Luther literarisch auf der Spur

Martin Luther
© epd-bild / Jens Schlüter
Die Empfehlungen des Evangelischen Literaturportals (Eliport) widmen sich diesmal dem Reformator Martin Luther.
Buchtipps zur Reformation
Luther literarisch auf der Spur
Am 31. Oktober ist Reformationstag. Wer diesen (in manchen Bundesländern freien) Tag nutzen und sich mit der Reformation und ihren Konsequenzen und mit der Person Martin Luthers auseinandersetzen möchte, dem empfiehlt das Evangelische Literaturportal heute einige Titel zum Thema – vom informativen Sachbuch für Kinder zum unterhaltsamen Roman für Erwachsene. 

Einige der Titel sind jedoch nicht mehr über den regulären Buchhandel erhältlich, also nutzen Sie vielleicht ihre örtliche Bücherei oder das nahegelegene Antiquariat.

Geheimversteck Wartburg

Zwei Kinder machen auf der Wartburg eine Zeitreise in die Vergangenheit und kommen Martin Luther auf die Spur.

Endlich Ferien! Zur Feier des Tages unternehmen Jan und Mila mit den Eltern einen Ausflug zur Wartburg. Dort angekommen entdecken die Kinder geheimnisvolle Burggänge, die sie neugierig auf eigene Faust erkunden. Hinter jeder Tür, die sie öffnen, erwartet sie die Vergangenheit zur Zeit Martin Luthers. Nach und nach schlagen sie so ein immer weiteres Kapitel in Luthers Leben auf: Kindheit und Schulzeit, Universität, Kloster, Priester, Professor, Thesenverbreitung, Worms, Wartburg, Bibelübersetzung, Heirat, Bauernkriege - alle diese Stationen werden spannend und kindgerecht, lebhaft und mit vielen interessanten Details / Anekdoten erzählt. Witzige doppelseitige Zeichnungen von Evi Gasser geben nach jedem Kapitel eine pointierte, anschauliche und mit lustigen Kommentaren versehene Zusammenfassung des gerade Gelesenen. Eine Landkarte im Buchdeckel mit Luthers wichtigsten Wegstationen und ein Ausblick (500 Jahre danach- was bleibt?) runden das positive Gesamtbild ab. Ein lehrreiches, informatives, kurzweiliges Lutherbuch für Kinder ab 8 (und neugierige Erwachsene).        Petra Schulte 

Kunter, Katharina: Geheimversteck Wartburg. Jan und Mila auf den Spuren Martin Luthers. Ill. von Evi Gasser. Stuttgart: Gabriel 2017. 61 S.

 

Der rebellische Mönch, die entlaufene Nonne und der größte Bestseller aller Zeiten

Eine Lutherbiographie für kritische Zeitgenossen.

Christian Nürnberger fragt, wie aus dem einfachen Bergmannssohn der "Kerl" werden konnte, der Papst und Kaiser trotzte und die Kirche ins Wanken brachte. In seinem für ihn typischen Stil zeichnet er Luthers Weg nach, teils humorvoll, teils kritisch, flott und phantasievoll erzählend. Dabei leiten ihn zwei Motive: Er möchte auch denen, die nicht viel über Luther wissen und von anderen Fragen umgetrieben werden als von der Frage nach einem gnädigen Gott, Luthers Beweggründe transparent machen. Zugleich fragt er immer wieder, welche Konsequenzen die zentralen Einsichten Luthers, die damals Kirche und Reich erschütterten, nach 500 Jahren immer noch für den Einzelnen, für die Gesellschaft und die Kirchen haben können und sollten. Die Kapitel sind unterschiedlich intensiv gelungen. Besonders eindrucksvoll sind dabei die ersten sowie das Kapitel über Katharina von Bora. Das gut lesbare Buch ist eine hilfreiche Lektüre für jugendliche und erwachsene Leser:innen.    Karl Foitzik 

Nürnberger, Christian: Der rebellische Mönch, die entlaufene Nonne und der größte Bestseller aller Zeiten. Martin Luther. Christian Nürnberger mit Petra Gerster. Ill. von Irmela Schautz. Stuttgart: Gabriel 2016. 208 S.

 

Als Luther vom Kirschbaum fiel und in der Gegenwart landete

Martin Luther wird aus dem Jahr 1545 in das Jahr 2017 versetzt und wundert sich über das Leben und seine Kirche.

Eigentlich sollte Luther auf Drängen von Frau Käthe nur ein paar Kirschen pflücken. Da versetzt ihn ein Blitzschlag in das Jahr 2017. Ein gerade frisch in den Ruhestand versetzter Pfarrer, dem sein Glaube in der langen Dienstzeit abhanden gekommen ist, nimmt sich des seltsamen Mannes an und erkennt seine Identität. Dritte im Bund ist eine junge Studentin der evangelischen Theologie, die Jüdin ist und sich hartnäckig an die Fersen der beiden Männer heftet. Eine spannende Ausgangskonstellation, die Raum gibt für theologische Fragen über den Glauben an sich, die Einstellung Luthers zu den Juden und Muslimen, seine Zwei-Reiche-Lehre, zu Fragen der Trinität. Zwischendrin gibt es reichlich Gelegenheit für Situationskomik und Slapstick-Elemente, denn Luther entkommt seinen Betreuern und erkundet auf eigene Faust in einer dem Luther-Deutsch angenäherten Sprache  die neue "selbstbewegte Zeit". Und auf dem Theologenkonvent in Wittenberg sagt er den heutigen Pfarrern deutlich seine Meinung. Ein leicht zu lesendes Buch, das theologischen Laien unterhaltsam einen Zugang zum Denken des Reformators eröffnen kann.    Heidrun Martini 

Gralle, Albrecht: Als Luther vom Kirschbaum fiel und in der Gegenwart landete. Roman. Moers: Brendow 2015. 232 S.

 

Im Leben war ich Eure Plage

Lyndal Roper setzt sich mit den wenig angenehmen Seiten der Person Luthers und seines Erbes auseinander, mit seiner Körperlichkeit und Männlichkeit.

Roper schätzt Luthers antiautoritäre, kritische, argumentative, diskursive Art. Aber sie sieht auch seine habituelle Aggression und massive physische Präsenz. Beide Motive untersucht sie in sieben Kapiteln: Cranach schafft das wieder erkennbare Luther-Bild, das bis heute unsere Vorstellungen von Luther bestimmt – Träume, von denen Luther nichts hielt,  spielen auch in Luthers Leben und der Reformationsgeschichte eine Rolle – Luther vernichtet im literarischen Federkampf seine Gegner, Widerstandsfähigkeit ist für Luther Männlichkeit  – Namen bezeichnen physische Individuen (Luther als der Freie!) und Gruppen – das titelgebende Fluchtmotiv zielt auf physische Auslöschung des Papstes – Ebenen von Luthers Antisemitismus – Lutherkitsch 2017 als ironisch gebrochene  Repräsentanz des Reformators. Verständlich, anschaulich, mit 60 Seiten Anmerkungen und Belegen argumentiert Roper in feinem angelsächsischen Stil. Zu Lutherbildnissen und zu seinem Antisemitismus gibt es herausragende Einzeluntersuchungen. Bekanntes versteht und ordnet sie in den Rahmen der physischen Präsenz Luthers ein. Dieses kritische Buch hält die Auseinandersetzung mit Luther für wichtig – in einer Zeit, in der Menschen aus Gleichgültigkeit von der Kirche abwenden.     Martin Schulz 

Roper, Lyndal: Im Leben war ich Eure Plage. Luthers Welt und sein Vermächtnis. Dt. von Karin Wördemann. Stuttgart: Klett-Cotta 2022. 407 S. : Ill.

 

Auf zur Reformation

Ein schönes kleines Büchlein, das die bedeutendsten Reformatorinnen anschaulich, kurzweilig und fachkundig vorstellt.

Die Reformation ist unlösbar mit der Entwicklung der Rolle der Frau verbunden, so dass Margot Käßmann mit den Worten zitiert wird: "Die Beteiligung der Frauen ist nicht ein Seitenthema der Reformation, sondern sie steht exemplarisch für ihre Inhalte" (S.19). Dieser Bedeutung der Frauen geht das Buch nach. Es porträtiert bekannte Weggefährtinnen der Reformation ebenso wie weniger bekannte, deren Entdeckung lohnend und überraschend ist. Immer wieder ist feststellbar, dass Bildung und Stand entscheidende Kriterien für mutiges oder gelehrtes Auftreten waren. Besonders die Rolle der Klöster kann nicht unterschätzt werden. Aber auch einige Elternhäuser hatten offenbar schon den Mut, auch die Töchter gründlich bilden zu lassen. Bei ausreichender Bildung fiel der reformatorische Gedanke oft auf fruchtbaren Boden. Manche der vorgestellten Frauen lebten ehelos und in großer Freiheit und Selbststimmung. Frauengeschichte ist Lebensgeschichte.    Christiane Thiel 

Auf zur Reformation. Selbstbewusst, mutig, fromm - Frauen gestalten Veränderung. Hg. von Eva-Maria Bachteler u. Petra Ziegler. Mit Beiträgen von Uwe Birnstein, Sylvia Weigelt u.a. Stuttgart: Ed. Evang. Gemeindeblatt 2016. 168 S. : Ill.