Nach dem Tauffrühstück zum "Hangover"

Lebkuchenherz
© Felix Hörhager/dpa
Beim traditionellen Gottesdienst für die Schausteller und Wiesn-Wirte auf dem Oktoberfest gibt auch eine evangelische Taufe.
Taufe auf Oktoberfest
Nach dem Tauffrühstück zum "Hangover"
Beim traditionellen Gottesdienst für die Schausteller und Wiesn-Wirte am Donnerstag (21.9.) gibt es eine evangelische Taufe. Victoria Schneider und Philipp Frank, vom Freifallturm "Hangover" auf dem Oktoberfest, lassen ihren 14 Monate alten Sohn William vom evangelischen Schausteller-Pfarrer Torsten Heinrich im Marstall-Festzelt taufen.

epd: Frau Schneider, wie viele Monate im Jahr sind Sie mit dem "Hangover" auf Tour?

Victoria Schneider: Los geht es Anfang April, und in die Halle geht es für den Turm erst Anfang Januar, nach dem Londoner Weihnachtsmarkt. Den macht mein Bruder aber mittlerweile allein, ich bin in der Zwischenzeit mit unserer Gastronomie auf dem Weihnachtsmarkt in Bielefeld. Die restlichen Monate verbringen wir in München, wo ich eine Wohnung habe.

Treffen Sie unterwegs immer wieder die gleichen Schausteller-Kollegen?

Schneider: Na klar, Schausteller leben mit Schaustellern. Natürlich haben wir ganz viel Kontakt zu den Besuchern, aber das sind ja nur kurze Gespräche. Aber wenn man ein paar Wochen auf einem Fleck steht, begrüßt man natürlich seine Nachbarn. Man besucht sich und manchmal unternehmen wir auch gemeinsame Ausflüge, wenn es mal zwei Tage Pause gibt, bevor ein Jahrmarkt öffnet. Übrigens sind auch die Paare immer nur Schausteller. Denn wo lernt man sich kennen? Auf der Arbeit! Es gibt bei uns viele Familien mit Kindern und deshalb wird - wie auf der Wiesn - auch oft ein extra Kindergarten eingerichtet. Den organisiert meistens eine der Mütter. Außer in Stuttgart: Da bieten das die Nonnen an.

Jetzt haben Sie selbst ein Kind - wie ist das denn mit Blick auf Schule? Lässt sich das gut vereinbaren?

Schneider: Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Ich selbst war zum Beispiel ab der ersten Klasse auf einem Internat speziell für Schaustellerkinder, das es leider nicht mehr gibt. Für mich war das das Richtige; ich habe auch studiert und einen Master in Produktmanagement gemacht. Das ist aber eher selten. Mein Mann zum Beispiel hat auch während des Jahres die Schule gewechselt, aber nicht so oft, weil die Familie eher im näheren Umkreis gestanden ist. Auch das hat gut geklappt. Aber wer weiß, vielleicht gibt es in fünf Jahren ja auch schon gute Online-Kurse, mit denen das geht. Bei den Kindern im australischen Outback klappt es ja auch.

"Es gibt bei uns viele Familien mit Kindern und deshalb wird - wie auf der Wiesn - auch oft ein extra Kindergarten eingerichtet"

Ist das Angebot der Schausteller-Seelsorge für Sie wichtig?

Schneider: Ja, das finde ich wichtig. Es hilft sehr, wenn da jemand ist, der weiß, wie Schausteller leben und der versteht, was wir brauchen. Bei der Taufe jetzt musste ich zum Beispiel nur anrufen, und dann wusste der Pfarrer schon Bescheid. Sonst dauert es immer lang, bis ich erst erklärt habe, warum wir nicht an einem Ort bleiben können und so weiter. Das war bei meiner Konfirmation schwieriger - am klassischen Konfi-Unterricht konnte ich ja nicht teilnehmen. Die Schausteller-Pfarrer hingegen wissen Bescheid, egal ob Taufe, Hochzeit oder Beerdigung, da muss man nichts erklären.

Haben Sie denn nach der Taufe am Donnerstag Zeit für die klassische Tauffeier mit der Familie?

Schneider: Naja, die meisten müssen dann ihre Geschäfte öffnen. Aber wir machen das Beste daraus: Nach dem Gottesdienst bleiben wir einfach im Zelt und frühstücken mit allen, die da sind.