Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist am Samstagmorgen im Vatikan im Alter von 95 Jahren gestorben. Benedikt, der mit bürgerlichem Namen Joseph Ratzinger hieß, stand von 2005 bis 2013 an der Spitze der katholischen Kirche.
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, würdigte Benedikt als "beeindruckenden Theologen" und "erfahrenen Hirten". "Wir trauern um eine Persönlichkeit, die der Kirche auch in schwierigen Zeiten Hoffnung und Richtung vermittelt hat", erklärte der Limburger Bischof am Samstag.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) drückte auf Twitter ihre Anteilnahme aus: "Vieles aus seiner reichen theologischen, wissenschaftlichen und seelsorgerischen Lebensleistung wird lange nachwirken", schrieb sie. Der frühere Bundestagspräsident, Norbert Lammert (CDU) sagte, die herausragende Bedeutung des Theologen Joseph Ratzinger werde "mit zunehmendem Abstand zum Pontifikat des Papstes Benedikt immer deutlicher".
Auch die evangelische Kirche lobte Benedikts Lebensleistung als Theologe. "Joseph Ratzinger hat mit großem Scharfsinn und intellektueller Prägnanz theologische Beiträge geleistet, die weit über die katholische Kirche hinaus die Christenheit insgesamt und die Öffentlichkeit beeindruckt haben", erklärte die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, am Samstag in Hannover.
Bundesfinanzminister Christian Lindner erklärte bei Twitter, Benedikt XVI. sei eine geschichtsträchtige Persönlichkeit und ein nicht unumstrittener Intellektueller gewesen. "Heute aber gedenken wir ihm als Menschen", schrieb der FDP-Vorsitzende, der vor Jahren aus der katholischen Kirche ausgetreten ist.
Die Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche sieht" kritisierte das Wirken Benedikts. Er sei ein "widersprüchlicher Theologe" gewesen, der ein schweres Erbe hinterlasse, erklärte die Bewegung in München. Er habe die römisch-katholische Kirche "über Jahrzehnte in rückwärtsgewandter Weise geprägt".
Der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat die "theologische Gelehrsamkeit" des verstorbenen früheren Papstes Benedikt XVI. gewürdigt. Er habe großen Respekt vor dem Lebenswerk des früheren Papstes, sagte Bedford-Strohm am Samstag in München. Benedikt habe sich immer um den ökumenischen Dialog bemüht. So habe er beim Zustandekommen der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre 1999 mit den lutherischen Kirchen eine wichtige Rolle gespielt.
Allerdings habe die Erklärung "Dominus Jesus", die der damalige Kardinal Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation 2000 veröffentlicht hatte, "Verletzungen hinterlassen, die nachgewirkt haben", so Bedford-Strohm. Der Erklärung zufolge seien die protestantischen Kirchen nicht "Kirche im eigentlichen Sinne". Die damit verbundene Vorstellung, dass die katholische Kirche die eigentliche Kirche sei und anderen Kirchen nur "kirchliche Gemeinschaften", sei kein wirklich tragfähiges Konzept von Ökumene.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den verstorbenen früheren Papst Benedikt XVI. als Theologen gewürdigt, der Menschen eine Orientierung gegeben hat. "Sein Glaube, sein Intellekt, seine Weisheit und seine menschliche Bescheidenheit haben mich immer tief beeindruckt", erklärte Steinmeier. Schon im Wirken des Professors Joseph Ratzinger habe sich hohe theologische und philosophische Bildung mit verständlicher Sprache verbunden. "Deswegen fanden viele Menschen, nicht nur Katholiken, in seinen Schriften und Ansprachen klare Orientierung", sagte der Bundespräsident.
Steinmeier unterstrich zudem die besondere Rolle, die der frühere Papst für Deutschland hatte. "Die Wahl eines Papstes aus dem Mutterland der Reformation und eines Intellektuellen, der sich den Dialog zwischen Glaube und Vernunft zur Lebensaufgabe gemacht hatte, war für viele Menschen auf der ganzen Welt ein wichtiges Zeichen", sagte Steinmeier, der selbst der evangelischen Kirche angehört.
Der Bundespräsident erinnerte auch an den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche. "Spätestens als Präfekt der Glaubenskongregation war er mit dem bedrückenden Problem des weltweiten sexuellen Missbrauchs und dessen systematischer Vertuschung konfrontiert", sagte Steinmeier. Hier sei er besonders in der Verantwortung gewesen. Benedikt habe um das große Leid der Opfer und den immensen Schaden für die Glaubwürdigkeit der Kirche gewusst. Er habe sich dann zum Amtsverzicht in dem Moment entschieden, "in dem er gewiss war, sein Amt nicht mehr mit der nötigen Kraft ausführen zu können". "Das war eine unerwartete kirchengeschichtliche Zäsur", sagte Steinmeier.
Benedikt XVI. wurde am 16. April 1927 im bayerischen Marktl am Inn geboren. Nach seiner Priesterweihe 1951 schlug er zunächst eine wissenschaftliche Laufbahn ein, bevor er 1977 Münchner Erzbischof wurde. 1982 berief ihn Papst Johannes Paul II. zum Präfekten der vatikanischen Glaubenskongregation, 2005 wurde der Deutsche als Nachfolger des Polen selbst zum Papst gewählt.
Nach acht Jahren als Pontifex verzichtete Benedikt XVI. 2013 überraschend auf das Papstamt und lebte fortan zurückgezogen im Vatikan. Das letzte Mal war Benedikt im Sommer 2020 nach Deutschland gereist, um sich in Regensburg von seinem im Sterben liegenden Bruder Georg zu verabschieden.
Benedikt war der erste Papst, der sich persönlich mit Missbrauchsopfern traf. Aber zuletzt wurden ihm durch die Veröffentlichung eines Gutachtens zum Umgang mit Missbrauchsfällen im Erzbistum München selbst Fehler im Umgang mit Missbrauchstätern in der katholischen Kirche vorgeworfen.