Barocke Kulissen in der Werkstatt

König Herodes mit seinen Beratern als Holzfigur
© epd-bild/Rolf Zoellner
Die Passionsdarstellungen des Klosters Neuzelle werden bereits seit mehr als 20 Jahren restauriert.
Neuzeller Passion
Barocke Kulissen in der Werkstatt
Schon länger als 20 Jahre dauert die Restaurierung der barocken Passionsdarstellungen des Klosters Neuzelle in Brandenburg. Dank Fördermitteln können nun der vierte und fünfte Restaurierungsabschnitt folgen, und 2025 könnte der Abschluss erreicht sein.
13.11.2021
epd
Sigrid Hoff

Eine Menschenmenge vor einem Palasttor: Auf den Stufen sitzt Jesus mit der Dornenkrone. Rechts vor ihm stehen Frauen und Kinder, die ihn anbetungsvoll anschauen, auf einer Schrifttafel steht "Wir wollen Jesus mit Rosen krönen". Links vom Tor sind Männer, die spöttisch auf den Dornenkönig weisen. Das Bühnenbild der Dornenkrönung gehört zu den Kulissen "Palasthof" aus der Szene "Jesus vor Hannas" der Neuzeller Passionsszenen, die sich aktuell in der Restaurierungswerkstatt des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischem Landesamt (BDLAM) in Wünsdorf befinden.

Dort werden seit März 2021 die letzten zwei Abschnitte eines umfangreichen Restaurierungsprojektes zur dauerhaften Sicherung der einzigartigen barocken Figurentafeln und Bühnenbilder aus dem Kloster Neuzelle durchgeführt, das bis 2025 andauert und insgesamt 795.000 Euro kosten wird.

Die sechs Meter hohen Leinwände und Holztafeln sind ein Kulissentheater, das in 15 Szenen mit bewegten, mitreißenden Bildern und fast lebensgroßen Figuren die biblischen Ereignisse von Leiden, Sterben und Auferstehung Jesu darstellt. Es ist ein künstlerischer und geistiger Schatz, um 1751 von dem böhmischen Maler Johann Felix Seyfried im Auftrag des Klosters geschaffen. Weltweit sind nur noch 30 solcher "Kulissenheiligengräber" aus der Barockzeit erhalten.

150 Jahre im Verborgenen

Das Neuzeller "Heilige Grab" könne vor allem wegen seines Wortreichtums als Bilderpredigt päpstlicher Propaganda verstanden werden, so das Landesdenkmalamt. Diese habe sich in einem protestantischen Umfeld gegen die reformatorische Sicht der Eucharistie, des Abendmahls, und gegen aufklärerisches Gedankengut gerichtet.

Birgit Müller bearbeitet das Bild von König Herodes mit seinen Beratern.

Von einst 240 Tafeln und Leinwänden in Neuzelle sind noch 229 erhalten. In Umfang und Größe gelten sie europaweit als einzigartig. Seit rund 20 Jahren werden die kostbaren Kunstschätze, die fast 150 Jahre im Verborgenen schlummerten, restauriert. Möglich wurde dies dank langjähriger Förderung von Bund und Land sowie der Ostdeutschen Sparkassenstiftung mit der Sparkasse Oder-Spree.

Unverfälscht, ohne Übermalungen

Neben dem Erhalt der Kunstwerke ist das Ziel der Restaurierung, in dem 2015 eröffneten Museum "Himmlisches Theater" in Neuzelle die Passionsdarstellungen öffentlich zu zeigen. Nach Abschluss der Restaurierungen könnten jeweils zwei der insgesamt 15 Szenen im Wechsel der Öffentlichkeit präsentiert werden. Die nicht gezeigten Szenen werden künftig unter konservatorisch idealen Bedingungen im Depot des Museums im Kloster Neuzelle aufbewahrt.

Seit  Anfang März 2021 befinden sich die Kulissen des Bühnenbildes "Palasthof" sowie sieben weitere Bilder in der Werkstatt. Bis 2025 soll die Restaurierung abgeschlossen sein.

Die Besonderheit des Neuzeller Passionstheaters ist, dass der barocke Bestand unverfälscht, also ohne Veränderungen oder Übermalungen erhalten ist, wie Restaurierungsleiterin Mechthild Noll-Minor betont. Diesen gelte es zu sichern und zu erhalten. "Die gealterten Materialien von Holz und Leinwand erfordern angepasste Rezepturen, zum Beispiel Klebemittel und Holzkitt", so die Expertin. Eine weitere Herausforderung sei, die starke Kontamination von Teilen der Kulissen mit Holzschutzmitteln zu reduzieren. Dies erfolge mittels einer Spezialtechnik.

Beruf Kirchenmaler

Am meisten geschädigt seien jedoch die Leinwandkulissen, bei denen sich durch das Abreißen und den Wechsel von Aufbewahrungsorten unterschiedlichen Raumklimas die bemalte Leinwand zusammengezogen habe und in großen Bereichen eingerissen sei. Zur Sicherung und Erhaltung des barocken Bestandes wurden die Holztafeln stabilisiert und das Leinwandgewebe ergänzt. Farbliche Ergänzungen, also Retuschen, wurden nur vereinzelt vorgenommen, etwa um sie an den farblichen Umgebungston anzupassen.

Nach dem Abschluss der Restaurierung 2025 werden im Museum "Himmlisches Theater" in Neuzelle jeweils zwei der 15 Szenen gleichzeitig zu sehen sein. "In Zukunft können wir regelmäßig die Inszenierung wechseln, wie von Anfang an geplant", freut sich der Geschäftsführer der Stiftung Stift Neuzelle, Norbert Kannowsky. Bereits zu Ostern 2022 wird es erstmals möglich sein, mit den bis dahin fertigrestaurierten Bildern zwei Szenen neu zu präsentieren: "Jesus vor Hannas" (Bühne Palast) und "Grablegung Jesu" (Bühne Garten).