Die Begegnung hat mit der eigentlichen Geschichte nichts zu tun, aber sie gibt den richtigen Vorgeschmack: Eine Frau und ein Mann wollen durch dieselbe Drehtür, er rein, sie raus, aber beide kommen keinen Schritt weiter. Das Problem lässt sich erst lösen, als sie ihre Handlungen aufeinander abstimmen, weshalb dieser Prolog nicht nur eine gelungene Slapstickszene, sondern auch eine Art Ouvertüre ist, zumal sich Bertram Dinkler und Stefanie Eckhoff im Verlauf dieser kurzweiligen Komödie immer wieder über den Weg laufen werden.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
"Sportabzeichen für Anfänger" (eine Wiederholung aus dem Jahr 2020) ist zwar purer Zeitvertreib, aber Andrea Sawatzki und Christian Berkel verkörpern die Hauptfiguren mit einer geradezu ansteckenden Freude am komischen Spiel.
Deshalb stört es auch nicht weiter, dass die Story wie ein Vorwand wirkt, um dem Ehepaar möglichst viele witzige Szenen im Stil der Eröffnung zu bieten. Nina Bohlmann, Autorin der sehenswerten Degeto-Trilogie "Eltern allein zu Haus" (2018), hat für die beiden Hauptdarsteller auch "Scheidung für Anfänger" (2019) geschrieben; damals hat das Ehepaar Sawatzki/Berkel aus dem potenziellen Drama eine unerwartet heitere Trennungskomödie gemacht.
Diesmal kann von Tragik keine Rede sein, zumal das ohnehin pointenreiche Drehbuch dank der Gegensätzlichkeit der beiden Protagonisten von Anfang an keinerlei Zweifel am Comedy-Charakter des Films aufkommen lässt. Witwer Dinkler, Ende fünfzig, hat die Plätzchentradition seiner Vorfahren fortgeführt, aber nun steht er vor einer schwierigen Entscheidung: Wie so viele mittelständische Betriebe müsste das Unternehmen eigentlich wachsen, um sich gegen große Konkurrenten behaupten zu können; sein Freund und Anwalt Henning (Roland Koch) rät ihm jedoch dazu, die Fabrik einem Investor zu überlassen und sein letztes Lebensdrittel zu genießen.
Stefanie ist Gärtnerin mit eigener kleinen Firma und einer Angestellten. Jasmin (Sara Fazilat), obschon deutlich jünger als ihre Chefin, dient als Ratgeberin in allen Lebensfragen, geschäftlich wie familiär. Stefanie ist geschieden, aber Ex-Mann Thomas (Thomas Heinze in einer typischen Thomas-Heinze-Rolle) hätte nichts dagegen, ins behagliche Nest zurückzukehren, zumal die gemeinsame 15jährige Tochter in einer echt schwierigen Phase ist. Mit ihrer Weigerung, an den Bundesjugendspielen teilzunehmen, löst Lena (Daria Wolf) indirekt die eigentliche Handlung aus: Dinkler und Stefanie sind Mitglied des Elternbeirats.
Als es dort zwischen ihnen zu einem Disput über den Sinn oder Unsinn solcher Wettkämpfe kommt, fordern die anderen Eltern die beiden schließlich auf, ihren Streit im Rahmen eines sportlichen Wettbewerbs auszutragen. Auf diese Weise könnten sie den Kindern als Vorbild dienen, gerade auch hinsichtlich des fairen Umgangs miteinander; aber selbstredend bleibt die Fairness als erstes auf der Strecke.
Für Thomas Roth, Regisseur diverser in der Regel sehenswerter Episoden für Krimireihen wie "Kommissar Dupin" oder "Der Kommissar und das Meer", bestand die Herausforderung bei der Umsetzung des Drehbuchs vermutlich darin, den Film nicht wie eine Nummernrevue wirken zu lassen. Tatsächlich laufen sich Dinkler und Stefanie ständig über den Weg, zumal die Gärtnerin anlässlich des bevorstehenden Betriebsjubiläums – die Keksfabrik wird hundert Jahre alt – eine blühende "100" vor Dinklers Büro pflanzen soll.
Die beiden treffen nicht nur beim Kauf von Sportkleidung aufeinander, was Paula Schramm einen amüsanten Gastauftritt als eifrige Verkäuferin beschert, sie verabreden sich auch zum konspirativen Treffen im Supermarkt, um den Wettbewerb einmütig abzusagen. Dummerweise werden sie dabei von anderen Eltern beobachtet, die umgehend einen Fanclub gründen. Als sich zwischen dem Paar gewisse Sympathien entwickeln, zeigt der Fabrikant Stefanie den Betrieb, allerdings nachts, was prompt einen Polizeieinsatz auslöst.
Die Höhepunkte der Rivalität finden natürlich auf dem Sportplatz statt, wobei es für Sawatzki und Berkel vermutlich gar nicht so einfach war, dilettantisch zu wirken; die entsprechenden Szenen sind saukomisch. Da Roth die Slapstick-Elemente klug dosiert hat, kann er in bestimmten Momenten noch eins draufsetzen. Unter anderem zelebriert er in Zeitlupe, wie Dinkler die Herausforderung Hochsprung meistert; die Latte liegt gerade mal auf Hüfthöhe. Sehr witzig sind auch die gegenseitigen Sabotageakte, wobei dank Roths zurückhaltender Inszenierung selbst kindische Attentate mit Juckpulver und Rizinusöl nicht klamottig wirken.