Das Paar und seine Gäste treffen sich zum ausgelassenen Fest am Martinsfeuer. Selbst die pessimistischen Prognosen des betrunkenen Kripokollegen Rupert (Barnaby Metschurat) können die Stimmung nicht trüben. Das ändert sich, als Rupert am nächsten Morgen verkatert neben der Asche erwacht und die Überreste einer verbrannten Leiche entdeckt; die Flitterwochen müssen verschoben werden.
Der achte "Ostfrieslandkrimi" ist der zweite mit Picco von Groote; sie ist nach Christiane Paul (Episoden eins bis drei) und Julia Jentsch (vier bis sechs) bereits die dritte Darstellerin der Kommissarin, deren anfänglicher Hang zur Übersinnlichkeit mittlerweile keine Rolle mehr spielt. Gleichfalls zum zweiten Mal mit dabei ist Marcus O. Rosenmüller, der auch den im Februar ausgestrahlten letzten Beitrag ("Ostfriesenmoor") gedreht hat. Star des Films war Maria Ehrich als hinreißende neue Assistentin am Institut für Rechtsmedizin. Leider war sie auch die Täterin, weshalb der komplett verschossene Rupert diesmal wieder sein gewohntes Unwesen als Polterer treibt; ein lautstarker Krach zwischen ihm und Klaasen, immerhin seine Vorgesetzte, erinnert eher an Kindergarten als an Kommissariat.
Zum Glück ist die Handlung umso interessanter. Die verkohlte Leiche entpuppt sich als der trauernde Vater vom Auftakt; der Mann ist erst überfahren worden, dann wurde ihm die Kehle durchgeschnitten, und schließlich hat ihn jemand in Einzelteilen zwischen das für das Martinsfeuer bestimmte Strauchgut und Abfallholz geschmuggelt. Natürlich fällt der Verdacht zunächst auf die verbitterte Witwe (Tanja Schleiff), die dem Gatten vorwirft, sie und vor allem Tochter Ines im Stich gelassen zu haben, als er die Familie vor fünf Jahren verlassen hat. Bernd Küppers (Patrick von Blume), der Mann, der die Aufsicht über das Feuer hatte, sorgt jedoch dafür, dass sich Klaasen und Weller (Christian Erdmann) einem weiteren Verdächtigen zuwenden: Johannes Klar (Manuel Harder), Bestsellerautor von Krimi- und Horrorromanen, war Ines’ Geliebter.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Die neunzehnjährige junge Frau war als Mädchen für alles im Haushalt eines wohlhabenden Ehepaars beschäftigt, dort fand auch jene Party statt, in deren Verlauf sie an einer fatalen Mischung aus Drogen und Alkohol gestorben ist. Als ihre Arbeitgeberin kurz drauf ebenfalls ermordet wird, mutmaßen Klaasen und Weller, Harder wolle sich an all’ jenen rächen, denen er die Schuld an Ines’ Tod gibt. Dass die Morde einer seiner Kurzgeschichten nachempfunden sind – die zweite Leiche ist bei einer Hüpfburg deponiert worden –, würde ins Bild passen: Der Mörder will sich offenbar ein Denkmal setzen, und Klar ist ausgesprochen eitel. Tatsächlich liegen die beiden mit ihrer Theorie gar nicht falsch. Den Schriftsteller müssen sie allerdings von der Liste der streichen, denn er ist das nächste Opfer.
Aus der Geschichte hätte auch ein packender Thriller werden können, zumal sich gegen Ende rausstellt, dass auch Klaasens Sohn Eike (Laurids Schürmann) auf der Todesliste steht, aber Rosenmüller, ein ausgewiesene Krimi- und Thriller-Spezialist, dem zum Beispiel die "Taunus-Krimis" (ZDF) nach durchwachsenem Start ein deutlich höheres Niveau zu verdanken haben, hat das Drehbuch von Marija Erceg für seine Verhältnisse vergleichsweise zurückhaltend umgesetzt; das war auch bei "Ostfriesenmoor" schon der Fall. Frühere "Ostfrieslandkrimis" waren wesentlich spannender, aber möglicherweise wollte das ZDF die Reihe etwas familienfreundlicher ausrichten.
Die Bildgestaltung (Kamera, wie zuletzt, Tobias Schmidt) ist allerdings sehr gut, ebenso wie Rosenmüllers Arbeit mit dem Ensemble. Zwei Mitwirkende fallen dabei besonders auf: Laurids Schürmann, hier zum ersten Mal als Eike dabei, hat sein Talent unter anderem in dem vor einem knappen halben Jahr ausgestrahlten Berliner "Tatort"-Solo mit Mark Waschke gezeigt ("Das Opfer"); darin verkörperte er in den Rückblenden in die Jugendjahre den besten Freund des Kommissars. Sehr anrührend ist auch Patrick von Blume als etwas wunderlicher, aber hilfsbereiter Mitarbeiter der Kirchengemeinde, der sich schließlich als tragische Figur der Geschichte entpuppt.