TV-Tipp: "Mutter, Kutter, Kind"

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2. September, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Mutter, Kutter, Kind"
Eine gute Geschichte, mag sich der Drehbuchautor und Produzent Volker Krappen gedacht haben, kann man ruhig zweimal erzählen; und deshalb erinnert "Mutter, Kutter, Kind" nicht nur dem Titel nach an "Vadder, Kutter, Sohn" (2019).

Damals ging es um einen Krabbenfischer (Axel Prahl) und seinen Sohn (Jonas Nay), der das schleswig-holsteinische Küstendorf einst verlassen hat. Seit Jahren herrscht zwischen den beiden Funkstille; bis der Sohn eines Tages zurückkehrt. In der neuen Variante hat Krappen im Grunde nur die Geschlechter getauscht: Küstenfischerin Hedwig (Anneke Kim Sarnau), die ähnlich wie ihr Krabbenkollege nur dank kleiner Betrügereien über die Runden kommt, hat seit zehn Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrer Tochter Eva (Zoe Moore). Wenn die junge Frau in der alten Heimat vorbeischaut, dann nur, um gemeinsam mit ihrem zehnjährigen Sohn die Großmutter (Jutta Wachowiak) zu besuchen. 

Allerdings gibt es einen ganz erheblichen Unterschied zwischen den beiden Filmen: "Vadder, Kutter, Sohn" ist eine Komödie, die auch das Zeug zum Drama hätte. "Mutter, Kutter, Kind" hingegen ist kaum komisch und erzählt letztlich eine Tragödie: Eva will nichts mehr mit Hedwig zu tun haben, weil sie ihr die Schuld am Unfalltod ihres Vaters gibt; aufgewachsen ist sie bei Oma Lore. Als Öko-Aktivistin hält sie das Metier ihrer Mutter ohnehin für verwerflich. Bislang ist sie ganz gut alleine klar gekommen; Sohn Jannis (Lewe Wagner) scheint es jedenfalls an nichts zu mangeln. Aber nun hat Eva ein Problem: Nach einer illegalen Umweltschutzaktion ist sie zu einer sechsmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. In dieser Zeit soll Jannis bei Lore leben, aber davon weiß er noch gar nichts. Außerdem ist der Junge ein Draufgänger. Die alte Frau merkt rasch, dass sie mit der Aufgabe überfordert wäre. Eva bleibt nur eine Alternative, wenn sie vermeiden will, dass das Kind in eine Pflegefamilie kommt: Sie muss über ihren Schatten springen und Hedwig um Hilfe bitten. 

Die Rahmenbedingungen mögen also ganz ähnlich sein wie bei "Vadder, Kutter, Sohn", aber die Geschichte ist letztlich eine ganz andere; und sie ist durchaus typisch für den mittlerweile nicht mehr ganz so neuen Geist, der den von der ARD-Tochter Degeto verantworteten Freitagstermin im "Ersten" prägt. Krappen war als Autor und Produzent maßgeblich für einen jener Filme verantwortlich, die diese Linie nach dem Abschied der alten Geschäftsführung (2011) verdeutlichten: In der Komödie "Vier kriegen ein Kind" (2015) ging es um zwei gleichgeschlechtliche Paare, eins weiblich, eins männlich; wenige Jahre zuvor hätte die konservative Haltung der alten Degeto-Leitung womöglich dafür gesorgt, dass sich das Quartett über Kreuz verliebt und die Homosexualität nur eine vorübergehende Verirrung gewesen wäre.

In "Mutter, Kutter, Kind" ist es vor allem die von Zoe Moore facettenreich verkörperte Tochter, die für ein modernes Frauenbild steht. Das zeigt sich an Details wie Evas Männerfahrrad und der Art, wie sie joggt und Bier trinkt, aber auch an der Selbstverständlichkeit, mit der sie ihre Lust auf spontanen Sex auslebt; selbst wenn der Auserkorene nicht mitmachen will, obwohl er sie schon als Teenager toll fand. Sven (Anton Spieker) ist neben Oma Lore eine der wenigen Verbindungen zwischen Mutter und Tochter: Er arbeitet für die Fischereiaufsicht und gibt Hedwig den freundschaftlichen Rat, ihre Tricksereien zu beenden, wenn sie ihre Lizenz nicht riskieren will. 

Obwohl also sowohl die Gesamtgemengelage wie auch verschiedene konkrete Situationen nur bedingt Anlass zur Heiterkeit bieten, hat Matthias Tiefenbacher, Regisseur unter anderem der schwarzhumorigen ZDF-Krimireihe "Schwarzach 23", das Drehbuch mit einer angenehmen Leichtigkeit umgesetzt. Dabei ist es durchaus dramatisch, wenn Jannis zum Beispiel auf einen hohen Baum klettert und nicht mehr runterkommt. Als Lore ihm helfen will, stürzt die Leiter um; nun sitzen beide in luftiger Höh’. Gegenstück sind heitere Momente wie jener, als Eva gerade noch rechtzeitig der Oma eintrifft, um einen vermeintlichen Schnäppchenverkäufer (Stephan Schaad) davonzujagen. Gespielt ist das ohnehin von allen Mitwirkenden ganz ausgezeichnet, auch vom jungen Lewe Wagner, der anschließend für den Zweiteiler "Malibu" (am 18. und 25. September im ZDF) vor der Kamera stand. Natürlich ist am Ende alles in Butter auf dem Kutter, so viel Happy End soll sein, aber zuvor muss sich Eva einer bitteren Wahrheit stellen, die ihr erneut den Boden unter den Füßen wegzieht.