Berlin (epd). Die Familie des 2005 in einer Dessauer Polizeizelle verbrannten Asylbewerbers Oury Jalloh fordert von der Bundesanwaltschaft die Wiederaufnahme von Ermittlungen wegen Mordes gegen Polizeibeamte des Reviers. Zudem werde sie Anzeige wegen Strafvereitelung im Amt gegen die Generalstaatsanwaltschaft von Sachsen-Anhalt stellen, kündigte die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh am Mittwoch in Berlin an. Hintergrund ist ein neues Brandgutachten.
Das Gutachten basiert auf Brandversuchen zur Rekonstruktion des Tatortes vom 7. Januar 2005 in einem originalgetreuen Nachbau der Zelle 5 des Polizeireviers Dessau. Der britische Brandsachverständige Iain Peck kommt darin zu dem Ergebnis, dass der an Händen und Füßen gefesselte Oury Jalloh von Polizeibeamten angezündet worden sein muss.
Nach seinen Versuchen mit einem Dummy hält es der Brandforensiker für „höchstwahrscheinlich“, dass Jalloh mit einer Flüssigkeit wie Benzin übergossen und angezündet wurde. Darüber hinaus hätten Bewegungsversuche mit einer an vier Punkten fixierten Person auf einer Matratze in Originalgröße gezeigt, dass Jalloh weder den Bewegungsspielraum noch andere Möglichkeiten hatte, die Matratze selbst anzuzünden, sagte Peck.
Die Umstände, unter denen der aus Sierrra Leone stammende Oury Jalloh umkam, sind bis heute unklar. Nach offizieller Behördenversion soll sich der damals 36-Jährige im Keller des Polizeireviers, an Händen und Füßen gefesselt, auf einer feuerfesten Matratze selbst angezündet haben. Brandgutachter, Mediziner und Kriminologen erklärten dagegen wiederholt, dass dies nicht möglich sei.