Der Start war allerdings etwas unglücklich: Der Auftaktfilm "Entführung in Manila" musste im Herbst 2015 wegen der Anschläge von Paris verschoben werden. Im folgenden Frühjahr startete die Reihe dann mit dem zweiten Film, "Das Botschaftsattentat", einem fesselnden Thriller über die Besetzung der deutschen Botschaft in Tunis; kurz drauf folgte, nicht minder sehenswert, der eigentlich erste Teil über deutsche Waffenexporte in Krisengebiete. Ähnlich ungewöhnlich wie die brisanten Stoffe ist die Titelfigur. Karla Lorenz (Natalia Wörner) gilt im Auswärtigen Amt als Risikofaktor: Sie hat einst als Botschafterin in Bahrain einen Eklat verursacht, was die bilateralen Beziehungen eine Weile lang erheblich belastet hat; deshalb war sie in den ersten Filmen nur "Diplomatin zur besonderen Verwendung". Der dritte Film mit dem etwas zu reißerischen und inhaltlich auch unzutreffenden Titel "Jagd durch Prag" (eine Wiederholung aus dem Jahr 2018) beginnt mit ihrer Einführung als deutsche Botschafterin in Tschechien. Allerdings sorgt die unbequeme Repräsentantin der Bundesrepublik gleich wieder für Unmut, als sie die wichtigen Gäste warten lässt. Ein junges Paar, der amerikanische Marine-Infanterist Sean Miller (Angus McGruther) und seine deutsche Freundin (Mercedes Müller), fordert ihre ganze Aufmerksamkeit: Der Soldat hat heimlich gedrehte Videos, die offenbar belegen, dass die CIA auf dem Gelände eines tschechischen Militärflughafens Gefangene foltert. Später erfährt Lorenz zwar einige Fakten, die Millers Glaubwürdigkeiten erheblich erschüttern, aber ein heimlicher Ausflug zu dem Flughafen scheint seine Aussage zu bestätigen. Als sich rausstellt, dass der US-Geheimdienst einen deutschen Staatsbürger entführt hat, ist Lorenz ohnehin nicht mehr zu halten.
Das Drehbuch ist diesmal von Christoph Busche, als Nachfolger von Franziska Meletzky und Elmar Fischer hat Roland Suso Richter die Regie übernommen. "Jagd durch Prag" knüpft nahtlos an das Niveau der beiden ersten Filme an. Ihre Spannung verdankt die Geschichte jedoch gar nicht mal so sehr den Action-Elementen, im Gegenteil. Die ausführliche Szene, als sich Lorenz und Miller Zutritt zum Lager verschaffen, wo die Botschafterin die Warnungen des Soldaten ignoriert und prompt einen Alarm auslöst, ist bei weitem keine Hochspannungssequenz, obwohl den beiden bei ihrer Flucht die Kugeln des Wachpersonals um die Ohren fliegen. Ungleich packender ist der politische Hintergrund, denn natürlich provoziert Lorenz mit ihrem Alleingang nicht nur die CIA, sondern auch die Tschechen, die es sich aus Furcht vor einer russischen Invasion nicht leisten können, die Freundschaft der Amerikaner zu riskieren. Auf dieser Ebene folgt der Film dem gleichen Muster wie die beiden Vorläufer: Das Porzellan, das Lorenz in Prag zerschlägt, beschert Thomas Eick, dem politischen Direktor des Auswärtigen Amts (Thomas Sarbacher), eine diplomatische Krise, der er angesichts seiner Ambitionen auf den Posten des Staatssekretärs gar nicht brauchen kann; und die BND-Vertreterin fürchtet, der brüskierte US-Geheimdienst werde die Deutschen fortan nicht mehr mit Informationen versorgen. Dass Eick und Lorenz einst ein Paar waren, wird nicht eigens noch mal betont. Für Emotionen auf persönlicher Ebene sorgt eine andere Beziehung: Karlas Vorgängerin in Prag war ihre stets bewunderte Tante (Maren Kroymann), die aber überhaupt kein Verständnis für das Verhalten ihrer Nichte hat; prompt fällt sie ihr bei erstbester Gelegenheit in den Rücken und setzt Miller vor die Tür.
Für Karlas Vater (Michael Mendl) ist der Sergeant ohnehin ein Deserteur. Der alte Lorenz, ein ehemaliger Berufssoldat, hat schon in "Entführung in Manila" für Misstöne gesorgt; jetzt darf er sich richtig austoben. Seine Bosheiten passen allerdings ebenso wenig zum sonstigen Tonfall des Films wie die tränenreiche Versöhnung an Karlas Krankenbett. Immerhin besinnt sich der Misanthrop gegen Ende eines Besseren und hat sogar entscheidenden Anteil an Millers Flucht.
Richter hat nicht nur bei TV-Werken wie "Der Tunnel", "Dresden", "Mogadischu" oder "Die Spiegel-Affäre" hinlänglich bewiesen, wie sehr er als Regisseur in großen Bildern denkt. Hier arbeitet er erneut mit Max Knauer zusammen, der zuvor schon in einem der beiden "Zürich-Krimis" des Regisseurs, "Borchert und die letzte Hoffnung", für eine bemerkenswerte Bildgestaltung gesorgt hat. Dass die Berliner Szenen gegenüber den Ereignissen in Tschechien nicht abfallen, ist nicht nur der Ausstrahlung von Thomas Sarbacher zu verdanken, sondern auch Richters Arbeit mit den weniger bekannten Nebendarstellern; gerade die mehrfachen Geplänkel zwischen der BND-Agentin (Jana Voosen) und dem jungen Lorenz-Vertrauten Nikolaus (Jannik Schümann), auf den sie sich schon in den ersten beiden Abenteuern bedingungslos verlassen konnte, machen einen nicht unerheblichen Reiz dieser Ebene aus. Die mitreißende Musik von Chris Bremus rundet "Jagd durch Prag" zu einem richtig guten Polit-Thriller ab.