Die Debatte über den Wiederaufbau des Potsdamer Garnisonkirchturms reißt trotz Kompromissvorschlägen zur Auflösung des Konflikts nicht ab. Kritiker des unter anderem wegen der NS-Geschichte der Kirche umstrittenen Bauprojektes forderten erneut einen Baustopp und eine Offenlegung der Finanzen der Garnisonkirchen-Stiftung. Die Stadt Potsdam sollte zudem die Grundstücksteile an der Turmbaustelle, die nicht für den Kirchenbau genutzt werden, zurückfordern, sagte Carsten Linke, Vorstand des "Antimilitaristischen Fördervereins Potsdam", am Dienstag in der brandenburgischen Landeshauptstadt. Die Stadt hatte das Grundstück in die Stiftung eingebracht.
Die Rückgabe bis spätestens Ende 2030 sei im Fall eines Verzichts der Garnisonkirchenstiftung auf den Aufbau des Kirchenschiffs vertraglich vorgesehen, betonte Linke. Nun müsse über eine vorzeitige Rückgabe verhandelt werden. In einem Anfang Dezember vorgestellten Kompromisskonzept zum Umgang mit der Umgebung des Turms wird für den historischen Standort unter anderem statt eines Kirchenschiffs ein "Haus der Demokratie" mit Plenarsaal für die Stadtverordneten vorgeschlagen. An der Erstellung des Konzepts war auch die Stiftung beteiligt.
Die Stadt müsse zudem Abstand von dem Vorschlag nehmen, das Grundstück mit einem langfristigen Pachtvertrag von der Stiftung zu übernehmen, sagte Linke, der mehrfach als Stadtverordneter der alternativen Fraktion "Die Andere" im Stadtparlament saß. Mit einem solchen Pachtvertrag drohe eine Querfinanzierung der Stiftung mit städtischen Mitteln in Millionenhöhe, die einem Bürgervotum und bisherigen Beschlüssen der Stadtverordneten widerspreche, keine Gelder zur Verfügung zu stellen. Die Stadt müsse zugleich alle Verträge mit der Stiftung offenlegen, die Stiftung müsse ihre Finanzen transparent machen.
Laut Stiftungsvorstand Martin Vogel geht die Stiftung derzeit von Gesamtkosten für den Turm ohne Glocken, Glockenspiel und additive Schmuckelemente von 40,6 Millionen Euro aus. Dafür werden Bundesmittel in Millionenhöhe zur Verfügung gestellt, sagte Vogel dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Durch den Verzicht auf das Kirchenschiff könne das benachbarte DDR-Gebäude nun komplett erhalten werden, betonte Linke. Das frühere Rechenzentrum, das derzeit als Kultur- und Kreativhaus genutzt wird und abgerissen werden sollte, steht zu einem kleinen Teil auf dem historischen Kirchengrundstück. Die Bürgerinitiative "Potsdam ohne Garnisonkirche" betonte, der "Rumpfturm" könne auch genutzt werden, ohne fertiggebaut zu werden.
Die Potsdamer Garnisonkirche wurde 1735 fertiggestellt, 1945 bei einem alliierten Luftangriff weitgehend zerstört und 1968 in der DDR abgerissen. Der damals für den Abriss gesprengte Kirchturm wird seit 2017 neu gebaut. Die evangelische Kirche will ihn für historische Aufklärung, Friedens- und Versöhnungsarbeit nutzen. Das gesamte Bauprojekt ist vor allem wegen der Geschichte der früheren preußischen Militärkirche unter anderem in der NS-Zeit weiter umstritten, die Garnisonkirche gilt als Ort und Symbol antidemokratischer Kräfte. Hitler hielt dort 1933 eine Rede bei der Inszenierung der Eröffnung des Reichstags.