Reihe von Klimaschutzmaßnahmen wird in dem Beschluss auch auf den Ausbau von Technologien verwiesen, mit denen CO2 aus der Atmosphäre entzogen werden kann. An solchen Verfahren wird zwar geforscht, sie sind derzeit aber nicht in großem Umfang verfügbar. Als eine Option wird zudem die Atomenergie genannt.

Der Gipfel war wegen des Streits über den Abschied von Öl, Gas und Kohle in die Verlängerung gegangen. Ein erster von al-Dschaber vorgelegter Beschlussentwurf war am Montagabend scharf kritisiert worden. Darin war lediglich von der Reduktion von Produktion und Konsum fossiler Brennstoffe die Rede. Bis zum frühen Mittwochmorgen hatten die Delegierten um Kompromisse gerungen. Widerstand gegen einen Ausstieg kam unter anderem von Saudi-Arabien - wie der Gastgeber, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) - ein reicher Ölstaat.

Die Wende muss organisiert werden

Germanwatch zog ein überwiegend positives Fazit des zweiwöchigen Gipfels. "Erstmals fordert eine Weltklimakonferenz alle Staaten auf, die Wende weg von Kohle, Öl und Gas zu organisieren", sagte der Geschäftsführer der Umweltorganisation Christoph Bals. Nun müssten in den nächsten Jahren Kohle, Öl und Gas aber tatsächlich heruntergefahren werden. Der Beschluss zum sogenannten Global Stocktake soll die Grundlage für die nächste Runde der nationalen Klimaschutzbeiträge sein, die von den Staaten bis 2025 eingereicht werden müssen. Darin müssen sie darlegen, wie der Beschluss in ihre Pläne zur Einsparung von Treibhausgasemissionen eingeflossen ist.

"Die Zeit, unbegrenzt Öl ins Feuer zu gießen, ist vorbei"

Die Umweltorganisation WWF sprach von einer historischen Einigung: "Die Zeit, unbegrenzt Öl ins Feuer zu gießen, ist vorbei", sagte die Klimachefin beim WWF Deutschland, Viviane Raddatz. Erstmals sei das Kernproblem der Klimakrise benannt worden, nachdem Jahrzehnte lang auf dem internationalen Parkett darum herumgetänzelt worden sei. Der Beschluss gehe aber nicht weit genug, denn er lasse "gefährliche Ablenkungstaktiken zu sogenannten Brücken- und Niedrigemissionstechnologien zu".

Auch das Climate Action Network wertete das Ergebnis der Konferenz insgesamt als bedeutendes Signal. Der Beschluss weise den Weg in eine Welt ohne fossile Energien. Aber dieser Weg sei voller Schlaglöcher und möglicher gefährlicher Umwege, warnte Exekutivdirektorin Tasneem Essop.

Forscher: Probleme und Fortschritte durch Beschluss

Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat eine gemischte Bilanz der Weltklimakonferenz in Dubai gezogen. PIK-Direktor Johan Rockström erklärte am Mittwoch in Potsdam, der COP28-Abschluss werde die Welt zwar nicht in die Lage versetzen, die Erderwärmung wie angestrebt auf 1,5 Grad Celsius seit der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Das Ergebnis sei dennoch "ein entscheidender Meilenstein".

Am Anfang vom Ende

Der Beschluss mache allen Finanzinstituten, Unternehmen und Gesellschaften klar, dass die Welt nun endlich "am wahren 'Anfang vom Ende' der von fossilen Brennstoffen angetriebenen Weltwirtschaft" stehe, erklärte Rockström. Alle Akteure müssten nun entsprechend handeln und die in Dubai getroffene Vereinbarung zur globalen Bestandsaufnahme umsetzen. Dies bedeute eine rasche Abkehr von der Nutzung von Öl, Kohle und Gas, mit dem Ziel, die Emissionen bis 2030 um mehr als 40 Prozent zu senken und bis 2050 eine Netto-Null zu erreichen.

Rockström kritisierte zugleich, die Aussage zur Abkehr von fossilen Brennstoffen bleibe zu vage. Es gebe zudem keine harten und nachvollziehbaren Grenzen für 2030, 2040 und 2050 und keinen überzeugenden Plan, wie der Übergang weg von fossilen Brennstoffen erfolgen soll. Ko-Direktor Ottmar Edenhofer betonte, aus dem von allen Staaten akzeptierten Abschlussdokument der COP28 gehe klar hervor, dass es für die Weltwirtschaft "kein 'business as usual" mehr geben werde. "Jetzt geht es um das Ende des fossilen Zeitalters", erklärte er: "Das ist ein echter Fortschritt." Positiv seien auch die Aussagen zum Ausbau der erneuerbaren Energien.

Klimabewegung wird gestärkt

Die Hilfsorganistion Care erklärte, die Vereinbarung beinhalte Hoffnung für die Zukunft. Sie zeige aber zu wenige konkrete Maßnahmen auf, wie die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzt werden soll. Der Chef von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser, unterstrich, dass der Auftrag zum Ausstieg aus den Fossilen "verbindlicher und ohne Schlupflöcher" hätte sein müssen. Aber durch die klare Bindung an das Ziel des Pariser Klimavertrags, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, sei die Vereinbarung "gut genug, um die Klimabewegungen weltweit zu stärken".

Bereits zu Beginn der Klimakonferenz am 30. November hatten sich die Staaten auf einen Fonds geeinigt, der arme Länder bei klimabedingten Katastrophen wie Stürmen oder Dürren unterstützen soll. Die Klimaexpertin von "Brot für die Welt", Sabine Minninger, kritisierte, dass Industrieländer und Schwellenländer mit hohen Treibhausgasemissionen sich nicht für die Auffüllung des Fonds verpflichtet hätten. Den ärmsten und verletzlichen Staaten fehle es damit "an Sicherheiten, mit der Klimakrise umzugehen".

Im kommenden Jahr wird die UN-Klimakonferenz von Aserbaidschan ausgerichtet, einem Ölexporteur wie die Vereinigten Arabischen Emirate.