TV-Tipp: "Blutholz"

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15. Mai, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Blutholz"
In Westafrika werden Waldflächen vernichtet, damit die Deutschen ihrem liebsten Sommervergnügen nachgehen können. Kaum bekannt ist dagegen ein ähnlicher Frevel: Ein großer Teil des hiesigen Möbelholzes stammt aus Rumänien.

Auch dort gibt es ganze Landstriche, auf denen kein Baum und kein Strauch mehr wächst. Darum geht es in "Blutholz", darauf bezieht sich auch der Titel: Geschützter rumänischer Wald blutet für deutsche Wohnzimmer. Das Drehbuch von Alexander Buresch und Regisseur Torsten C. Fischer verpackt den Umweltskandal jedoch geschickt als fesselnde Mischung aus Krimi, Drama und Thriller. Das Subthema schwingt zwar ständig mit, doch im Vordergrund steht die Konfrontation eines Mannes mit seinem Jugendtrauma.

Vor vierzig Jahren ist der junge Siebenbürgener Hans Schüssler (Joachim Król) beim Schmuggeln von Westware erwischt worden. Seine Haft währte nur wenige Tage, dann hat ihn die Bundesregierung freigekauft, doch das Foltererlebnis sucht ihn nach wie vor in seinen Alpträumen heim. Damals hat er sich geschworen, nie wieder nach Rumänien zurückzukehren, aber nun hat der mittlerweile ziemlich heruntergekommene ehemalige Bundeswehrzielfahnder ein Angebot erhalten, das er nicht ablehnen konnte: Er soll in seiner früheren Heimat Bra?ov, hierzulande als Kronstadt bekannt, nach dem verschwundenen Manager einer deutschen Holzfirma suchen. Natürlich stolpert der Trinker auf Schritt und Tritt über seine eigene Vergangenheit, und selbstredend war es kein Zufall, dass ausgerechnet er dem Unternehmen für den Auftrag empfohlen worden ist.

Inhaltlich liegt die Besonderheit des Films in den beiden Geschichten, die er erzählt: Über die Verbrechen der rumänischen Securitate ist hierzulande nicht allzu viel bekannt, und wer fragt beim Möbelkauf schon danach, wo das Holz für das Bett oder den Kleiderschrank herkommt? Die Kunst des Drehbuchs wiederum liegt in der Verknüpfung der beiden Ebenen, zumal Buresch und Fischer noch eine dritte Geschichte erzählen: Schüssler ist mehr als bloß das Bindeglied zwischen Vergangenheit und Gegenwart, denn beiläufig handelt "Blutholz" auch von einer vierzig Jahre alten Liebesgeschichte. Prompt erwachen die alten Gefühle zu neuem Leben, als Hans auf die Gefährtin seiner Jugendjahre trifft: Silvia Dancu (Désirée Nosbusch) ist heute Staatsanwältin und hat gute Chancen, dank ihres Versprechens für mehr Transparenz die nächste Bürgermeisterin von Bra?ov zu werden. Die Szene, als die beiden in Erinnerungen schwelgen und sich die Platten anhören, die Hans damals ins Land geschmuggelt hat, gehört zu den wenigen entspannten Momenten des Films. Ähnlich emotional ist die Begegnung mit dem alten Vater (Peter Franke) seines besten Freundes und Schmuggelpartners, der damals in der Haft gestorben ist. 

Fischer, dessen Sonntagskrimis immer sehenswert sind, hätte den Film problemlos auch als Thriller inszenieren können, zumal Schüssler mehrfach in bedrohliche Situationen gerät: Er gilt bei den Einheimischen als Repräsentant der Holzfirma, und die ist hier nicht gut gelitten; erst recht, seit es durch den Raubbau am Wald zu einem Erdrutsch gekommen ist, bei dem zwei Roma-Kinder gestorben sind. Trauen kann er ohnehin niemandem. Eine interessante Rolle spielt Alina Levshin als ehrgeizige junge Anwältin des Holzunternehmers (Alexander Beyer), die keinen Hehl daraus macht, dass sie Schüssler für eine komplette Fehlbesetzung hält; aber der als ausgebrannter Zyniker eingeführte Schnüffler wächst an der Herausforderung und weigert sich, die ihm in diesem abgekarteten Spiel zugedachte Rolle zu übernehmen. 

Angesichts der komplexen Thematik gibt es eine Menge allerdings nie ermüdend vorgetragenen Erklärungsbedarf, zumal es auch noch um EU-Richtlinien und Subventionsbetrug geht. Militante Klima-Aktivisten wirken ebenfalls mit, und natürlich recken die Dämonen der Vergangenheit mehrfach ihr hässliches Haupt; aber immerhin diese Rechnung kann Schüssler begleichen, zumal der Film ohnehin mit einem überraschend zuversichtlichen Epilog endet. Sehenswert ist auch die Bildgestaltung (Hannes Hubach), und das nicht nur wegen der eindrucksvollen Landschaftsaufnahmen. Wie gut das Rumänisch der deutschen Mitwirkenden ist, müssen Einheimische beurteilen; es klingt jedenfalls sehr überzeugend.