Der umstrittene Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki hat Papst Franziskus seinen Rücktritt angeboten, bleibt aber im Amt. Franziskus werde über das Rücktrittsangebot "zu gegebener Zeit entscheiden", teilte das Erzbistum am Mittwoch mit. Der Papst habe zugleich angeordnet, dass Kardinal Woelki seinen Dienst an der Spitze des größten deutschen Bistums nach dem Ende seiner fünfmonatigen "geistlichen Auszeit" wieder aufnimmt. Woelki wird vor allem wegen seines Umgangs mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen, aber auch wegen seiner reformfeindlichen Haltung heftig kritisiert.
Katholische Laien und Reformbewegungen fordern angesichts eines massiven Vertrauensverlusts seit Monaten einen personellen Neuanfang im Erzbistum Köln, zahlreiche Mitglieder traten aus der Kirche aus. Am Mittwoch demonstrierte unter anderem die katholische Reformbewegung "Maria 2.0" in Köln gegen die Rückkehr Woelkis. Im vergangenen Juni hatten päpstliche Gutachter den Umgang der Kölner Bistumsleitung mit Fällen sexualisierter Gewalt durch Geistliche geprüft. Im September entschied der Papst, dass Woelki im Amt bleiben darf. Franziskus beurlaubte den Kardinal aber auf dessen Wunsch für eine "geistliche Auszeit", die Mitte Oktober begann.
Franziskus sei nun "frei, zu entscheiden, was dem Wohl der Kirche von Köln am meisten dient", schrieb Woelki in einem sogenannten Hirtenbrief zum Aschermittwoch, dem Tag seiner Rückkehr ins Amt. Der 65-jährige Kardinal kündigte an, er wolle sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Kräften dafür einsetzen, dass Gott "uns die Chance für einen Neuanfang schenken" möge. "Hierzu bitte ich Sie um Ihre Offenheit, Ihre Geduld, darum, dass Sie mir, nein, uns noch eine Chance geben", appellierte der Kardinal an die knapp 1,9 Millionen Katholiken im Erzbistum Köln.
Er wolle in den kommenden Wochen und Monaten die Begegnung mit möglichst vielen Gläubigen suchen, um gemeinsam die Möglichkeiten ausloten, "wie es in unserem Erzbistum 'gut' weitergehen kann", schrieb Woelki und bat um Hilfe und Unterstützung für offene, angstfreie und ehrliche Begegnungen. Er wolle vor allem zuhören: "Ihrem Ärger, Ihren Vorwürfen genauso wie Ihren Erwartungen, Wünschen, Ihrem Zuspruch und Ihren guten Ideen."
"Kompass für mein Nachdenken und Handeln" sei für ihn "die Perspektive der von Missbrauch Betroffenen", versicherte der Erzbischof. Er wisse um den ungenügenden Umgang mit Missbrauch, "um Fehlverhalten von Verantwortlichen insgesamt und um Irritationen in der Kirche in Deutschland und der Weltkirche". Er kehre nicht "einfach so zurück, als sei in dieser Zeit nichts geschehen", beteuerte Woelki. In der Auszeit sei in ihm manches in Bewegung gekommen: "Das betrifft Zusammenhänge von Beteiligung und Leitung, Möglichkeiten der pastoralen Entwicklung sowie notwendige Reformen in der Kirche bis hin zu systemischen Veränderungen, welche die Realitäten von sexuellem, geistlichem und strukturellem Missbrauch auch mir aufgeben."