TV-Tipp: "Sayonara Loreley"

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24. Februar, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Sayonara Loreley"
Als ob ein Dasein am Existenzminimum nicht schon schlimm genug wäre, bewegt sich die unfreiwillige Heldin dieser nur scheinbar heiteren Geschichte auch noch fortwährend am Rande eines Nervenzusammenbruchs.

Seit sechs Monaten freut sich Marie (Katharina Marie Schubert) darauf, mit ihrem Chor in Tokio aufzutreten. Dummerweise kollidiert der Reisetermin mit dem jährlichen Kuraufenthalt ihrer Mutter in Rüdesheim: Gisela (Victoria Trauttmansdorff) betreibt einen kleinen Laden im Hunsrück, und weil Marie vom Gatten auf einem Schuldenberg zurückgelassen worden ist und Privatinsolvenz anmelden musste, ist sie ihrer Mutter auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.

Nach einem heftigen Streit am Telefon sperrt Marie das Geschäft kurzerhand zu, aber auf dem Weg zum Flughafen ereilt sie die Nachricht, Gisela sei im Sanatorium zusammengebrochen und liege im Koma; der Arzt spricht von einem "psychogenen Stupor", ausgelöst durch ein traumatisches Erlebnis. Reumütig reist Marie nach Rüdesheim, wo ihr das Schicksal weitere Streiche spielt.

Wegen der Weinwoche sind alle Übernachtungsmöglichkeiten ausgebucht, ein Japaner lässt sie im Lokal mit einer horrenden Rechnung sitzen, und weil die rachsüchtige Gisela ihre Bankkarte gesperrt hat, steht sie nun buchstäblich auf der Straße: unbehaust und restlos pleite; bis sich das Blatt unverhofft wendet. 

Regisseur Wolfgang Murnberger, der sich die Vorlage von Stephan Falk und Anke Sevenich durch eigene Bearbeitung angeeignet hat, bettet die mitunter haarsträubenden Erlebnisse Maries in einen heiteren Handlungsfluss, der aller Turbulenz zum Trotz nie übertrieben oder unglaubwürdig wirkt, obwohl die bedauernswerte Frau schließlich sogar an vermeintliche Gangster gerät.

Dennoch lebt der Film vor allem von den diversen Begegnungen: Jedes Mal, wenn sich Marie am Boden wähnt, trifft sie Menschen, die als Flüchtlinge aus Kriegsgebieten viel schlimmere Dinge erlebt haben, weshalb sich ihr Mitgefühl in Grenzen hält. Immerhin entpuppt sich die Ukrainerin Krystina (Janina Elkin) als rettender Engel: Die Kellnerin öffnet Marie erst ihr Haus, dann ihr Herz und sorgt schließlich dafür, dass sich der Frau, die sich bei ihrer Mutter wie ein Insekt im Spinnenetz fühlt, eine gänzlich neue Lebensperspektive eröffnet. 

Im Grunde ist dies ohnehin die eigentliche Geschichte: In der Fremde, sagt ein Russe (Ivan Shvedoff), den Marie zunächst für einen Gangster hält, zumal er den martialischen Namen Kalaschnikow trägt, werden Fremde schneller zu Freunden. Nach der Erfahrung mit dem Japaner ist Marie allerdings misstrauisch, zumal sie vor Tanaka (Ill-Young Kim) gewarnt worden ist: Der Mann umgebe sich mit zwielichtigen Gestalten, raunt ihr ein lebenskluger Fährmann (Armin Rohde) zu. Tanaka sagt, er sei betreibe "Monkey-Business", was in diesem Zusammenhang nahelegt: Ganz legal geht es dabei nicht zu. Als Marie Grund zu der Annahme hat, dass bei Tanakas "Affengeschäften" ein "W" fehlt, hockt sie bereits in der Höhle des Löwen; nun steht womöglich gar ihr Leben auf dem Spiel. 

Auch wenn die famose Musik (Roman Kariolou) stets signalisiert, dass es so schlimm nicht werden wird, entspricht "Sayonara Loreley" doch dem Muster jener Filme, in denen die unbescholtenen Hauptfiguren vom Weg abkommen und in Situationen geraten, die mindestens eine Nummer zu groß für sie sind. Selbstverständlich wächst Marie jedoch mit den Herausforderungen: Katharina Marie Schubert verkörpert die Frau als graue Maus, die sich allen Widrigkeiten zum Trotz nicht unterkriegen lässt. Neben der Handlung, die immer wieder neue Haken schlägt, ist es nicht zuletzt Murnbergers Regiestil, der der Tragikomödie eine besondere Anmutung verleiht. Der auch hierzulande nicht zuletzt wegen seiner "Steirerkrimis" hochgeschätzte Österreicher ("Die Spätzünder") inszeniert Rüdesheim wie ein Freilichtmuseum, das alle nur denkbaren Deutschlandklischees erfüllt. Dazu passt, dass Marie auf praktisch keinen Eingeborenen trifft: Der Ort ist von Touristen bevölkert, die Servicekräfte haben allesamt eine Migrationsgeschichte. Entsprechend kunterbunt ist auch die ausnahmslos sehenswerte Besetzung; zu den sehr präsenten Ensemblemitgliedern gehören unter anderem Robert Seeliger als Waffennarr und Ramona Kunze-Libnow als Schwester Oberin im klösterlichen Sanatorium. Trotz des sanft satirischen Blicks hat Kameramann Peter von Haller für schöne Sommerbilder gesorgt, Sehenswürdigkeiten inklusive; die Weinstadt am Rhein darf sich von ihrer besten Seite zeigen.