Die evangelische Theologin Margot Käßmann hat die kirchliche Trauung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) und der Journalistin Franca Lehfeldt kritisiert. "Weshalb wünschen zwei Menschen eine kirchliche Trauung, die bewusst aus der Kirche ausgetreten sind, ja öffentlich erklärt haben, dass sie sich nicht als Christen verstehen?", schrieb Käßmann in ihrer Kolumne für "Bild am Sonntag". Hier sei es nicht um christlichen Inhalt, sondern um eine Kulisse gegangen.
Die hannoversche Regionalbischöfin Petra Bahr warf Käßmann daraufhin vor, sie urteile über die Motive eines Paares, obgleich sie beim vorbereitenden Traugespräch nicht dabei gewesen sei.
Käßmann betonte, für eine solche Trauung sollte sich die Kirche nicht hergeben. Gotteshäuser seien Orte, in denen Menschen über Jahrhunderte Freud und Leid vor Gott bringen. Durch Kirchenmitgliedschaft und ehrenamtliches Engagement werde der Erhalt dieser Räume ermöglicht. Die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) kritisierte auch, dass in dem Trau-Gottesdienst der Philosoph Peter Sloterdijk eine Rede gehalten habe, der einmal das Christentum als "gescheitertes Projekt" bezeichnet hatte.
Nach den Worten Käßmanns ist es richtig, dass mindestens ein Ehepartner Kirchenmitglied sein muss, damit eine kirchliche Trauung stattfinden kann. Gebe es an dieser Stelle eine Rechtslücke, sollte sie schnellstmöglich geschlossen werden: "Sonst degradieren wir unsere traditionellen Räume, in denen Christen Gott die Ehre geben, zu billigen Eventlocations."
Die Theologin Bahr schrieb dazu auf Twitter, grundsätzlich könne man mit guten Gründen darüber streiten, wie mit einem solchen Fall umzugehen sei. "Was meines Erachtens gar nicht geht: Motive eines Paares ohne das pastorale Involviertsein zu diffamieren. Das ist unevangelisch."
Linder und Lehfeldt hatten am Samstag in der evangelischen Kirche St. Severin in Keitum auf Sylt geheiratet. Der evangelische Bischof von Schleswig und Holstein, Gothart Magaard, hatte die kirchliche Trauung verteidigt. Zwar sehe die Lebensordnung der Nordkirche vor, dass bei einer Trauung mindestens ein Partner Mitglied sein soll. Ausnahmen lägen jedoch im Ermessen des Seelsorgers. Er stellte sich damit vor die Keitumer Pastorin.