Nach Angaben der Veranstalter waren 25.000 Menschen zur Kundgebung nach Berlin gekommen. Die Polizei sprach von geschätzten 10.000 Teilnehmern. Mit Blick auf den Terrorangriff der Hamas sprach Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier von einem Tag, an dem das Grauen in das Leben der Menschen in Israel einbrach. Noch nie seit dem Ende der Schoah seien so viele Jüdinnen und Juden ermordet worden.
"Den Terroristen, die die Geiseln als Schutzschild missbrauchen, rufe ich zu: Die ganze Welt schaut auf dieses Verbrechen! Beenden Sie die Barbarei! Lassen Sie die Unschuldigen frei", appellierte der Bundespräsident. Der Terror der Hamas richte sich gegen Jüdinnen und Juden in Israel, aber er treffe auch Menschen im Gaza-Streifen.
"Antisemitismus ist Gotteslästerung! Es gibt keine Rechtfertigung für Judenhass", sagte die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus laut Vorabmeldung in ihrem Redebeitrag. Und auch jeder Versuch, "das Massaker vom 7. Oktober zu relativieren", sei Antisemitismus. "Was ich sehe, zerreißt mir das Herz", so Kurschus. "Wir sind solidarisch mit Euch, den Jüdinnen und Juden hier in Deutschland. Die evangelische Kirche steht an Eurer Seite."
Antisemitismus komme aus der christlichen Geschichte. "Antisemiten sind auch unter unseren Kirchenmitgliedern", räumte Kurschus ein. Das sei freilich nicht gottgegeben oder schicksalhaft sondern lasse sich verändern "Wir werden weiter dagegen arbeiten. Unbedingt."
Kampf auch gegen Terror-Unterstützer
An die Angehörigen der bei dem Terrorangriff Verschleppten gerichtet sagte Steinmeier: "Wir leiden, wir beten, wir flehen mit Euch. Und wir wollen tun, was in unserer Macht steht, damit Ihre Angehörigen so schnell wie möglich freikommen."
Ein breites Bündnis aus Initiativen, Parteien, Kirchen, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und dem Zentralrat der Juden hatte zu der Solidaritätskundgebung aufgerufen. Sie stand unter dem Motto "Gegen Terror und Antisemitismus - Solidarität mit Israel!". In dem Aufruf dazu hieß es, "wir stellen uns an die Seite der Menschen in Israel und aller weiteren Opfer der Hamas und wollen ihnen unser Mitgefühl und unsere uneingeschränkte Solidarität ausdrücken".
Der israelische Botschafter Ron Prosor betonte, zu dem Kampf gegen die Terrororganisation gehöre auch der Kampf gegen ihre Unterstützer. Parolen wie "Tod den Juden" dürften auf den Straßen Deutschlands nicht geduldet werden. Er forderte "null Toleranz für jede Form von Antisemitismus".
Bei der Kundgebung bat eine junge israelische Frau die Anwesenden, mit ihr ein Geburtstagslied für ihre verschleppte Schwester zu singen: "85 Jahre, nach dem meine Großmutter aus Deutschland geflohen ist, bitte ich Sie um ihre Hilfe." Ein junger Mann beschrieb seine Hilflosigkeit nach der Verschleppung seiner Frau und seiner beiden drei und fünf Jahre alten Töchter. "Haltet durch, euer Vater liebt euch, umarmt einander, unsere Liebe wird gewinnen", rief er ihnen von der Kundgebung aus zu.