Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat Anklage gegen den Musiker Gil Ofarim erhoben. Der 39-Jährige soll sich wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung verantworten, wie die Behörde am Donnerstag mitteilte. Ofarim hatte im Oktober 2021 einem Hotelmitarbeiter in Leipzig vorgeworfen, ihn antisemitisch beleidigt zu haben. Ein von ihm erstelltes Video ging viral, der Fall sorgte weltweit für Schlagzeilen. Vertreter und Vertreterinnen aus Politik und Gesellschaft reagierten mit Entsetzen.
Sechs Monate später teilte die Leipziger Staatsanwaltschaft mit, dass sich der Vorwurf des Antisemitismus nicht erhärten lasse und die Ermittlungen gegen den Hotelmitarbeiter eingestellt werden. Es seien zuvor zahlreiche Zeugen vernommen und die Videoaufnahmen mehrerer Überwachungskameras im Hotelbereich geprüft worden. Das Geschehen, wie es von Ofarim in seinem veröffentlichten Video geschildert worden ist, habe sich "tatsächlich so nicht ereignet". Auf den Aufnahmen sei offenkundig keine Kette um den Hals des Sängers zu erkennen.
Ofarim hatte in einem auf Instagram verbreiteten Video in die Kamera gesagt, ein Hotelangestellter habe ihn aufgefordert, seine Davidstern-Kette abzunehmen - nur dann lasse er ihn einchecken. Der Beschuldigte wies diese Darstellung zurück, das Hotel entband ihn dennoch zunächst von seinen Aufgaben.
Das Fall soll sich laut Ofarim am 4. Oktober 2021 in dem Leipziger Hotel Westin zugetragen haben. Nach eigenen Aussagen trug der Musiker und Sohn der israelischen Musiklegende Abi Ofarim (1937-2018) sichtbar einen Davidstern. Sein Instagram-Video war millionenfach aufgerufen worden.
Im Rahmen der Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft sogar die Szene in der Hotellobby nachstellen lassen. Ofarim hatte erklärt, dass die veröffentlichten Video-Bilder, die ihn ohne Kette zeigen, unvollständig seien. Er habe sich weder pöbelnd verhalten noch die Kette nachträglich angezogen, sagte er nach dem Vorfall in einem Interview der "Leipziger Volkszeitung".
Das Video hatte eine Debatte über Antisemitismus in Deutschland ausgelöst. Ofarims Management war am Donnerstag für eine Reaktion zunächst nicht erreichbar. Das Hotel in Leipzig regierte auf die Entscheidung der Staatsanwaltschaft mit Erleichterung. "Als internationales Hotel stehen wir täglich für Weltoffenheit, Toleranz und Vielfalt", erklärte General Manager Andreas Hachmeister.
Da der betroffene Mitarbeiter persönlich und in sozialen Medien massiv bedroht worden sei, sei "aus Fürsorgegesichtspunkten" jedoch entschieden worden, dass er "seine Aufgaben weiterhin noch nicht wieder vollumfänglich wahrnehmen kann", hieß es. Das Hotel kündigte an, die nun anstehende gerichtliche Aufklärung zu unterstützen und zu begleiten.
Ofarim wird auch zur Last gelegt, bei einer polizeilichen Vernehmung am 12. Oktober 2021 seine Behauptungen zum angeblichen Geschehensablauf wiederholt und den Hotelmitarbeiter wider besseres Wissen angezeigt zu haben. Die Anklage gegen den Musiker werde wegen des zu erwartenden großen Interesses der Medien und der Öffentlichkeit und der besonderen Bedeutung des Falles zum Landgericht Leipzig erhoben.