Die Geschichte hat zwar durchaus heitere Seiten, aber auch tragische Momente. Der Film erzählt episodisch, wie es Menschen ergeht, die Heiligabend an einem Provinzflughafen festsitzen: Dichtes Schneetreiben behindert den Flugverkehr, die Zubringerstraße ist wegen eines Unfalls gesperrt; sie müssen wohl oder übel die Nacht hier verbringen. Vor diesem Hintergrund hat Autor Arndt Stüwe einen Reigen mit einem guten Dutzend Beteiligten entworfen. Dass sich deren Wege mehrfach kreuzen, lässt sich kaum vermeiden, aber wie Buch und Regie (Stefan Bühling) die Erzählstränge miteinander verknüpfen, ist ein großes Vergnügen.
Das gilt für den gesamten Film, selbst wenn die verschiedenen Handlungselemente für sich genommen allesamt nicht komisch sind: Die Familien sind zerrüttet, die meisten Paare zerstritten, ein alter Mann ist sterbenskrank, und ausgerechnet der Weihnachtsmann ist eine zutiefst melancholische Figur. Angesichts der Bitternis, die stellenweise durchscheint, ist es umso erstaunlicher, dass „Wenn das fünfte Lichtlein brennt“ trotzdem eine Komödie geworden ist. Das liegt nicht zuletzt am Christkind: Inmitten eines prominenten Ensembles sorgt Xenia Tilling mit ihren trockenen Kommentaren für die heiteren Höhepunkte des Films. Unnachahmlich ist auch die Beiläufigkeit, mit der sie mal hier, mal da eine Handvoll Flitter verstreut. Nach diesem Auftritt sind die nächsten Hauptrollen hoffentlich nur eine Frage der Zeit.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Der Rest ist Streiten. Zur Gruppe der Gestrandeten zählen unter anderem zwei dreiköpfige Familien, deren Gefüge ganz offensichtlich nicht mehr funktioniert: Martin Frerich (Max von Pufendorf) ist soeben in Begleitung seiner Kollegin Eva (Lisa Bitter) gelandet und wird von Ehefrau Katharina (Meike Droste) und der gemeinsamen Tochter Greta abgeholt. Die Suite im Flughafenhotel bietet Platz für alle, und weil Katharina Eva sympathisch findet, bietet sie ihr an, Heiligabend mit der Familie zu verbringen; nicht ahnend, dass die attraktive junge Frau Martins Geliebte ist. Bei Lars und Jette Klostermann ist der Zündstoff offensichtlicher: Sie (Elena Uhlig) lebt in einem Zustand der permanenten Empörung. Dass er (Michael Lott) die Dinge deutlich gelassener nimmt, empfindet sie als pure Provokation. Weil die Frerichs das letzte freie Zimmer bekommen haben, müssen die Klostermanns mit der Wäschekammer vorlieb nehmen; für Jette ein willkommener Anlass, um dem unfähigen Gatten eine weitere Szene zu machen. Der hat die Nase endgültig voll und verkündet die Trennung. In ihrer Selbstbezogenheit bekommen die beiden gar nicht mit, dass der zwölfjährige Sohn nicht mehr da ist. Auch die Frerichs vermissen ihre Tochter: Greta hat längst mitbekommen, was zwischen ihrem Vater und Eva läuft, und nun streifen die beiden Kinder gemeinsam durch den menschenleeren Flughafen.
Die weiteren Geschichten sind ebenfalls sehr berührend. Das gilt vor allem für ein altes Ehepaar: Um das letzte Weihnachtsfest im Kreis seiner Lieben nicht zu gefährden, hat Karl Höfer (Ernst Stötzner) seiner Frau (Ruth Reinecke) nicht erzählt, dass er unheilbar krank ist; aber jetzt hat ein Dieb seine Tasche mit den Medikamenten gestohlen. Derweil fragt sich eine Flughafenmitarbeiterin (Sarina Radomski), ob sie bei der Wahl des Mannes, den sie demnächst heiraten wird, womöglich einen großen Fehler begangen hat, denn als Sebastian (Tim Kalkhof) nach vielen Jahren einen alten Freund (Daniel Donskoy) wiedersieht, benimmt er sich ganz merkwürdig.
Für die Verknüpfung der verschiedenen Stränge sorgen einige Personen, die gewissermaßen über der Handlung schweben, darunter der notorisch schlechtgelaunte Flughafenchef (Jan Henrik Stahlberg) und das Christkind. Zentrale Figur der von Christian Brückner mit Sätzen über Ruhe, Besinnlichkeit und Liebe eingeleiteten Geschichte ist jedoch der traurige Weihnachtsmann Thorsten (Henning Baum), der doch eigentlich Frohsinn verbreiten soll; den Grund für seine Schwermut verrät der Film erst gegen Ende. Bis dahin bekommt Thorsten einige Gelegenheit für gute Taten; so bewahrt er zum Beispiel Sebastian davor, eine echte Dummheit begehen. Es wird noch ein weiteres Leben gerettet, aber ein anderes endet auch, und so gibt es in dieser wunderbaren Tragikomödie neben vielen amüsanten Szenen auch einige, die zu Tränen rühren.