TV-Tipp: "Polizeiruf 110: Kopflos in Cottbus" 

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12. November, ARD, 20:15 Uhr
TV-Tipp: "Polizeiruf 110: Kopflos in Cottbus" 
Beim "Tatort" ermitteln einige Teams bereits im dritten Jahrzehnt, beim "Polizeiruf" herrscht hingegen ein munteres Kommen und Gehen. Gerade in Brandenburg konnten Krimifans zuletzt den Überblick verlieren: Als Olga Lenski den Dienst quittierte, ermittelte Adam Raczek zunächst allein, bevor er sich mit seinem neuen Partner Vincent Ross zusammenraufen musste.

Mittlerweile ist auch Raczek Geschichte, dafür musste Ross (André Kaczmarczyk) mit einem ruppigen Landpolizisten klarkommen. Die beiden passen überhaupt nicht zusammen, der deutlich ältere Karl Rogov (Frank Leo Schröder) ist das denkbare Gegenstück zum stets geschminkten, ungewöhnlich gekleideten und zudem genderbewussten Hauptkommissar; keine gute Voraussetzung für eine funktionierende Zusammenarbeit, aber viel Potenzial für unterhaltsame Szenen. 

Fehlt nur noch eine Frau, und fertig ist das neue Trio vom deutsch-polnischen Kommissariat in ?wiecko. Fündig wurde der RBB im eigenen "Polizeiruf"-Archiv: Bei seinem Solo "Hermann" (2021), einem sehenswerten Krimidrama über Wiedergutmachung und Entschädigung, hat Raczek in Cottbus ermittelt. Seine Partnerin vor Ort war die patente Kollegin Alexandra Luschke, und es war höchst bedauerlich, dass Gisa Flakes Mitwirkung ein einmaliges Gastspiel bleiben würde. So gesehen traf es sich ganz gut, dass auch Lucas Gregorowicz den "Polizeiruf" verlassen hat, denn im fünfzehnten Fall für das Team aus dem Grenzgebiet darf nun Ross nach Cottbus reisen. Die Kombination erweist sich auch darstellerisch als Volltreffer, zumal Gisa Flake ohnehin eine ausgezeichnete Spielpartnerin ist: Sie verkörpert gern charakterstarke Frauen und tut viel dafür, Klischees zu entkräften, drängelt sich aber nie in den Vordergrund. 

Die "Theatrografie" von André Kaczmarczyk wiederum ist nach wie vor deutlich umfangreicher als die Liste seiner Film- und Fernsehrollen, er bringt also keinerlei filmografische Vorbelastung mit und kann seine Rolle entsprechend unbeschwert ausleben, ganz anders als zum Beispiel Andreas Döhler, der in "Kopflos in Cottbus" den düsteren Gegenspieler von Ross verkörpert: Der Pole Jurek Bukol ist unter ungeklärten Umständen bei einem Brand in seiner Werkstatt ums Leben gekommen; deshalb soll Ross die Ermittlungen unterstützen. Rasch zeigt sich, dass Luschkes Chef Oelßner (Döhler) darüber höchst unerfreut ist. Zunächst wirkt er bloß inkompetent, aber dann fragt sich Ross, ob die wiederholte Versuche des Kollegen, die Ermittlungen zu verschleppen, womöglich ganz andere Gründe haben.

Mindestens ebenso interessant ist der karnevalistische Hintergrund der Geschichte (Buch: Axel Hildebrand und Mike Bäuml). Bukol, der keineswegs einem Herzinfarkt erlegen ist, wie Oelßner versichert, hat seine Existenzgrundlage verloren, als er zwei Jahre zuvor am Umzugstag mit seinem Getränkestand einen Rettungsweg blockierte; eine alte Frau ist damals an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben, weil der Rettungswagen einen Umweg fahren musste.

Der Vorfall hat den Mann komplett aus der Bahn geworfen, seither galt er als Wutbürger, der mit allen und jedem Streit hatte; selbst seine Angehörigen finden kaum gute Worte über ihn. Geradezu verfeindet war Jurek allerdings mit dem wichtigsten Mann (Christoph Bach) im Cottbuser Karneval. Anlass eines kürzlich ausgefochtenen heftigen Streits war der Motivwagen, an dem der Pole gearbeitet hat. 

Wie stets, wenn sich ein Sonntagskrimi mit Fasching oder Fasnacht befasst, geht es überwiegend wenig lustig zu, und das nicht nur, weil bei Mord der Spaß aufhört: Hinter den Kulissen des organisierten Frohsinns wird mit harten Bandagen gekämpft. Hinzu kommt, dass Ross im Unterschied zur Kollegin Luschke mit der vom Kalender vorgegeben Heiterkeit nicht viel anfangen kann, was selbstredend zu einigen witzigen Momenten führt. Frohnatur Luschke wäre dagegen gern bereit, sich gemeinsam mit den Mitgliedern ihrer Showtanztruppe im hautengen Glitzerfummel kopfüber ins Getümmel zu stürzen, aber dauernd kommt was dazwischen. 

Die solide Inszenierung (Christoph Schnee) ist zwar längst nicht so originell wie das Drehbuch, doch das Ensemble ist dafür umso besser, zumal es immer wieder zu kleinen Scharmützeln am Rande kommt; gerade der mit einem eigenwilligen Humor ausgestattete Rechtsmediziner Kaminski (Tomek Nowicki) hat vermutlich längst eine eigene Fangruppe. Diesmal verblüfft er das Team mit einer forensischen Software: Die Rekonstruktion des verbrannten Motivwagens offenbart ein Komplott, in das nahezu alle Beteiligten verwickelt sind.