Zweifelsfrei wird dagegen schon beim Auftakt deutlich, dass der als Unfall eingestufte Vorfall auf einem Parkdeck ein lupenreiner Mord war. "Ich bringe sie um… Morgen bringe ich sie um", murmelt Ehemann Hermann in dem legendären Loriot-Zeichentricksketch "Das Frühstücksei".
Vermutlich hat sich Siegfried Schön (Alter Hess), offenbar ein Bruder im Geiste, diesen Satz gleichfalls schon des Öfteren gedacht, aber an diesem Tag setzt er ihn auch um und bereitet dem Zetern der Gattin für immer ein Ende. Für Kriminaloberrat Zangel (Christoph Süß), der Schön persönlich kennt und schätzt, ist der Fall gar keiner, weshalb seine Kellerkinder die Sache zu einem raschen Ende bringen sollen; alles bloß eine Formsache. Weil das Trio rund um Ludwig Schaller (Alexander Held) dabei gründlicher vorgeht, als dem Vorgesetzten lieb ist, zeigt sich rasch, dass das Unglück vorsätzlich herbeigeführt worden sein muss. Außerdem ist Schön keineswegs, wie es heißt, nach einem Schlaganfall kaum noch ansprechbar. Als der vermögende Verleger bei einem Treppensturz ums Leben kommt, hat sich der Fall allem Anschein nach jedoch erledigt, denn gegen Tote darf nicht ermittelt werden. Schaller ist erneut skeptisch, zumal kurz drauf auch noch Schöns Haushälterin durch einen Stromschlag in der Badewanne stirbt; drei Unglücksfälle im selben Umfeld sind mindestens einer zu viel.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Das Drehbuch stammt von Matthias Kiefersauer und Alexander Liegl, die bereits die vorzügliche siebte "München Mord"-Episode "Die ganze Stadt ein Depp" (2018) geschrieben haben. Der Film zeichnete sich durch schräge Dialoge und hintergründige Situationskomik aus; die Inszenierung besorgte damals Sascha Bigler. Dass "Der gute Mann vom Herzogpark" (Episode Nummer siebzehn) nicht an diese Qualität heranreicht, liegt vor allem an der Regie: Die Umsetzung durch Maris Pfeiffer ist im routinierten Sinn solide, aber konventionell; die Bildgestaltung zum Beispiel lässt jede Raffinesse vermissen. Das ist schade, weil die Geschichte mit ihren unerwarteten Wendungen ziemlich pfiffig ist, selbst wenn die Handlung letztlich vom zentralen Trio lebt. Geschickt nutzen die Autoren die jeweiligen Eigenarten, um den Fall voranzutreiben. Schaller zum Beispiel versetzt sich bei der Rekonstruktion des Parkhausvorfalls derart konsequent in den alten Schön, dass seine Mitarbeiterin Angelika Flierl (Bernadette Heerwagen) als Double des Opfers prompt um ihr Leben fürchtet.
Die Kriminaloberkommissarin wiederum lebt ihr musikalisches Talent diesmal bei einem Chor aus und stellt zu ihrer Überraschung fest, dass ein Mitglied in ganz erheblichem Maß von Schöns Ableben profitiert: Olivia (Kathrin von Steinburg) leitet eine Organisation für Flüchtlingshilfe und weiß gar nicht, wohin mit ihrer Freude, als sie erfährt, dass der alte Grantler, dem niemand eine Träne nachweint, sein gesamtes Vermögen ihrem "Münchner Hafen" vermacht hat. Die Großzügigkeit steht allerdings in krassem Widerspruch zu seinem bisherigen Wirken: Der "Menschenfreund" hat in seinem Verlag einige rechtsextremistische Werke verlegt, deren Autoren vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Leidtragende des unerwarteten Erbes ist eine seiner beiden Haushälterinnen: Natascha (Jana Julia Roth) sollte für ihre unorthodoxe Erhöhung der Pflegestufe im Testament bedacht werden, aber auch das hat sich durch ihren vermeintlichen Wannensuizid nun erledigt.
Das eine oder andere Handlungsdetail wird allzu früh verraten, was der Ermittlungsebene ein wenig von ihrer Spannung nimmt, und mindestens eine Figur ist etwas eindimensional geraten, sodass Krimifans von der Auflösung längst nicht so überrascht sein werden wie das Trio von der Mordkommission, aber es ist wie stets eine große Freude, Alexander Held, Bernadette Heerwagen und Michael Mittermeier zuzuschauen. Der sexuell umtriebige Neuhauser stolpert wieder mal über seine Libido, als sich rausstellt, dass es sich bei der zuständigen Mitarbeiterin (Laura Cuenca Serrano) des Nachlassgerichts um eine vorübergehende und recht unhöflich sitzengelassene Bettbekanntschaft handelt. Pfeiffers Arbeit mit dem Ensemble ist ohnehin sehenswert. Die Szenen mit Neuhausers auf Revanche sinnenden Kurzzeitgefährtin sind ebenso gelungen wie die Auftritte von Fräulein Flierl mit dem Chor, dessen Darbietung von Peter Schillings Klassiker "Major Tom" sehr beeindruckend ist.