TV-Tipp: "Steirerangst"

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Samstag, 22. April, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Steirerangst"
Bei diesem Steirerkrimi war Regisseur Wolfgang Murnberger wohl ähnlich entspannt wie sein Chefermittler. Etwas zu entspannt - findet zumindest unser Autor. Dafür ist das Action-Finale dann doch überraschend spannend.

Das sogenannte Kuschelhormon Oxytocin leistet einen eminent wichtigen Beitrag beim Geburtsvorgang, spielt aber auch später noch eine bedeutende Rolle, und das keineswegs nur beim Stillen: Im zwischenmenschlichen Bereich dienen Berührungen ohne sexuelle Hintergedanken als vertrauensbildende Maßnahme.

Wenn eine Frau also ausgerechnet während eines Kuschelkurses erschossen wird, ist das in gewisser Weise doppelt perfide. Da die Veranstaltung in einem Seminarhotel stattffindet, liegt der Verdacht nahe, dass ein Mitglied der Gruppe die Tat begangen hat. Tatsächlich hätten gleich zwei Personen ein handfestes Motiv. Dass die beiden miteinander verheiratet sind, erhöht den Reiz der Geschichte. Dass sie von Elena Uhlig und Fritz Karl verkörpert werden, die auch privat seit vielen Jahren ein Paar sind, ist für die Handlung zwar nicht von Belang, beschert dem Film aber natürlich zusätzliche Aufmerksamkeit.

"Steirerangst" hat das Ehepaar Wolfgang und Maria Murnberger seinen neunten Steiermark-Krimi mit Hary Prinz genannt; das Drehbuch basiert wie schon zuletzt "Steirergeld" (2022) nicht auf einer Romanvorlage von Claudia Rossbacher, sondern bedient sich nur ihrer Figuren.

Ein Qualitätsunterschied zu den früheren Adaptionen ist allerdings nicht auszumachen, selbst wenn der Fall an sich nicht gerade spektakulär ist; die Steirerkrimis, eine Koproduktion zwischen dem österreichischen ORF und der ARD-Tochter Degeto, leben ohnehin vor allem von der Atmosphäre und den trocken vorgetragenen Kommentaren von Chefinspektor Sascha Bergmann.

Das Handlungsgerüst der Geschichte orientiert sich am bewährten Krimischema des multiplen Verdachts: Das Ehepaar Sonja und Elmar von Breuer (Uhlig und Karl) lebt offenbar recht gut davon, die Menschen zum Kuscheln zu animieren. Natürlich ist Sonja nicht entgangen, dass Elmar eine Teilnehmerin besonders gern berührt hat. Als Katrin Fischer (Katharina Sporrer) morgens tot in ihrem Zimmer gefunden wird, ist das Ehepaar prompt verdächtig: er, weil das Opfer womöglich mehr wollte als bloß eine Affäre; sie, ganz klassisch, als Mörderin aus Eifersucht.

Weil das als Stoff für neunzig Minuten etwas wenig wäre, drängen sich noch zwei weitere Verdachtsmomente auf: Katrin hat eine hässliche Trennung hinter sich, dem Ex-Mann (David Wendefilm) wurde gar ein Kontaktverbot auferlegt, aber er versichert glaubwürdig, er habe seinen Frieden mit der Sache gemacht; eine neue Freundin hat er auch. Und dann ist da noch der zwielichtige slowenische Geschäftspartner des Opfers (Rok Vihar), ein Antiquitätenhändler, der nach Bergmanns Überzeugung zweifelsohne Dreck am Stecken hat.

Das klingt alles nicht weiter aufregend, zumal Wolfgang Murnbergers Inszenierung ähnlich entspannt ist wie der Chefinspektor. Sehenswert ist "Steirerangst" daher in erster Linie wegen des originellen Kuschelrahmens, zumal sich der Grazer LKA-Ermittler "undercover" unters Seminarvolk mischt, um sein eklatantes Berührungsdefizit auszugleichen.

Den dafür erworbenen Trainingsanzug mit dem Aufdruck "Kuschelbär" trägt er mit trotziger Würde. Weil Bergmann jedoch gewisse Berührungsängste verspürt, bleibt er dem "Rudelkuscheln" lieber fern. Als unversehens auch seine Chefin (Bettina Mittendorfer) auftaucht, wandelt sich der Film zwischenzeitlich zur romantischen Komödie: Die beiden hatten früher mal was miteinander. Er würde das gern auffrischen, sie scheint nicht völlig abgeneigt, hält ihn aber erst mal auf Distanz; Kollegin Sulmtaler macht sich ihren eigenen Reim darauf.

Hary Prinz und Anna Unterberger sind mittlerweile derart gut eingespielt, dass ihre Vorgängerin Miriam Stein fast in Vergessenheit geraten ist. Für "Steirerangst" wird das ebenfalls gelten: als Zeitvertreib völlig in Ordnung, aber kein Muss, selbst wenn das Action-Finale mit Schießerei und Verfolgungsjagd überraschend spannend ist.

An diesem Gesamteindruck ändert auch die Mitwirkung des prominenten Gastpaars nicht viel, selbst wenn Uhlig diesmal nicht als krakeelende rheinische Frohnatur besetzt worden ist. Interessant sind immerhin die regelmäßigen filmischen Ausflüge in die Vergangenheit, weil nicht nur die Befragungen, sondern auch die Überlegungen zum Tathergang durch entsprechende Szenen illustriert werden; mal als Rückblende, mal als Spekulation.

Dramaturgisch effektvoll ist zudem die Zuspitzung der Ermittlungen im letzten Akt, als sich die Schlinge immer enger zuzieht. Dem Ermittlungstrio hilft das jedoch nur bedingt: Die verschiedenen Indizien belasten die drei männlichen Verdächtigen gleichermaßen.