"Das Gefühl, hier in einer besonderen Unruhe zu leben, ist in den letzten Wochen schon deutlich gestiegen", sagte der Theologe, der seit 2020 Jerusalemer Propst ist. Anfang Januar hatten jüdische Extremisten Grabsteine auf dem evangelischen Friedhof in Jerusalem verwüstet. Vergangene Woche hatte ein jüdischer Amerikaner ein Kruzifix in einer Kirche an der Via Dolorosa in Jerusalem zerstört.
In den letzten Monaten seien die Unruhen im Heiligen Land insgesamt schlimmer geworden, betonte Lenz. Die Anzahl der Getöteten sei sowohl auf palästinensischer als auch auf israelischer Seite auf ein erschreckend hohes Niveau gestiegen und viel höher als in den vergangenen Jahren.
Grund dafür sei ein "Klima der Gewalt", das von beiden Seite propagiert werde. In diesem Zusammenhang gebe es immer mehr Übergriffe, und in diesen Kontext fielen auch Angriffe auf christliche Orte und Vertreter christlicher Konfessionen. Viele, darunter auch israelische Menschenrechtsorganisationen, sähen den Machtwechsel in Israel und die Rechts-außen-Regierung von Benjamin Netanjahu als mitverantwortlich für das aufgeheizte Klima an.
Lenz wünschte sich einen klaren Schutz der israelischen Sicherheitsbehörden. Es sei Aufgabe des Staates, die gesetzlich zugesagte Religionsfreiheit und die Sicherheit aller Gläubigen und deren Einrichtungen im Heiligen Land zu schützen. Die Jerusalemer Polizei habe beispielsweise im Falle des Angriffs auf den evangelischen Friedhof schnell gehandelt. Durch genommene Fingerabdrücke hätten die beiden Täter drei Tage später festgenommen werden können.
Noch immer seien die Spuren der Verwüstung zu sehen, sagte Lenz. 34 Gräber seien zerstört worden, darunter drei von britischen Soldaten. Die Täter hatten zunächst Steinkreuze umgestoßen und anschließend Trümmerteile verwendet, um Gräber zu zerstören. "Teile des Friedhofs sind wie pulverisiert", sagte Lenz. Der Leiter der Jerusalemer Antikenbehörde wolle sich kommende Woche einen Eindruck verschaffen und Vorschläge für Unterstützung beim Wiederaufbau machen.
Lenz sagte, das Interesse an dem Friedhof sei derzeit hoch. Er habe viele Solidaritätsbekundungen von jüdischen Israelis erhalten. Eine israelische Menschenrechtsorganisation sammele Spenden für den Wiederaufbau. "Der Friedhof hat derzeit mehr Besuch als in normalen Zeiten", sagte Lenz.