Der Krimi spielt in Bremerhaven, hier sind Moormann und ihre recht bald gen Brüssel zu Europol entschwindende Kollegin Selb (Luise Wolfram) nicht zuständig. Weil der Seehafen laut einer uralten Vereinbarung zur Hansestadt gehört, muss die einheimische Polizei wohl oder übel mit der Bremer Kollegin zusammenarbeiten, als am Car-Terminal in einem Kofferraum eine Leiche gefunden wird. Bei dem Opfer handelt es sich um einen Bereichsleiter, der einen schwunghaften Handel mit geklautem Zubehör getrieben hat. Natürlich stellt sich erst gegen Ende heraus, warum der Mann ermordet worden ist. Die Erklärung ist verblüffend und knüpft in ihrer Originalität an den Auftakt an, der zudem interessante Einblicke in die Logistik der Autoverschiffung gibt: Bremerhaven ist einer der größten Automobilumschlaghäfen Europas.
Nach dem fesselnden Einstieg büßt die Geschichte jedoch viel von ihrer Faszination ein. Daran ändern auch einige Verfolgungsjagden nichts, zumal die entsprechenden Szenen längst nicht so schwungvoll umgesetzt sind, wie das auch im deutschen Fernsehen durchaus möglich ist. Während dieses Manko finanzielle Gründe haben könnte, ist ein anderes unverzeihlich: Marie und ihre Freunde, die nach dem Prolog ins Zentrum des Krimis rücken, tummeln sich in der Tuning-Szene. Für diese Menschen ist ihr Fahrzeug kein Gebrauchsgegenstand, sondern ein Fetisch; umso seltsamer, dass die Kamera die aufgemotzten Boliden nicht zum Sexobjekt stilisiert. Dafür, dass es in "Donuts" ständig um Autos geht, ist der Umgang mit diesen Objekten der Begierde erstaunlich distanziert.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Zunächst konzentriert sich die Handlung aber auf Marie und ihren wie sein ermordeter Onkel aus Moldawien stammenden Freund Georghe (Adrian But), der sich nach dem Tod der Eltern liebevoll um den Bruder (Jonas Halbfas) kümmert: Oleg hat das Down-Syndrom. Die beiden Brüder müssen den Filmfokus jedoch bald wieder räumen, denn nun rückt das Drehbuch Liv Moormanns etwas klischeehaft erzählte Familiengeschichte in den Mittelpunkt: Die Mutter (Angelika Richter) ist vom Leben überfordert, die kleine Schwester ist auf die schiefe Bahn geraten, Liv hat sich irgendwann aus dem Staub gemacht. Warum sie Marie ihrem Schicksal überlassen hat, wird nicht weiter erörtert; der Film hat genug damit zu tun, die drei Frauen in einigen unersprießlichen Szenen aufeinander loszulassen. Ähnlich stereotyp wie die Mutterrolle ist der zuständige Ermittlungsleiter (Bozidar Kocevski) geraten, der sich aus unerfindlichen Gründen wie ein Kotzbrocken aufführt und zudem homophob ist. Eine halbwegs normale Figur ist immerhin Livs Bremerhavener Kollege Robert, und sollte sich Luisa Wolfram endgültig vom Bremer "Tatort" verabschieden, wäre es keine Überraschung, wenn Patrick Güldenberg ihr Nachfolger wird.
Die Bilder sind zwar hochwertig (Kamera: David Hofmann), signalisieren mit ihrer auffälligen Farbgebung aber auch allzu betont, dass den Beteiligten ein ausgefallenes Werk vorschwebte. Größeres Manko ist jedoch der Umstand, dass sich die zweite Filmhälfte etwas zieht; dabei hat Regisseur Sebastian Ko mit seinem herausragenden "Helen Dorn"-Beitrag "Atemlos" (2020) bewiesen, dass er das Thriller-Handwerk durchaus beherrscht. Autor war damals Mathias Schnelting, er hat gemeinsam mit Ko auch das Drehbuch zu "Donuts" geschrieben. Kos letzte Arbeit, der sechste "Ostfriesen"-Krimi fürs ZDF ("Ostfriesensühne, 2022), war ebenfalls sehenswert. Zuvor hatte er mit "Kartenhaus" (2016), "Wacht am Rhein" (2017) und "Mitgehangen" (2018) drei gute "Tatort"-Beiträge für den WDR gedreht, konnte dieses Niveau aber mit seinem vierten Kölner Krimi ("Weiter, immer weiter", 2019) nicht mehr halten.