Auch das ist auf den ersten Blick nichts Neues. Meist lässt jemand den eigenen Tod wie ein Unglück wirken, damit die Hinterbliebenen in den Genuss der Lebensversicherung kommen. Hendrik Hölzemann, Autor auch der ersten beiden Filme, hat sich jedoch ein Komplott ausgedacht, dass in seiner perfiden Raffinesse tatsächlich Seltenheitswert hat: Ein Mann inszeniert sein Ableben derart heimtückisch, dass ein anderer unzweifelhaft als Mörder erscheint; und bei diesem anderen handelt es sich auch noch um den eigenen Sohn. Der Film heißt "Das Herz der Schlange", doch der entscheidende Faktor ist ein Frosch.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Schon dieser Teil der Geschichte ist äußerst ungewöhnlich, aber Hölzemann bettet ihn in einen Rahmen, der nicht minder originell ist. Die Handlung beginnt mit einem Einbruch. Eine Frau kann einen der Räuber schwer verletzen, bezahlt ihre tapfere Gegenwehr jedoch mit dem Leben. Zur gleichen Zeit feiert das Team rund um Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) die Lösung seines letzten Falls. Mittendrin muss Adam Schürk (Daniel Sträßer), Kollege und Freund seit gemeinsamen Kindheitstagen, dringend zu seinen Eltern. Mit dieser Ebene setzt Hölzemann die ersten beiden Filme fort: Roland Schürk (Torsten Michaelis) hat seinen Sohn als Kind systematisch gequält. Irgendwann hat er dabei eine rote Linie überschritten. Leo hat ihn niedergeschlagen, ein Feuer sollte die Tat kaschieren, doch der Alte hat überlebt und ist erst vor kurzer Zeit aus dem Koma erwacht; und jetzt soll Adam so wie er selbst die besten Jahre seines Lebens verlieren.
Erfahrene Krimi-Fans wissen: Wenn ein "Tatort" aus zwei Handlungssträngen besteht, die offenkundig nichts miteinander zu tun haben, ist das in der Regel eine Finte des Drehbuchs. Natürlich gilt das auch diesmal, und tatsächlich ist Hölzer recht bald überzeugt, dass die beiden Fälle miteinander zusammenhängen: hier der Einbruch, dort die vermeintliche Ermordung von Schürk senior durch seinen Sohn. Leo ist felsenfest von der Unschuld des Freundes überzeugt, aber sämtliche Indizien sprechen gegen Adam: Die Mordwaffe ist seine Dienstwaffe, er war nachweislich in der Wohnung, und ein Suizid kann ausgeschlossen werden, da der Schuss aus einem Meter Entfernung abgegeben worden ist. Bei dem anderen Tatort entdeckt Hölzer eine Kamera im Rauchmelder. Sie ist schließlich der Schlüssel zur Lösung des Falls, aber zunächst muss Adam Schürk ins Gefängnis, um ein weiteres düsteres Detail über seinen Vater zu erfahren.
Einige Antworten auf die vielen Fragen, die der erste Akt aufwirft, gibt der Film bereits recht früh. Die Identität des Mannes (Michael Rotschopf), der als Spinne im Netz wie ein Schurke aus einem Unterweltklassiker nicht nur die ganze Stadt im Blick zu haben scheint, sondern auch die Welt des Verbrechens beherrscht, hätte ruhig noch ein wenig länger unklar sein dürfen. Trotzdem bleiben noch genug Aspekte offen, um die Geschichte auch weiterhin fesselnd zu gestalten. Gerade die Verknüpfung der Gegenwart mit der Vergangenheit und die schmerzhafte Begegnung Adam Schürks mit seinem Patenonkel (Stephan Bissmeier) im Knast ist ungemein geschickt eingefädelt, zumal sich erst jetzt die ganze Durchtriebenheit des väterlichen Plans offenbart: Der alte Schürk wollte den Sohn nicht nur für eine Tat büßen lassen, die er nicht begangen hat, er wollte ihm sein Leben in den nächsten 15 Jahren zur Hölle machen.
Die Umsetzung dieser immer wieder überraschenden Geschichte hat der Saarländische Rundfunk einer vergleichsweise jungen und unerfahrenen Regisseurin anvertraut: Luzie Loose, Absolventin der Filmakademie in Ludwigsburg, hat bislang nur das Teenager-Drama "Schwimmen" (2019) und einigen Folgen für die Serien "Druck" (funk) und "Wir" (Neo) gedreht. Abgesehen von ganz wenigen darstellerischen Schwächen ist dies dem Film jedoch nicht anzumerken.
Womöglich lag es ja auch an ihr, dass Esther Baumann und Pia Heinrich (Brigitte Urhausen, Ines Marie Westernströer) deutlich mehr zu tun haben als in den ersten Episoden: Die Kommissarinnen sind anfangs ziemlich sauer, dass Kollege Hölzer ihnen die ganze Ermittlungsarbeit rund um den Einbruch überlässt, weil er die Unschuld seines Freundes beweisen will. Dem Ensemble tut es allerdings eindeutig gut, dass die beiden Frauen stärker in den Vordergrund rücken.