TV-Tipp: "Ist die Rente noch sicher?"

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29. August, Arte, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Ist die Rente noch sicher?"
Wer heute jung ist, muss damit rechnen, sich weniger leisten zu können als die Eltern. Die Dokumentation beschäftigt sich mit drohender Altersarmut und wie Deutschlands Nachbarländer mit dem Problem umgehen.

Der Erfolg des westdeutschen Wirtschaftsmodells basierte unter anderem auf dem Versprechen, dass es die nächste Generation einmal besser haben werde. "Noch besser" müsste es genau genommen heißen, denn nach dem Zweiten Weltkrieg ging es von vorübergehenden Abschwüngen abgesehen stetig aufwärts.

Diese Zeiten scheinen vorbei zu sein: Wer heute jung ist, muss damit rechnen, sich weniger leisten zu können als die Eltern. Neben der Klimakrise ist dies ein weiteres Erbe, auf das die Generation Z gern verzichtet hätte. Junge Menschen, die zwischen 1997 und 2012 geboren wurden, sehen sich auf diese Weise mit einer Aufgabe konfrontiert, die sich mit der Mahnung "Heute schon an morgen denken" umschreiben ließe: Die meisten haben noch keine berufliche Erfahrung, sollen sich aber bereits Gedanken über ihre Altersvorsorge machen. 

Wie das aussehen könnte, schildern Sabine Jainski und Ilona Kalmbach in einer neunzigminütigen Dokumentation, deren Titel "Ist die Rente noch sicher?" sich auf eine 1986 gestartete Kampagne von Norbert Blüm bezieht. Wer alt genug ist, hat noch die in sympathischem Hessisch vorgetragene Zusicherung des damaligen Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung im Ohr: "Die Renten sind sicher!". Das klang allerdings schon damals eher wie eine Beschwörung.

Heute haben sich die Rahmenbedingungen komplett geändert: Der demografische Wandel wird zur Folge haben, dass die Ausgaben der europäischen Rentenkassen deutlich höher sein werden als die Einnahmen. "Spare in der Zeit, so hast du immer Not", verballhornte die Jugend einst die elterliche Aufforderung, regelmäßig was beiseite zu legen. Mit Hilfe des 19-Jährigen Moritz, der unter anderem Rat in einer Verbraucherzentrale sucht, zeigen die Autorinnen, dass es tatsächlich nicht schaden kann, spätestens mit Beginn der Ausbildung einen Sparplan zu starten; selbst wenn man anfangs nur 25 Euro pro Monat einzahlen kann. 

Ein wichtiges Thema des Films ist die drohende Altersarmut, von der vor allem Frauen betroffen sind; diese Tendenz wird sich in Zukunft, wenn sich nichts ändert, eher noch verstärken. Am Beispiel der 32-jährigen Estelle aus Marseille zeigen Jainski und Kalmbach, wie das Problem in Frankreich angegangen wird: Dort gehen Mütter nach der Geburt ihrer Kinder viel früher wieder arbeiten als hierzulande (im Schnitt bereits nach drei Monaten), was aber nur mit Hilfe der Großeltern klappt.

Darin sehen die befragten Wirtschaftsweisen auch für Deutschland einen Ausweg aus der Misere: Je mehr Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, desto voller sind die Rentenkassen. Viele deutsche Mütter arbeiten jedoch nur als Teilzeitkräfte; da liegt also ein großes Potenzial brach. Andererseits wissen junge Eltern nur allzu gut, wie schwer es ist, einen Kita-Platz zu bekommen; dieses Dilemma muss dringend gelöst werden.  

Vermutlich hätte es genügt, wenn sich die Autorinnen auf die aktuellen Probleme konzentriert und die vorgestellten Fälle um Äußerungen von Sachverständigen ergänzt hätten. Deren Ausführungen sind ohnehin hochkomplex und entsprechend anspruchsvoll. Der Film referiert aber auch noch die deutsche Rentengeschichte und besteht zudem durchgehend aus gesprochenem Text. Die Bebilderung erscheint oftmals eher notdürftig; es ist immer ein Verlegenheitszeichen, wenn solche Sendungen Menschen beim Kochen zeigen, um wenigstens ein wenig Dynamik zu vermitteln.

Immerhin sorgen kleine Animationsstücke im Bilderbuchstil für etwas Auflockerung. Natürlich muss eine Produktion für Arte auch dem europäischen Gedanke verpflichtet sein. Überzeugend zum Tragen kommt dieser Ansatz am Beispiel einer Idee aus der Slowakei. Das Modell sieht eine einheitliche Privatrente vor, die auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten gilt. Die Idee leuchtet ein, und das nicht nur wegen der bürokratischen Vereinfachung. Bislang funktioniert das Konzept aber nur in Osteuropa; im Westen, heißt es in der Doku, mauerten die mächtigen Versicherungskonzerne. 

Der Film macht diverse weitere Abstecher, unter anderem nach Polen und Schweden, um die dortigen Regelungen vorzustellen, aber irgendwann wird’s schlicht zu viel; weniger wäre mehr gewesen. Estelle auf Alt schminken zu lassen, damit sie sich besser mit ihrem zukünftigen Ich identifizieren kann, ist zwar ein netter Gag, aber letztlich bloß eine Spielerei.

Ungleich interessanter ist die Idee, das Gespräch mit einem Versicherungsmathematiker auf dem Berliner St.-Matthäus-Kirchhof zu führen, weil hier einige Männer begraben liegen, deren Wirken das deutsche Rentenwesen nachhaltig beeinflusst hat.